so fuhren wir am 2. Juli frühmorgens vergnügt zum Thore Bab
el-Zira hinaus. Das Fuhrwerk, vor welches vier Pferde neben
einander gespannt waren, gehörte natürlich einem Malteser, aber
der Kutscher war ein Kabyle. Mit dem ersten Juli schien für
Tunis der Sommer begonnen zu haben und wir haben von da
ab fast kein Wölkchen mehr am Himmel gesehen und erfahren,
was Sommerhitze im Süden bedeutet.
Die Strasse nach Zaghouan wendet sich gleich vom Thore
aus rechts nach der Höhe und gelangt über den Sattel zwischen
der Kasbah und dem Fort Sidi bei Hassen ins Gebiet der Sebcha
es-Seldjoum. Man kann hier wirklich von einer Strasse sprechen,
denn der Bey Achmed hat sich den Luxus erlaubt, sein Lustschloss
M.oh am m e d i a , das in derselben Richtung liegt, durch eine veri-
table Landstrasse mit Tunis zu verbinden. Für eine Strecke weit
folgt sie dem Nordufer der Sebcha, dann schnitten wir quer hindurch.
Keine schauerlichere Einöde, als der Boden einer ausgetrockneten
Sebcha; im Winter dehnt sich hier ein blauer See, im
Sommer aber eine ebene Thonfläche, von der Hitze zerissen,
ohne Pflanzen, ohne Spur von Thierleben, einfarbig staubgrau,
nur hier und da von einem funkelnden Salzkrystall unterbrochen.
Weiter westlich, wo die weissen Häuser von Manuba
und der Bar do sich im letzten Reste des Wassers spiegeln,
glänzte eine geschlossene Salzkruste, hier war nur Thon, welcher
das Material zu ausgedehnten Ziegeleien liefert. Mittags im Hochsommer
soll in der Sebcha nicht selten die Mirage (Luftspiegelung,
Fata Morgana) zu beobachten sein, aber jetzt war es dafür noch
viel zu früh.
Jenseits des Salzsees fuhren wir eine^Strecke. weit durch abgeerntete
Weizenfelder, dann-nahm uns der Buschwald auf. Schon
von der Höhe bei Tunis aus hatten wir eine mächtige Häusermasse
im Grünen liegen sehen, der wir uns rasch näherten. Es ist Mo-
hammedia oder, wie die Tunisier das aussprechen M’hamdia,
vor dreissig Jahren das glänzende Lustschloss des prunkliebenden
Achmed Bey. Derselbe legte hier mitten im Buschwald, aber
an der Wasserleitung, eine förmliche Stadt an, denn wo der Bey
wohnt, müssen auch die Minister und alle Regierungsbeamten
sein und vor allen Dingen auch .die stehende Armee. Die Anlage
hat Millionen gekostet, aber als Achmed starb, verlegte
Mohamed es Sadok die Residenz alsbald in den Bardo, Mohammedia
stand verlassen, es blieb nicht einmal ein Aufseher dort,
und nun begann eine Plünderung, die man in Europa für unmöglich
halten sollte. Nicht nur was niet- und nagellos war
wurde weggeschleppt, auch die Thüreinfassungen, die Treppenstufen,
die Azulejos-Fliesen der Fussböden, kurz Alles, was einiger-
massen zu verwerthen war, und heute sind von den Prachträumen
nur noch ganz wenige mit Decken versehen und dienen armen
Eingeborenen zur Wohnung, sonst stehen nur noch die Umfassungsmauern.
Auch die Gärten liegen wüst, die Bäume sind aus Mangel
an Pflege verdorrt und nur mit Mühe fänden wir einen schmalen
Schattenstreifen, in dem wir uns zum Frühstücken niedersetzen
konnten. Die Häuser waren noch alle geschlossen, die Einwohner
ruhten aus von den Strapazen des Ramadan, ein einziger kam
.und offerirte uns eine Quantität getrockneter Feigen ■—Scliriha—,
die ganz köstlich waren.
Nach kurzer Rast ging es weiter, den beiden Wasserleitungen
entlang, von denen die moderne bescheiden am Boden hinkriecht,
während die antike sich auf stolzen Bogen etwa eine Stunde weit
quer durch das Thal der Mi l i a n a hinüberzieht. Es ist ein
Riesenbauwerk, Pfeiler und Bogen erscheinen fast gleichbreit, oben
darüber läuft ein im Lichten fast mannshoher Kanal. Deutlich
lassen sich zwei verschiedene Th eile der Wasserleitung unterscheiden,
der eine aus'sorgsam behauenen Quadern, die mit nur ganz wenig
Mörtel dazwischen aufgemauert sind, der andere offenbar neuere
aus gestampfter Erde mit Bogen aus Ziegeln, jedenfalls arabischer
Herkunft. Seltsam, dass wir gar nichts darüber wissen, wer
' dieses gewaltige Werk, an dem die Existenz von ganz Nordtunis
hängt, errichtete. Die Phönizier waren es schwerlich; ihnen war
das frische Wasser nicht so ein Bedürfniss und ihnen genügten
wahrscheinlich die riesigen Cisternen. Die ganze Anlage deutet
auf die Römer, denen keine Entfernung zu gross war, wenn sie
eine gute Quelle in ihre Städte leiten konnten. Aber keine Inschrift
meldet, wer die Erbauung angeordnet, nur eine Münze des
Septimius Severus von 203 n. Ohr. zeigt uns ihn in irgend einer
Weise; aber vielleicht nur als Restaurator, in Verbindung mit der
Wasserleitung. Die Zerstörung erfolgte nach gewöhnlicher Annahme
durch die Vandalen, die ja für jede Verwüstung in Nordafrika
verantwortlich gemacht werden. Nun ist es aber absolut
unmöglich, dass die Eroberer ihre selbst bei den Byzantinern be