der Wurzel aus, um ja nichts zu verlieren. Im Kabylen stecken
alle Anlagen zu einem so tüchtigen Ackerbauer, wie man ihn nur
am ganzen Mittelmeer finden kann.
Der Weg zog sich in die Länge, obwohl er nur sieben Kilometer
betragen soll; wir fanden auf dem Sandsteinboden so gut
wie gar keine Ausbeute, weder Schnecken, noeh Insekten, noch
Reptilien, und waren froh, als bei einer scharfen Wendung endlich
die Gebäude, wenn auch noch in ziemlicher Höhe über uns, erschienen.
Sie liegen 1080 m über dem Meere, gerade am Fuss
des aus dem Sandstein aufragenden Kalkkammes, und die meisten
Gruben befinden sich auf den Berührungspunkten der beiden Ge- -
steine. Uebrigens ist die ganze Kalkmasse von Antimon durchzogen,
überall finden sich Nester und Gänge und selbst die Tropfsteine
haben einen ziemlichen Antimongehalt. Daneben kommt auch
Quecksilber vor, theils gediegen in Tropfen, theils als Zinnober
von sehr hohem Erzgehalt. Die Mine ist natürlich vielfach noch
im Werden, aber schon sind einige Stollen tüchtig im Betrieb und
gehen erhebliche Quantitäten Antimon nach England. Zur Zeit
unseres Besuches waren 21 Bergleute beschäftigt, fast ausschliesslich
Italiener, nur wenige Franzosen darunter, ausserdem aber zahlreiche
Kabylen als Tagearbeiter und beim Transport. Die allgemeine
ungünstige Konjunktur für Bergwerke lastet leider aber auch auf
diesem jungen Unternehmen.
Herr Medevielle und sein Ingenieur, Herr Krüger , -der in
Jersey geborene Enkel einer Elsässer Familie, der aber leider nicht
deutsch sprach, empfingen uns sehr freundlich und trafen sofort
Anstalten zu einem Frühstück, gegen dessen Annahme wir uns bei
der knapp bemessenen Zeit vergeblich sträubten. Doch benutzten
wir die kurze Frist noch, um den nahen Felsen einen Besuch
abzustatten und ihre Zwar nicht sehr reichhaltige, aber hochinteressante
Molluskenfauna zu studiren. Nach dem Frühstück begleitete
uns Herr Krüger zum nahen Eingang der Höhle, wo wir
einen Bergmann mit' einer Leiter und den nöthigen Grubenlichtern
vorfanden. Die Schilderungen von der inneren Beschaffenheit
der Höhle waren aber derart, dass • meine Frau trotz des eifriogen
Zuredens des Herrn Krüger es vorzog, oben zu bleiben, mutterseelenallein
in der Felsenwildnissy hier sind aber weder Menschen
noch Thiere zu fürchten, und so nahmen wir drei die Grubenlichter
und fuhren ein. Der Eingang ist ein geräumiges Felsen-
1 portal. Für eine kleine Strecke geht es geradeaus in den Berg
hinein, dann wird der stollenartige Gang zu einer mächtigen
Halle, welche aber zum weitaus grösseren Theil unter dem Niveau
des Eingangs liegt. Auf rauhen Steinstufen steigt man nun in
Serpentinen hinunter, umflattert von aufgestörten Fledermäusen*.)
Um sich ein Bild von diesem Theile der Höhle zu verschaffen,
bedarf es starker Beleuchtung; leider war auf dem Bergwerk der
Magnesiumdraht, den man sonst immer vorräthig hält, ausgegangen
und wir ausschliesslich auf unsere drei Grubenlämpchen angewiesen.
Nach einiger Zeit verengt sich die Höhle wieder - und wird zu
einem engen Gang, der wie eine Wendeltreppe in einer steilen
Spirale hinuntersteigt; man muss sich bücken, um nicht an die
Decke zu stossen, und vorsichtig bei jedem Schritt leuchten, ehe
man den Fuss -aufsetzt, denn zwischen den Felsenblöcken ist nasser
Lehm, in welchem der Fuss leicht gleitet. Stellenweise hat man
den Gang sogar künstlich erweitern müssen. Auf einmal hört der
Weg auf und man steht an einem senkrechten Absturz, über den
man nur mit Hülfe einer Leiter hinabsteigen kann.
Unten ist man in der eigentlichen Grotte, 80—100 m tiefer,
als-der Eingang. Prachtvolle Stalaktiten hängen wie Vorhänge
von der Decke herab, von unten streben ihnen mannshohe Stalagmiten
entgegen, die bei der Berührung wie eine Glocke klingen;
der Eindruck muss bei genügender Beleuchtung, ein gewaltiger
sein. Den Boden bildet eine Lehmschicht, in welcher eine reiche
Wirbelthierfauna begraben ist. **) Nach kleinen Höhlenkäfern und
Schnecken suchte ich bei dem ungenügenden Schein der Gruben,-
*) Wie mir Herr Medevielle mittheilte, hat Herr von Berlepsch in dieser
Fledermaus eine eigene, dem Thaya eigenthümliche Art erkannt; derselbe
hat sie aber meines Wissens bis jetzt noch nicht beschrieben. Ich konnte
mir leider kein Exemplar verschaffen.
**) Der eigentliche Entdecker und erste Erforscher der Höhle ist der
General F a i d h e r b e . Seitdem sind noch öine ganze Anzahl Nebengänge
gefunden worden, deren Durchwanderung Tage in Anspruch nimmt. Die
bekannteste Beschreibung ist die von Bou r g u i g n a t (Histoire du Dschebel
Thaya et des ossements fossiles recueiUis dans la grande caverne de la Mosquee-
Paris 1862), die mir aber sowohl auf dem Bergwerk als im Bade als
. flüchtig und wenig zuverlässig bezeichnet wurde. Die gesammelten Knochen
gehören nach ihm zu 24 verschiedenen Arten, darunter vier eigenthümliche
Bären- und fünf M'uflonarten, davon drei ausgestorben und eigenthümlich.
Menschenreste hat man nicht gefunden; die Höhle scheint also von Bären
bewohnt gewesen zu sein, welche das Muflon in den Bergen jagten.