liessen das Fahrgeld schwinden und stiegen aus, um in den nahen
Dünen noch einen Sammelversuch zu machen.
Zwischen dem steilen Abfall der letzten Sahelausläufer und
den Dunen lag früher ein langgestreckter fieberaushauchender
Sumpf. Heute befinden sich hier, wo es selbst im . höchsten Sommer
feucht bleibt, die üppigsten Gemüsegärten (Maraicheries) von
Algier und von hier aus kommen vorzugsweise die frischen Gemüse,
mit denen die Tafeln der Reichen in Europa im Winter
versorgt werden. Die Ausfuhr beginnt Mitte November mit den
grünen Bohnen; dann bringt jeder der schnellsegelnden Dampfer
der Compagnie transatlantique, denen der grössere Theil des Gemüseexports
zufällt, 80 100,000 kg frische Gemüse nach Marseille,
im Dezember und Januar sogar 200,000 kg, die dann sofort mit
den Eilzügen nach Lyon und Paris weiter gehen. In Marseille
selbst wird nur wenig algerisches Gemüse verbraucht, da es mit
den fast eben so früh und in besserem Zustand auf den Markt
kommenden Erzeugnissen der Seealpenküste nicht konkurriren
kann. Um Hussein Dey überraschten mich besonders ausgedehnte
Erdbeerfelder,. die ich hier nicht erwartet .hätte; man kultivirt
vorwiegend die Monats-Erdbeeren, die trotz der Hitze vorzüglich
gedeiht; doch erhielten wir mitunter auch grossfrfichtigere Sorten.
Sonst herrschten im März Artischoken, Lattich, Kohl, Bohnen,
Zwiebeln und Kartoffel vor. Auch hier hatte jedes Grundstück
seine eigene Bewässerungsanlage.
Jenseits der Gärten im Anfang der Dünen liegt ein französisches
I ort, um die flache Küste und die Harraschmündung gegen
eine feindliche Landung zu schützen. Hier ist die schwache
Stelle der Bucht von Algier und hier: sind in der That die
Spanier dreimal gelandet. Einmal unter Di ego de'V e r a 1516,
kurz nachdem Har uds&h Ba rba ros s a , von dem Emir Sei im
b en Teumi gegen die Spanier, welche den Penon, die kleinen
jetzt landfesten Inseln dicht vor Algier, besetzt hielten, zu Hülfe
gerufen, diesen getödtet und sich der Stadt bemächtigt hatte.
Emern seiner Söhne war es gelungen, sich nach Oran zu den
Spaniern zu flüchten; aber die Expedition, die ihn wieder ein-
setzen sollte, misslang; die spanischen Truppen wurden von den
Türken geschlagen und die Flotte vom Nordwind zerstreut. —
Fünfundzwanzig Jahre später landete an derselben Stelle Kaiser
Ka r l V. selber, um den Räubereien und den Verheerungen
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der Mittelmeerküsten ein für allemal ein Ende zu machen,
die Stadt schien unbedingt verloren, die Armee war gelandet,
alle Höhenpunkte in ihren Händen und die Flotte bereit; die
Stadt zu bombardiren. Aber die Expedition war zu spät unternommen
worden, furchtbare Regengüsse hemmten die Bewegungen
der Armee, durchnässten das Pulver und machten die Artillerie
nutzlos und am 28. Oktober brach einer jener furchtbaren Stürme
loSj wie sie die algerische Küste von Zeit zu Zeit heimsuchen
und vor welchen vor der > Anlage ‘ der modernen, ringsum geschützten
Häfen ausser Mers el Kebir bei Oran keine nordafrikanische
Hafenbucht Schutz ■ « • Og ew.. ährte. Am anderen MorOgen
wären von vierhundert Schiffen über die Hälfte mit Mann und
Maus untergegangen, gegen 8000 Menschen ertrunken Und die
Armee aller Vorräthe beraubt. Nur eine Anzahl Galeeren, die
der seeerfahrene Andrea Doria kommandirte, hatten hinter Kap
Matifou Schütz gefunden und konnten die Trümmer der Armee
aufnehmen. Seitdem sagen die Türken: Algier ist wohlverwahrt.
Abd er Rh/jsnan und Tsaabbi (der Nord- und der Ostwind) behüten
siel’ Vom 28. Oktober 1541 datirt der Niedergang der Mittelmeerländer.
Der Kaiser wie nach ihm sein Sohn Phi l ipp II
wurden durch die nutzlosen Kämpfe gegen den Protestantismus
ausschliesslich in Anspruch genommen und liessen die Piraten
frei gewähren, der Handel musste sich andere Bahnen suchen, das
Mittelmeer verödete und seine Küstenländer, deren Bewohner sich
aus Furcht vor den Korsaren in die Berge zurückzogen, verfielen
der Malaria, der sie die Kultur unseres Jahrhunderts nur mit
grossen Opfern wieder wird entreissen können.
Noch ein drittes Mal landeten die Spanier an derselben unglückseligen
Stelle am 30. Juni 1775; 23000 Mann unter
0. Rei l ly wurden ausgeschifft ünd drangen in lebhaftem Kampf
mit den Türken bis in die Gärten von Mustapha Vor. Dort aber
hatten die Janitscharen sich verschanzt und schlügen alle Stürme
zurück; gleichzeitig zogen von der Harraschbrücke her die Beys
von Titeri und von Constantine mit frischen Truppen heran und
wandten gegen die spanische Reiterei dieselbe Taktik an, wie
seiner Zeit Cyrus gegen die Lydier und später die Maurusier
gegen Römer und Byzantiner: sie stellten ihre Kameele vor die
Front, so dass die Pferde scheuten. So wurden die Spanier geschlagen
und mussten sich mit schwerem Verlust wieder ein