¿ehren zu dem behaglichen Sitz unter den Arkaden der Taverne
Gruber. Den Unterschied zwischen den beiden Hauptrassen der
Eingeborenen zu studiren hat der aufmerksame Beobachter in Algier
Gelegenheit genug. Aechte Araber sieht man dort zwar
nicht soviele, wie in Oran und Konstantine, aber doch genug
um einen charakteristischen Zug in der Bevölkerung zu bilden.
Der einst weiss gewesene Burnus und das Kopftuch mit der
Kameelhaarschnur lassen sie sofort erkennen, aber bald findet
man es auch nicht schwer, sie am Gesichtsausdruck selbst von
dem ganz arabisch gekleideten Berber zu unterscheiden. Es ist
besonders das grosse mandelförmige Auge mit dem schwermüthig-
melancholischen Ausdruck, das den Araber gegenüber dem Ka-
bylen charakterisirt, dessen kleines Auge stets eigenthümlich verschlagen
und lauernd unter der Stirne hervorblickt. Der Unterschied
ist vollkommen analog dem zwischen dem typischen Franzosen
und dem Spanier, der dem Kundigen auch sofort auffällt.
Der Araber hat eine lange aber gerade Nase und volle, etwas
aufgeworfene Lippen,' das Gesicht der Kabylen erscheint etwas
zusammengedrückt und seine Lippen sind, wenn er kein Neger-
blut in sich hat, schmal und zusammengepresst. Bei den gemischten
Stämmen verwischen sich natürlich die Unterschiede,
aber im Allgemeinen überwiegt der Kabylentypus, und es hat
mir immer den Eindruck gemacht, als ob in den Mischungen die
einheimische Rasse das Uebergewicht behalte und bei-der Unmöglichkeit
der Zufuhr-frischen Blutes den nordafrilftinischen Arabern
dasselbe Schicksal bevorstehe, wie den in die Aures eingedrungenen
Abdi, die selbst ihre Sprache vergessen haben und ächte Berber
geworden sind. *)
Die nicht arabischen Bewohner der Stadt Algier wurden
früher unter dem gemeinsamen Namen Ber r a n i s (Leute von
draussen, Fremde) zusammengefasst, und bildeten eine Anzahl
besonderer Korporationen, die jede unter einem eignen Vorsteher
(Amin) nach eigenem Recht lebten. Auch heute noch halten
sie sich gesondert und sind unschwer zu erkennen. Am meisten
in die Augen fallen die Bis k r i s , die Berber aus den Oasen des
*) Dieselbe Ansicht wurde, wie ich mich kürzlich überzeugen konnte
auch beim Kongress in Algier von verschiedenen landeskundigen Franzosen
ausgesprochen. In höchtens 60 Jahren werde es nur noch zwei Rassen im
Lande geben, Europäer und Berber.
Ziban Sobald dort ein Junge aus einer ärmeren Familie einiger-
massen arbeitsfähig geworden, pilgert er nach Algier. Ausser den
paar Lumpen seiner Kleidung ist er mit irdischen Gütern meist
nicht versehen, aber seine Landsleute — worunter nur die aus
seiner speciellen Oase zu verstehen sind, denn diese halten sich
streng von einander getrennt —: nehmen sich seiner an und irgend
ein Wasserträger, welcher sich zu einer höheren Karriere
dürchgearbeitet hat, übergibt ihm auf Kredit und Abzahlung seine
Crucfie, die kupferne Wasserkanne, und überlässt ihm seine Kundschaft,
die er mit Wasser versorgt. Nachts findet er ein Lager
in irgend einer Bude, welcher er als Wächter dient; wie dem
(stammverwandten?) Barabra in Egypten vertraut man ihm unbedenklich
Alles an. Andere suchen sich Verdienst als Lastträger;
die Bewohner von el Bordj dienen seit undenklichen Zeiten als
Ruderer auf den Hafenbooten, noch andere nehmen Dienst in
ehropäischen Häusern als Kutscher oder Hausdiener, aber alle
sparen emsig jeden Sou, und sobald sie eine genügende Summe
erspart haben, kehren sie in ihre geliebte Wüste zurück, kaufen
sich ein paar Palmen und eine Frau und verdämmern den Rest
ihrer Tage in süssem Nichtsthun. Nur wenige treiben Ha'ndel
oder entschlossen sich zu irgend einem Handwerk.
Weniger im Strassenleben in die 'Augen fallend, aber um so
wichtiger für ganz Algerien sind die BeniMza b , die Mozabiten.
Wie in -Spanien der Kleinhandel ganz ausschliesslich 111 den Händen
der Ka.talonen ist, so dass man Katalon und Kleinhändler
völlig als synonym gebraucht, so sagt man in Algerien überall:
»Allons au Mozabite«. Aber nicht nur der Handel, sondern auch
eiue ganze Reihe von Berufen, wie die Fleischerei und der Betrieb
der öffentlichen Bäder, werden nur von diesen Bewohnern
des fernsten Südens betrieben, und sie treiben ihr Geschäft in
einer Weise, gegen welche selbst der Jude nicht aufkommen kann.
Es gibt zahlreiche Mozabitenfirmen, welche Filialen m allen Hauptstädten
Algeriens haben und deren Unterschrift an den französischen
Börsen für jeden Betrag gut ist, ja die sogar selbst bis
nach Deutschland kommen, um ihre Einkäufe direkt zü machen.
Bei flüchtigem Betrachten kann man sie leicht für Araber nehmen,
da sie auch den weissen Burnus und die Kameelhaarschnur
tragen, aber der Gesichtsausdruck gleicht viel mehr dem unserer
Juden; man erkennt sie auch daran, dass sie Kinn und Mund