unter allen Umständen drüben zu sein, aber schliesslich entschied die
Erwägung, dass wir Sicilien schon wieder einmal später besuchen
würden, Tunis aber schwerlich zum zweitenmal, und dass wir die
beiden Hauptberge des nördlichen Theiles der Regentschaft, den
Ds c h e b e l R ’sas und den Za g h o u a n , unbedingt absuchen
müssten. Vor der Hand war ja noch keine Quarantäne verhängt,
wir konnten also noch einmal eine Woche abwarten.
Am 23. Juni machten wir noch eine Nachmittagsexkursion
nach Hammam el Enf , die zwar nichts Neues, aber doch
reiche Ausbeute ergab, besonders an der Scharte Alis. Als wir
zur Stadt zurückkehrten, leuchteten von allen Minarehs die bunten
Laternen, der Ramadan hatte seinen Anfang genommen. Im
europäischen Stadtviertel merkte man aber kaum etwas davon ;
nur am Marinethor, wo die Trambahnwagen abgehen, drängte
sich die Menge, sonst war alles still und nur aus der Ferne hörte
man ein dumpfes Gebrause, den Lärm der aufgeregten Menge,
welche dann die Nacht zum Tage macht. Den folgenden Tag
widmeten wir der Stadt und ihren Bazars, aber für den 25.
mietheten wir einen Wagen, der uns mit Herrn von Knäpp nach
dem Dschebe l R ’sas bringen Sollte.
Die Tour ist leichter zu machen als wir dachten, denn bis
zum Fusse des Berges erstreckt sich, die vom Oued M i l i a n a
durchflossene Ebene; man kann mit dem Wagen bequem in
zweieinhalb Stunden dort sein und die Kutscher fordern nur 15
fcs. für die Fahrt. Genügend mit Proviant Versehen fuhren wir
zu Bab el Dj e z i r a hinaus und eine Strecke weit der Bahn
entlang bis jenseits des Heiligthumes des Sidi bei Hassen.
Dann wandte sich der Weg mehr dem Innern zu. Mehrfach be-
gegneten uns Trupps von Kameelen und Eseln, alle mit ordinärem
Töpfergeschirr beladen, wovon der Bedarf bei der beginnenden
Hitze enorm ist. Der Weg führte durch sorgsam gehaltene
Olivenpflanzungen, zwischen die sich hier und da Orangen
und Citronen mischten; noch war man mit der Ernte des Weizens
beschäftigt, auf den Gerstenfeldern schoss schon wieder Mais empor
Nach und nach rückte der Berg näher; immer schärfer
zeichneten sich seine schroffen Wände und sein zackiger Gipfel
gegen den Himmel ab, und wir erkannten sowohl an seinem
uss wie auch noch höher hinauf die ausgedehnten Hüttenanlagen
der italienischen Bergwerksgesellschaft, welche jetzt die
Ausbeutung des altberühmten Bleiberges unternommen hat. Gestrüpp
und Thymian deckten die Fläche, über welche wir hinfuhren;
es wimmelte von Heuschrecken und Distelvögeln, aber
von anderen Insekten sahen wir keine Spur. Nur eine Schafheerde
weidete zwischen den Büschen, Fettschwänze, wie überall
in Tunis, aber von der vorderasiatischen Race gut verschieden,
einfarbig weiss mit kurzen Hörnern, und Wolle tragend. Der
beistehende Holzschnitt stellt ein typisches Exemplar der tuniser
Schafe dar. Auf einem gut tracirten Fahrweg gelangten wir zu
den neuen, noch nicht in Betrieb befindlichen Hüttengebäuden
Figur 9. Fettschwänziges Schaf.
ganz am Fusse des Berges* und dann zu den höherliegenden
älteren. Dort empfing uns der Direktor zu unserer freudigen
üeberraschung mit herzlichem Glückauf. Sgr. Enrico Devoto
ist zwar ein Sarde, aber er hat seine Studien in Freiberg gemacht,
sein Examen als Bergingenieur mit Glanz bestanden, und
freute sich nun, wie er sagte, kindlich, nachdem er in Deutschland
so viel Gutes genossen, einmal Deutsche bei sich im fernen Tunis
als Gäste zu sehen. Natürlich sollten wir gleich ins Haus eintreten,
aber die Felsen oben lockten zu sehr und der wissenschaftliche Eifer
siegte. Flüchtig besahen wir den noch jungen, aber hübsch in