tig und thätig sein; die Maurin selbst in den vornehmsten
Familien führt nicht das üppig-träge Faullenzerleben, wie die
Türkin, sondern sie. hält es für eine Ehrensache, die Haushaltung
selbst zu leiten, was bei der grossen Dienerschaft nicht eben
leicht ist. Es hat sich übrigens in dem letzten Menschenalter
ein grösser Umschwung in Tunis vollzogen; die Vielweiberei ist
ganz aus der Mode gekommen und in den meisten guten Häusern
soll europäische Einrichtung an die Stelle der maurischen getreten
sein.
Neben den Europäern, Juden und Mauren treten die sonstigen
Bestandtheile der Bevölkerung völlig zurück. Reinblütige
Araber sieht man kaum, höchstens als französische Spahis, die
einen Theil der Besatzung bilden; was man hier Beduinen nennt,
die arme gedrückte Landbevölkerung, sind Mischlinge mit vorwiegend
Berberblut; Frauen und Kinder in grobem blauem Stoff,
durch ihre riesigen Ohrringe auifallend, treiben sich nicht selten
bettelnd umher oder bringen ein paar Kleinigkeiten zu Markt.
Die Stelle der algerischen Biskris vertreten reinblütige Berber
aus den Bergen des Inneren, hier Dschebal iya, Bergbewohner,
genannt; auch sie bleiben fast ausnahmslos nur so lange in Tunis,
bis sie sich etwas Geld verdient haben, dann gehen sie in ihre
Heimathberge zurück. — Mozabiten leben in Tunis nur ziemlich
einzeln und selten bringen sie es hier über die bescheidene
Thätigkeit als Kohlen Verkäufer oder Badeknechte hinaus. Die Rolle,
welche sie in Algerien spielen, fällt hier den Dscheraba’s zu,
den Bewohnern der südtunisischen Insel Dscherba, die allerdings
offenbar ihre nächsten Verwandten und ebenso aus der Ketzersekte
der Ibadhiten hervorgegangen sind. Sie werden gerade wie
die Mozabiten als Chomsiya (Ketzer) angesehen und halten ebenso
zusammen wie diese; der Handel ausserhalb des Bazars ist fast
ganz in ihren Händen.
Neben diesen Bevölkerungselementen, welche in Algerien
durch ähnliche vertreten sind, fällt dem Fremden in Tunis aber
noch ein anderes auf, das dort längst verschwunden ist. Hier
und da sieht man auf der Strasse hochaufgerichtete, stramme,
trotzig blickende Mannesgestalten mit weit abstehendem, gesträubtem
Schnurrbart, wie er dem Araber nicht einmal im Traum
vorkommt, und rasirtem oder kurz geschorenem Kinn. Das ist
Türkenblut, der letzte spärliche Rest der Rasse, die als Janitscharen
hier in Tunis einst dieselbe herrschende Rolle spielte,
wie in Algier. Dort haben die Franzosen sie nach der Eroberung
fast ausnahmslos in die Heimath zurückgeschickt, unsinniger
Weise, denn hätte man nach dem Rathe des Deys sie
behalten und unter französischer Aufsicht weiter regieren lassen,
wenigstens eine Zeit lang, so wäre, ganz Algerien ohne Kampf
den Franzosen zugefallen. Den Araber in der Furcht des Herrn
zu erhalten, versteht einmal Niemand , so gut, wie der Türke.
Der Araber hasst ihn als Unterdrücker, er verachtet ihn als einen
Barbaren, der nicht vom Stamme des Propheten ist, aber er duckt
willenlos vor ihm; darauf allein beruht noch die Macht des
Sultans.
In Tunis war das Schicksal der Türken ein ganz anderes.
Bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts war die ganze Verwaltung
Tunisiens in ihren Händen, obwohl sie den hosseinitischen Beys
gegenüber niemals eine solche Stellung einnahmen, wie der
Odschak, die Genossenschaft der Janitscharen, in Algier gegenüber
dem Dey. Nur der reinblütige Türke konnte auf Geltung
Anspruch machen, daneben etwa noch der Sohn von einer Christensklavin,
aber nie der Kulugl i , der Sohn einer Tuniserin; somit
mussten, wie in Algier, immer neue Janitscharen in der Türkei
angeworben werden. H amu da Bey versuchte zuerst, sich von
den Türken unabhängig zu machen und ersetzte sie, wo es anging,
durch Mnmel ucken , d.h. gekaufte Georgier, Tscherkessen
oder auch Christen, besonders Griechen. Die Umgestaltung ging
langsam und unmerklich, aber unaufhaltsam vor sich und ehe es
die Türken recht merkten, waren ihnen die wichtigsten Stellen
aus den Händen gewunden. Die wilde Miliz war natürlich nicht
gesonnen, sich das so ruhig gefallen zu lassen; im Jahre 1811
versuchten sie Hanmda beim Besuch der Moschee zu ermorden,
und als das misslang, erhoben sie sich in Masse, plünderten den
Bazar und bemächtigten sich der Kasbah. Auch die Besatzung
von Goletta schloss sich ihnen an; aber Hamuda war nicht der
Mann, der sich einschüchtern liess. Alsbald erschien er mit der
Garnison des Bardo, die ihm treu ergeben war, in Tunis, die Bevölkerung
schloss sich ihm an und die Türken sahen sich in der
Kasbah belagert. Ein paar englische und französische Officiere,
die zufällig in Tunis anwesend waren, wurden dem Bey zur Verfügung
gestellt; die von ihnen errichteten Batterien legten rasch