alle an die Linie Souk Ah r a s-D u v i v i e r, wo er früher gestanden,
zn verlegen. Dort aber gehen die Löwen vergnügt an der Bahn
spazieren und w;enn sie nicht bald ausgerottet werden, fahren sie
am Ende auch noch als blinde Passagiere mit. In Hammam
Meskhoutin kamen wir bei stockfinstrer Nacht an ; der Kabyle,
welcher als wandernde Gasbeleuchtung die Badegäste aus dem
Konversationszimmer ins Logirhaus zu geleiten hat, war allerdings
beordert worden, uns mit seiner Laterne abzuholen, hatte
aber vorgezogen, wo anders hin zu gehen. Wir tasteten uns
also zwischen den gespenstigen Kegeln, den kochenden Gewässern
und den Oelbäumen durch und kamen ohne einen Geist oder ein
wildes Thier angetroffen zu haben glücklich in unsere Betten.
Fünfzehntes Kapitel.
Bone.
Am sechzehnten Mai ging es nach Bone weiter. Im Coupe
trafen wir sehr gesprächige Gesellschaft, eine Lehrerin aus Paris,
die seither in Konstantine gewohnt hatte und sich nun für das
in ihrer neuen Station, dem einsamen Bleibergwerke Kef-oum-
Teboul an der tunesischen Grenze, zu erwartende gezwungene
Schweigen im Voraus zu entschädigen suchte, und ein nach Bone
versetzter Sous-Intendant, der auch in Biskra mehr hatte schweigen
müssen, als ein echter Gascogner vertragen kann, und nun seine
Geschichten rücksichtslos an den Mann brachte. Anfangs handelte
es sich nur um Löwen, dann ging es auch an die Politik und
er drohte mit dem Krieg bis aufs Messer, wenn ich nicht schleunigst
Eisass und Lothringen herausgäbe. Zu letzterem hätte ich
mich bereit finden lassen, aber da ich als Enkel flüchtiger Elsässer
mein Stammland festhalten wollte, konnten wir uns nicht
einigen. Der Herr Intendant war übrigens ein guter Kerl, der
mich stets »mon eher ennemi« titulirte und Algerien, das er seit
1846 bewohnte, genau kannte, und von dem man viel hätte lernen
können, wenn er eben nicht zu arg schwadronirt hätte; so liess
er uns aber kaum zum Betrachten der recht interessanten Gegend
kommen.
Man hat während der Fahrt zunächst die schönste Gelegenheit,
die Wunder von Hammam Meskhoutin zu sehen, erst die
grosse Kaskade, dann die Steinkegel der arabischen Hochzeit, dann
die kleinen Kaskaden, welche gerade in den Bahneinschnitt hineinfallen,
mit ihren reizenden Sinterbildungen. Nachher überschreitet
die Bahn das Flussbett, in welchem es auch noch überall dampft;
eine üppige Vegetation erfüllt die. enge Schlucht und einige
Dattelpalmen ragen über den Rand empor. Nach kurzer Fahrt
erweitert sich das Thal und die ersten Spuren von Kolonisten-
thätigkeit treten auf; immer zahlreicher werden die veredelten
Oelbäume, die man an ihrer viel lockereren Krone schon aus der
Entfernung von den buschigeren' Wildlingen unterscheiden kann;
uut gehaltene Gärten und Landhäuser O O i treten auf und wir sind
in Guelma. Die Stadt liegt ungemein lieblich und der sie überragende
Ds c heb e l M'ahouna mit seinem Felsgipfel sieht so
verlockend aus, dass wir in unsrem Entschlüsse, von Bone nach
Philippeville zu gehen, wankend werden, besonders da ein Bahningenieur
aus Metz,| den wir unterwegs kennen gelernt, uns sehr
zuredete, der Stadt einen Tag zu gönnen. Für diesmal mussten
wir aber weiter. Noch eine Zeit lang bleibt das Thalbecken
sorgsam kultivirt und ein paar Dörfchen erscheinen ganz heimath-
lich; freilich wohnen auch gerade hier besonders viele Deutsche
und Elsässer. Dann geht es durch eine enge Schlucht, die uns
verkündet, dass das ganze Becken von Guelma den Absätzen eines
ehemaligen- Sees seine besondere Fruchtbarkeit verdankt, und
weiter dem Seybouse entlang, den ein wahrer Urwald einfasst.
Auch hier sieht man' überall neuangerodete Weinberge. Auf
geraume Zeit geht die Bahn gerade auf der Grenze zwischen
Kolonistenland und Araberland hin und man kann so recht erkennen,
was das Land früher war und was die Kolonisten daraus
gemacht haben. Leider liessen unsre gesprächigen Reisegefährten
uns kaum Zeit die Gegend zu betrachten, j
Kurz unterhalb Duvivier, wo die Bahn nach Souk Ahras
und Tunis sich abzweigt, wird das Thal zur Ebene und in der
Ferne erscheint die isolirte Masse des prächtigen Dschebel
Edough. Wer den Franzosen die Fähigkeit zum Kolonisiren
abspricht, der soll hierher kommen in die Ebene des Seybouse.
Man könnte sich in den besten Gegenden Südwestfrankreichs
glauben, so dicht liegen hier die Dörfer beisammen und dazwischen
grosse Villen auf hohen Terrassen, welche die Keller bergen. Aus
einem Garten leuchteten die prachtvollen Blüthen eines Baumes,
den ich sonst in Algerien nie gesehen; es konnte nur der Grand
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