Strömung nicht bis nach Egypten und Syrien der Küste folgte,
sondern v om Kap Bon nach Sicilien. hinüber die tvrrhenischen
Küsten entlanog zoog.
Der Scirocco hatte nach und nach einen solchen Grad erreicht,
dass Spazierengehen nicht mehr zu den Genüssen gehörte. Das
Städtchen bot auch nicht das geringste Interesse, es glich ganz
den anderen neuen Franzosenstädtchen mit zwei sich rechtwinklig
schneidenden Strassen, einstöckigen Häuschen und grossem, schlecht
gepflegten Platz. Wir zogen uns also unter die Veranda des
einzigen Hotels zurück, tranken eine Tasse des Gebräus, das man
in Algerien Kaffee nennt und segneten in Gedanken den guten
Monsieur Albert in Hammam Rirha, der uns gerathen hatte, in
Blidah und nicht hier ein Nachtquartier' zu suchen. Es' scheint
in ganz Algerien feststehender Grundsatz zu sein, den Kaffee ohne
die Bohnen von Coffea arabica L. zu bereiten; ich habe mich im
Ernst erkundigt, ob das vielleicht gesetzlich verboten sei. Selbst
bis in die arabischen Cafes sind die Surrogate gedrungen und erst
in Tunis erhielt ich wieder wirklichen aromatisch duftenden Mokka.
Der Konsum an Cichorie scheint enorm, überall sieht man die
bekanten Kisten, was zum Versenden von Naturalien ungemein
angenehm ist; daneben wendet man aber, wie in guten alten
Zeiten in Deutschland, noch alle mögliche andere Surrogate
an; eine Hauptrolle spielen geröstete Kichererbsen, aber auch
Lupinen und Wicken. Tiefer in die Geheimnisse der algerischen
Kaffeebereitung einzudringen, ist mir nicht gelungen; der Mensch
versuche die Götter nicht.
Endlich kam das Fuhrwerk an, das uns nach Cher che 1
bringen sollte, zu unserer freudigen . Ueberraschung keiner jener
engen vorsündfluthlichen Marterkästen, wie sie sonst in Algerien
auf Nebenrouten unter dem stolzen Titel Diligence cirknliren,
sondern ein neuer, . ganz nach dem Muster der Tramwagen kon-
struirter Omnibus mit drei Pferden. Ich belegte sofort die Vordersitze
und so hatten wir, durch den Wagen selbst vor dem Sturme
gedeckt, eine sehr angenehme Fahrt. Die Strasse zieht schnurgerade
durch die Ebene.. Hier im Nordwestende der Metidja
hausten früher die Hadschu t e n , ein Araberstamm, dessen Raubgier
und wilde Tapferkeit selbst unter ihren Landsleuten gefürchtet
war. Zwölf Jahre lang widerstanden sie den Franzosen und
zwangen diese,- eine zusammenhängende Reihe von Befestisunsen . O O
von der Chiffaschlucht bis zum Sah el zu führen, -um ihren Raub-
anfällen einigermassen zu steuern. Sie waren freilich nicht allein;
die Kabylenstämme vom Mouzaia, ein Zweig der berüchtigten
Oul ed Ri f von der marokkanischen Nordküste, der vor zwei Jahrhunderten
hier einwanderte, und die Beni Menasser vom Zaccar
waren die allzeit bereiten, getreuen Helfer der Ebenenaraber, die
niemals eigentlich zahlreich waren. Dem alten Marschall Pelissier
imponirte ihre kriegerische Tüchtigkeit dermässen,- dass er einen
seiner Söhne Hadjout taufen liess. Erst als Cherchel besetzt und
befestigt wurde, und die Franzosen ihnen nun jederzeit in den
Rücken fallen konnten, lieferten, sie die Waffen ab und sind seitdem
friedliche Viehzüchter geworden. Zum Nomadisiren haben sie
aber keinen Raum mehr; einen grossen Theil ihres Landes haben
sie den Kolonisten abtreten müssen. Stundenweit von el Affroun
aus dehnen sich prachtvolle Fruchtfelder, auf denen man höchstens
noch hier und da eine einzelne Meerzwiebel als Rest ehemaliger
Unkrautvegetation sieht. Unter das kleine brandrothe oder schwarze
Vieh der Araber mischt sich stellenweise schon ein schwererer weiss-
licher Viehschlag und bei keiner der zahlreichen zerstreuten Fermen
fehlen Futtervorräthe. und Düngerstätte. Selbst zur Milchwirth-
schaft ist man hier und da schon übergegangen. Die Eingeborenen
scheinen nachzufolgen; nirgends fielen uns soviele auf, die Burnus
-und Gandura (kabylisches Hemd) abgelegt hatten und dafür Blouse
und Hose trugen.
Die Strasse steigt langsam an. Zur Rechten hat man immer
näher den gewaltigen Chenoua, eine isolirte Bergmasse, welche
auf der einen Seite durch den Oued Na d o r vom Sahel, auf der
anderen durch den Oued el Hachem von den Zaccarausläufern
-getrennt wird. Sie ist von Kabylenstämmen bewohnt, die sich ganz
abgesondert halten und seit alten Zeiten ein ausgezeichnetes
Töpfergeschirr fabriziren. Gerade vor uns steigt ein hoher spitzer
Zuckerhut im Nebel empor, eine der charakteristischesten Bergformen
in Algerien, aber , ich habe den Namen,, den mir unser
Kutscher nannte, nicht behalten können. Daran schliessen sich
die Ausläufer des Zaccar und dieser selbst. Bei klarem Wetter muss
die Aussicht herrlich sein; heute schimmerten die Berge nur undeutlich
durch den Sctioccostaub. Wir passiren Bou Rkika, wo
die Strasse von Milianah her einmündet, dann erreichen wir Ma-
r engo , die Hauptstation, auf einem Hügel im Gebiet des Oued