Erbrecht der Mädchen, das dem kabylischen Herkommen widerspricht
und das man seither immer auf eine oder die andere
Weise umgangen hatte, auch rechtlich abzuschaffen, wurden zum
ewigen Angedenken soviel Felsblöcke aufgerichtet, als Stämme an
der Berathung Theil genommen hatten. Einen ähnlichen Ursprung
mag das megalithische Monument haben, das H'odgk i n aus
der Gegend zwischen Tanger und Miknasa in Marokko beschreibt.
Es ist ein Steinkreis von 30—40 Meter Durchmesser, mit einem
Hügel von ungefähr 20' Höhe in der Mitte, dessen obere Fläche
eine Plattform von 30' Durchmesser bildet; ringsum stehen ca.
80 Sandsteinblöcke aufgerichtet, darunter zwei besonders grosse
von ovaler Form, der eine 16, der andere 18' hoch, an der
Basis 4' breit und 2,6' dick, gewissermassen Thürpfosten bildend.
Aehnliche Denkmäler fand Mal t zan in Tunisien bei Maghraua
und bei Geryville in der Schottregion. Aehnliche Steinsetzungen
in Europa, an denen sich der Witz der Antiquare bis jetzt vergeblich
geübt hat, mögen wohl eine verwandte Bedeutung gehabt
haben.
Solche Grabstätten sind offenbar noch bis in die Römerzeit
hinein errichtet worden, denn in einem derselben hat man eine
Medaille der Faustina als Leichenbeigabe gefunden, doch ist die
Ansicht Be r b r u g g e r ’s, dass sie ihre Errichtung bretonischen
Kohorten im römischen Dienste —■ deren Anwesenheit in Algerien
allerdings durch Grabsteine bestätigt ist — verdanken, längst auch
von ihrem Schöpfer aufgegeben, seit mau den Reichthum Nordafrikas
an solchen Monumenten erkannt hat. (Es ist das merkwürdig spät
geschehen; erst 1859 lenkte R h i n d die Aufmerksamkeit der englischen
Forscher auf die Dolmen von Beni Messous, aber sein
Aufsatz : Orthological Ilemains in North Afrika im vol. 38 der
Archeologia blieb unbeachtet bis der Interpret F e r a u d in
Konstantine 1803 den Archaeologen Chr i s t y aùf die Dolmenanhäufung
an der Quelle des Bou Merzoug bei Konstantine aufmerksam
machte und selbst zwei Abhandlungen darüber in den Memoiren
der Société archéologigue de Constantine 1863 und 1864
veröffentlichte.) Die Ansicht, dass' die Kelten die Errichter
der megalithischen Denkmäler gewesen seien, verliert ja überhaupt
immer mehr an Boden und dürfte .jetzt nur noch wenig
Anhänger zählen, Findet man ja doch die Steindenkmäler in
zahlreichen Ländern, die nie von Kelten betreten wurden,
während sie in altkeltischen Ländern, wie in Süddeutschland,
fehlen. F e r g u s s o n vertritt in seinem berühmten'Werke die
Ansicht, dass die algerischen Dolmen von den Aquitaniern errichtet
worden seien, die vor den einbrechenden Kelten um 600
v. Chr. nach Nordafrika flüchteten; aber die Geschichte weiss
von einer solchen Flucht nichts, und es ist kaum wahrscheinlich!
dass zur See kommende Flüchtlinge bis ins Innerste des Kabylen-
landes hätten eindringeri können. Auch die Phönizier, denen
man so oft'die Errichtung der Megalithen zugeschrieben, können
nicht ernstlich in Betracht kommen, seit man die geographische
Verbreitung genauer kennt, denn sowohl in ihrem Heimathlande,
wie in den von ihnen dauernd besessenen Gebieten, in der
Umgebung von Karthago und Utica, findet man 'keinerlei megalithische
Monumente, und für das Werk seefahrender Händler, die
nur vorübergehend irgendwo weilten, sind die Steine denn doch
ein wenig gross.
R. von Scala*) kommt zu dem'Resultat, dass die Hauptmasse
der Dolmen sich in den Ländern findet, die früher von
der iberischen Rasse bewohnt wurden. Die Dolmen beginnen
freilich nach Rütimeye r**) in Skandinavien mit nicht geringeren
Dimensionen als in der Bretagne, um sich von da der
gesammten baltischen und atlantischen Küste entlang, nur die
Marschen von Holland und Belgien überspringend — (was in
dem Fehlen jeden geeigneten Steinmaterials seine sehr natürliche
Ursache hat) — einmal nach England hinüber, andererseits nach
Frankreich fortzusetzen. Dabei sind aber anscheinend die Grabhügel
mit Kammern aus grossen Steinplatten mitgerechnet, von
deren Gleichwerthigkeit mit den Dolmen ich durchaus nicht überzeugt
bin und in denen ich nur Hünengräber mit den durch das
gebotene Material, die erratischen Blöcke, bedingten Abänderungen
, sehe, denn freistehende Dolmen sind doch in Norddeutschland
ungemein selten. Sieht man von diesün Bauten, welche Rütimeyer
zu der Ueberzeugung bringen, dass die megalithischen
Monumente nicht einem besonderen Volke angeboren, sondern
nur eine bestimmte Kulturepoche vieler Stämme bezeichnen, ab,
so finden sich die meisten Dolmen nach Fergusson’s Karte west-
*) Ausland 1884 No. 44
**) Die Bretagne, p. 86.