Schilderungen entwirft, sind in der Neuzeit arg verwüstet
worden und bieten für unsere specielle Liebhaberei gar wenig.
In den entfernteren Gebieten war es obendrein nicht ganz
geheuer. Die Kabylen des Edough stehen noch so ziemlich in
demselben Rufe, wie die Maurusier des Mons Papp ua , bei
denen Gelimer Schutz fand und die Belisar nicht anzugreifen wagte.
Gerade damals hatte ein Marabut aus der Familie M a l za., ein
geschworener Feind der Franzosen, sie wieder zu allerlei Unbot-
mässigkeiten aufgereizt und die Regierung hatte sich veranlasst
gesehen, ihm ein Paroli zu biegen und einen noch grösseren
Heiligen, den allzeit getreuen Si M ah mar, das Haupt der Brüderschaft
der Tedj i n i , kommen zu lassen, der die Rebellen wieder
zur Ordnung bringen sollte. Ein paar Tage früher hätten wir
das Schauspiel haben können, einen lebendigen Heiligen zu sehen,
ja wir hätten vielleicht seinen Segen erhalten, denn Si Mahmar'
ist unbeschadet seiner Frömmigkeit und Heiligkeit einer der vor-
urtheilsfreiesten Araber und ein überzeugter Freund der Europäer.
Die Zeitungen waren noch seines Lobes voll und kolportirten mit
ganz besonderem Behagen den Auspruch, den er bei seiner Rückkehr
von Mekka und Stambul gethan, dass er nun alle Länder
des Islam durchwandert, Recht und Gerechtigkeit aber nur in
Algerien gefunden habe. Da sein Orden durch die ganze Sahara
bis zu den Bergen der Tuareg verbreitet und sein Einfluss in
diesem ganzen Gebiete unbeschränkt ist, begreift man, welche
Wichtigkeit dieser Mann für die französische Regierung hat. Fraglich
ist es nur, ob er seinen Einfluss gegen die Wühlereien der
Snussi wird behaupten können; eben ist in Algerien sein Khouan
der einzige, welcher ihnen noch Widerstand leistet; die Anhänger
Si Abderrahmans sind ihnen längst verfallen und selbst in dem
mächtigen Orden Abd el Kader el Ghilani’s macht sich ihr Einfluss
von Tag zu Tag mehr geltend.
Noch muss ich. eines eigenthümlichen Fälschers gedenken
den ich durch Zufall in Böne kennen lernte und dessen Speciali-
tät aus dem Meer gefischte antike Thongefässe waren. Ein Fischer,
von dem ich ein paar prächtige Gardium hians gekauft, führte
mich in seine Werkstätte. Der Mann war natürlich ein Italiener,
der drüben schon in Antiken gemacht hatte. Hier überzog er
mit grossem Geschick moderne Thongefässe, die ja in Nordafrika
die antike Form fast rein erhalten haben, mit Korallen undMoosthierchen;
dann kann ihre Echtheit keinem Zweifel mehr unterliegen
und sie gehen reissend ab. Auch mir wollte er ein Gar-
dium hians, das er aus zwei nicht zusammengehörigen Schalen
vermittelst eines künstlichen Schlossbandes hergestellt hatte, für
schweres Geld aufhängen, doch hatte ich in dieser Beziehung
mein Lehrgeld schon früher bezahlt und eine ächt neapolitanische
Geste belehrte den Biedermann, dass bei mir nichts zu machen sei.
Am 20. Mai wehte ein ganz hübscher Scirocco, als wir
wieder das Seybousethal hinauffuhren und da wir die Sonnenseite
im Wagen hatten, war die Fahrt einigermassen warm. Diesmal
konnten wir uns in Ruhe der Betrachtung der Gegend widmen,
die besonders in dem Defilé zwischen Du v i v i e r und Guelma
hochinteressant ist. Wo die Schlucht sich bei Na d o r zum Becken
erweitert, liegt eine Fabrik hydraulischen Kalkes, und hier bei
Nador beginnt eins der besten Ackerbaugebiete Algeriens. Ueberall
wurde gemäht und Futter eingebracht, hier nicht für den Winter,
sondern für den trockenen Hochsommer, ein erfreuliches Zeichen
rationellen Ackerbaus. Zwischen dem Weizen wurde viel Mais
gebaut und hier und da auch Hafer, eine Seltenheit in Algerien.
DieOelbäume sind hier fast sämmtlich veredelt und liefern bereits
reiche Erträge. Mit sinkender Nacht erreichten wir den Bahnhof
von Guelma und liesseh uns zu dem etwa eine Viertelstunde
entfernt auf einem Vorsprung des Mahouna liegenden Städtchen
hinaufbefördern.
Guelma ist ein freundliches sauberes Städtchen, wie alle
die französischen Neugründungen in Algerien, und ebenso langweilig.
Trotzdem liegt es auf uralter Grundlage; die wenigen
Ueberreste der Römerstadt K a l ama sind in dem recht hübschen
öffentlichen Garten aufgestellt: einige Inschriften, Grabsteine,
Altäre, auch ein paar Marmorskulpturen, darunter ein hübscher
Frauenkopf, der wohl eine bessere Stätte verdiente, als die Mauerecke,
in der man ihn verborgen hat. Ausserdem sind in der
Kasbah noch die Reste eines mächtigen Gebäudes, anscheinend
einer dreischiffigen Basilika aus christlicher Zeit, erhalten.
Guelma brachte uns keine sonderlichen Resultate. Wir wollten
dem Mahouna, der verlockend nach Süden vor uns seinen Marmorgipfel
erhob, einen Besuch abstatten, aber von den kleinen
Stiefelwichsern auf der Strasse wollte keiner den Weg wissen und
auch im Hotel konnte man uns keine Auskunft geben; von den