wässerungsgräben in höheren Niveaus und noch mehr Grabsteine
mit hübschen Reliefs, aus christlichen Zeiten stammend, die hier
und da in die Lehmwände eingelassen sind.
Ein reizendes Bild erblickt man, wenn man jenseits des
Palmenwaldes ein paar hundert Schritt links von der Strasse
hinaufsteigt. Dann -bilden die dichten Palmen einen prachtvollen
Vordergrund,, hinter welchem sich die kahlen Felsen des
Ds c h e b e l Gaus und des Ds c h e b e l Ti l a t u erheben, mauergleich
stundenweit hinstreichend, nur geschieden durch den dunklen
Spalt des Mundes der Wüste. Der Felskamm aber erscheint in
wunderbarer Regelmässigkeit gezackt durch Klüfte, von denen
sieh Regehbetten bis .zum Fuss der Felsenwand herabziehen.
Das Hotel am Mund der Wüste ist für, einen Naturforscher
kein schlechtes Standquartier, nur muss er' früher im Jahre kommen,
als wir. Ende Mai haben die meisten Thiere-schon ihre Sommerquartiere
bezogen und es ist nicht leicht und bei der glühenden
Sonne auch kein Vergnügen, sie in ihren Verstecken aufzusuchen.
Nur die grossen Stachelschwanzeidechsen {Uromastix acanthinurus
Bell.) fühlen sich dann erst wohl und hocken vergnügt auf den heissen
Steinen; sie werden von den Eingeborenen gegessen und sollen/dem
Kalbfleisch ähnlich schmecken; auch den Fremden werden sie gewöhnlich
als Rarität, angebofen; sie sind träg und vollkommen harmlos
und lassen sich in der Gefangenschaft lange am Leben erhalten-.
Auch das Ma n ch e t t e nmo u f lo n (Musimon tragelaphus)
hat hier seinen Lieblingsstandort, aber seine Jagd ist für den
Europäer doch etwas gar anstrengend. Während das Thier in
der Ebene so langsam vorankommt, dass es jeder Hund einholt,
ist es in den Felsen flüchtig wie die Gemse, und wenn ein unermüdlicher
Verfolger es endlich eingeholt und am Rande eines
Abgrundes gestellt hat, muss er sehen, wie es sich plötzlich mit
dem Kopf voran bis hundert Fuss tief hinunterwirft und, auf
die mächtigen Hörner fallend, unbeschädigt davoneilt. Für uns .
ergab die Umgebung von el Kantara nur sehr dürftige Resultate;
die überall vorkommende Leucochroa candidissima, Stenogyra de-
cdllata und eine in den Gärten der Oase einzeln vorkommende
kleine Xerophila bildeten die ganze lebende Schneckenfauna. Dagegen
wurden wir an der Böschung' der neuen Chaussee sehr angenehm
überrascht fiurch eine merkwürdige und reiche subfossile
Fauna, deren zum Theil neue Arten früher hier gelebt haben
müssen, während wir keine Spur mehr von ihnen finden konnten.
Genauere Forschungen in günstigerer Jahreszeit würden vielleicht
bessere Resultate ergeben.
Am anderen Mittag ging es weiter der Wüste zu. Mit dem
Ende der Oase hört auch die neue Strasse auf und beginnt ein
Weg, den man gerade nicht gut nennen kann. Ueber die steinige
Fläche kommen von den Aures eine ganze Menge Bachbetfen
herab, die, obschon im Sommer kein Wasser führend, doch mitunter
recht tief eingerissen und steilrandig sind. In schärfstem
Galopp geht es durch sie hindurch, damit die Pferde beim Hinauffahren
soviel wie möglich durch die Wücht des im Schuss befind-
liclien Wagens unterstützt werden, und dabei sind Purzelbäume
keine Seltenheit. Wir hatten Glück; einige Monate früher war
ein hoher französischer Funktionär des selbigen Weges gefahren
und hatte sich beim Umwerfen der Diligence die Nase zerstossen;
das hatte geholfen und die schlimmsten Stellen waren ausgebessert.
Durch ödes, steiniges Feld folgen wir immer dem Flusse, der
noch Wasser genug führt, um das ganze Land zu befruchten, und
auch im Sommer nie ganz versiegt. Allenthalben sind römische
Ruinen, ein Beweis, dass man das Land früher besser zu benützen
verstand. Auch ein Telegraphenposten befindet sich in einem
römischen Thurm ; der Name dieser Ansiedelung, Bu rg um Com-
m o d i a'n u m, ist auf uns gekommen.
Etwas weiterhin folgt eine kleine.Ebene, in welcher ein paar
Palmbäume. eine Ansiedelung verrathen. Aber ehe wir sie erreichen,
passirt uns etwas, was vielleicht noch keinem Saharareisenden
widerfahren: unser Waagen bleibt im Schlamm stecken und wir
müssen aussteigen und durchwaten, so gut es geht. Ein Wolkenbruch
war in den Aures nieder gegangen und hatte die ganze
Ebene unter Wasser gesetzt, ein unerhörter Fall Ende Mai. Hier
ander Sou rce aux Gaze l ies hatte sich eine französische
Familie in einer geräumigen Bretterbude angesiedelt, bebaute einen
kleinen Garten und verkaufte Erfrischungen an die passirenden
Fremden. Unter der Veranda hing ein segeltuchener Wasserschlauch
mit einem eingesetzten Krahiien; das Wasser war in
Folge der Verdunstung’ köstlich kühl. Wer die Südseite der Aures,
den in naturwissenschaftlicher Beziehung noch am wenigsten erforschten
Theil Algeriens, genauer untersuchen will, würde hier
einen Stützpunkt für seine Exkursionen finden.