dete, wir seien in Beni Mansour angelangt. Ich sprang her-
ans und sah mich verdutzt um, denn ursprünglich sah -ich gar
nichts. Erst als mein Auge sich einigermassen an die Dunkelheit
gewöhnt hatte, erkannte ich etwas tiefer als die Strasse ein
langes niederes Gebäude ohne Fenster, nur mit einer ganz engen
Thür; durch diese gelangte ich in eine raucherfüllte, durchaus
nicht einladend aussehende Küche und aus dieser in einen langen
ungepflasterten Raum, nur mit dem defekten Ziegeldach überdeckt,
mit Kisten und Fässern erfüllt, so dass nur Platz für einen
langen schmutzigen Tisch und gegenüber für ein Kamin blieb, in
dem ein tüchtiges Feuer loderte. Das Ganze sah einer der
Ränberherbergen, wie sie in den Romanen unserer Jugendzeit
eine Hauptrolle spielen, zum Verwechseln ähnlich, aber wenn wir
nicht mit nach Setif und Konstantine weiter wollten, blieb uns
keine Wahl, und da mir die Wirthin versprach, wir -sollten ein
eigenes Zimmer und Betten bekommen, stieg auch meine Frau
aus und ich liess meinen Koffer, den ich thörichter Weise mitgenommen,
abladen. Zeit genug hatten wir, denn die sinnreiche
Einrichtung, welche man hier getroffen, setzt allem, was die
Direktion der Compagnie Bonni fay auf dieser Route geleistet,
die Krone auf. Das Fort oder Bordsch B e n i Mansour liegt
nämlich nicht an der Heerstrasse, sondern etwa 3 bis 4 kin thal-
ab. Wenn nun die Diligence ankommt, wird die dorthin und
nach den Orten des unteren Sahelthales bestimmte Post ausgeladen,
auf ein Kärrnehen gepackt und nach dem Fort gebracht;
von dort bringt das Fuhrwerk die abgehende Post für Setif und
Konstantine zurück und so lange muss die Diligence um Mitternacht
auf der Landstrasse halten. Dass man das zweckmässiger
einrichten könnte, indem man das Kärrnehen die Post von dem
Fort erst bringen liesse, scheint der Direktion noch nicht klar
geworden zu sein. Auch wir mussten am Kaminfeuer sitzen, bis
die Diligence wieder abgefahren war, dann erst liess sich die Frau
Wirthin herbei, uns Betten zurecht zu machen. Der Wind pfiff
lustig durch den Raum, aber die Betten waren leidlich, ein paar
Reisedecken hatten wir mit, und so verging die Nacht besser als
wir erwartet.
Am anderen Morgen sahen wir uns freilich etwas verwundert
um in der sogenannten Stube, aber es war die beste des ganzen
Hauses und wir konnten uns nicht beschweren. Das Anwesen
trug überhaupt die Spuren des Verfalles. Es war ursprünglich
eine Kantine für die beim Strassenbau beschäftigten Arbeiter und
hatte dann zeitweise leer gestanden, dann wieder Leuten, die anderswo
nicht Unterkommen konnten, als Obdach gedient. Auch
die gegenwärtigen Inhaber gedachten nicht lange zu bleiben, denn
in der ganzen Gegend finden sich noch keine Kolonisten. Reisende
halten bei der erbärmlichen Verbindung mit Bougie, fast
niemals an und da die Diligence Nachts durchpassirt, fällt auch
der geringe Verdienst. für die Beköstigung der Passagiere weg.
Es wirft ein grelles Licht auf manche Zustände in Algier, dass
trotz ewiger Beschwerden der Kolonisten im Sahelthal an diesem
wichtigen Punkte, wo sich zwei Hauptrouten, die dem.Sahel entlang
nach Bougie und die durch die Biban, die Eisenthore,-' nach
Setif und Konstantine, gabeln, nicht besser vorgesorgt ist. Wir
mussten noch froh sein, dass wir überhaupt .ein Unterkommen
gefunden und nicht auf dem blanken Felde abgesetzt worden
waren, und, das muss ich anerkennend hinzufügen, das Frühstück
war so gut, als man es nur in einem Hotel verlangen konnte.
Die Compagnie Bonnifay lässt dem Reisenden, der so unvorsichtig
war, diese Route einzuschlagen, Zeit genug, um die
Umgebung von Beni Mansour zu studiren; der Wagen "nach Akbou
geht erst Nachmittags um drei Uhr o o ab. Uns war das nicht imwillkommen,
denn hier waren wir zum ersten Male im eigentlichen
Kabylenlande. Gerade dem »Hotel« gegenüber erhob sich ein
mehrspitziger Hügelrücken und jede Spitze trug eine Gruppe
solider, weiss getünchter Steinhäuser, dicht zusammengebaut und
zur Vertheidigung. eingerichtet, von Kaktushecken umgeben. Auch^
weiterhin hängt, soweit man sehen kann, fast auf jeder Hügelspitze
ein weisses Dorf, und alles anbaufähige Land ist mit Gerste
bestellt. Im Gegensatz zu den arabischen Feldern ist hier nicht
nur das perennirende Unkraut, Dent du Chien und dergleichen,
bis auf einzelne Büsche am Weg ausgerodet, sondern auch das
einjährige ist sorgsam gejätet und überall sahen wir noch die
Kabylenfrauen mit Jäten beschäftigt. Die Kabylen halten auf
das Jäten (Asousi) ausserordentlich viel und sagen, das es' wichtiger
ist wie Säen und Düngen; sie nehmen sich dazu sogar
Tagelöhner, -obwohl sie sonst baare Ausgaben soviel wie möglich
vermeiden. Den Thalgrund nehmen Olivenpflanzungen ein, die
einen dichten Wald bilden, der sich bis zum Steilhang des