drängten berberischen H a o u r a mit einer Abtheilung der S o 1 e i m
hervorgingen; auch die Mer dès in der Umgebung von Böne
entstanden aus einer Verschmelzung der berberischen A ït U lli
as sa mit den Mir d a s , einem Stamm der Soleim. Solche
Stämme, ebenso wie die reinberberischen Nomaden in Südtunis,
die Fa r a s c h i s c h , die Wo r g h ’amma, die tripolitanischen
NayLund andere Nachkommen der Maurusier, treiben fast immer
etwas Ackerbau und haben an einzelnen Stellen dauernde
Ansiedlungen, in denen sich auch die Silos (Magazine) für das
Getreide befinden ; sie tragen sich aber ganz arabisch und haben
die kabylische Sprache1 meist völlig vergessen. Durchschnittlich
kann man die berberischen Stämme noch daran erkennen, dass
sie ihren Stammnamen mit B e n i bilden, während die Araber
denselben Begriff (Söhne des.. .) mit Ouled ausdrücken. Die
eigentliche kabylische Bezeichnung für Stamm ist in Algerien
wie in Marokko Ait.
Neben der Verschmelzung ganzer Stämme ging aber auch
immer eine Vermischung im Kleinen her, weniger auffallend, aber
auf die Dauer entschieden wirksamer. Selbst wo die Berber sich
ganz feindlich gegen die Araber stellten, konnten sie es, einmal
bekehrt, doch nicht hindern, dass Nachkommen Mohameds, Schürfa,
deren besondere Verehrung der Koran ja jedem Gläubigen zur
Pflicht macht, sich unter ihnen niederliessen, ja meistens riefen
sie solche Gottesmänner zu sich und statteten sie sogar mit Grundbesitz
aus. Die Schürfa sicherten sich durch Heirathen in vornehme
Berberfamilien einflussreiche Verbindungen und auch reiche
Berber suchten eine Ehre darin, Töchter aus arabischen Familien
zur Ehe zu bekommen. Erbt ja doch der scherifische Adel auch
durch die weibliche Linie fort und die Söhne einer Scherifa werden
aller Rechte der Nachkommen Mohameds theilhaftig. Selbstverständlich
konnten diese dann nicht mehr die Gandura und das
Lederkäppchen tragen, sondern dokumentirten sich auch durch
die Tracht als Araber, und so wurde nach und nach ein grösser
Theil der Kabylen arabisirt und nur die oft genannten Bergstämme
blieben für die arabische Kultur eben so unzugänglich
, wie für die christliche, ' die römische und die punisch-
phönizische.
Aber trotz der Vermischung blieb ein Gegensatz zwischen
den Berbern und Arabern immer bestehen, wie er ja auch in
Sibihen hervortrat und den Normannen den Weg bahnte. *) Das
entsetzliche Gewirr von Revolutionen, Bürgerkriegen und .neuen
Dynastien, das uns die Geschichte Nordafrikas vom Einbruch der
Araber an bis zur Türkenherrschaft zeigt, entwirrt sich leicht, sobald
man immer den Gegensatz zwischen der berberischen Nationalpartei
und der arabischen im Auge behält. In nahezu regel-_
massiger Abwechselung sehen wir bald hier bald da einen Abkömmling
der alten Berberfürsten sich erheben und ein Reich
gründen. Aber nur ausnahmsweise besteht dasselbe über die
dritte Generation hinaus. Ein Nachkomme des Propheten erhebt
die Fahne der Revolution und stürzt mit Hülfe der Araber das
Berbereich; aber auch ihm ergeht es nicht besser, die Nationalpartei
erhält bald wieder die Oberhand, und so geht es %fort im
endlosen Wechsel, bis die Eisenfaust der Türken allem nationalen
Leben in Nordafrika für Jahrhunderte ein Ende macht **). Nurin
Marokko ist das Araberthum unter den Schürfa von Taf i lalet
zum Siege gelangt, aber nur scheinbar, denn nur die Araber und
die arabisirten Stämme der Ebene gehorchen seiner scherifischen
Majestät, während die Uled Rif, die Scheluh und die Amasirgh
frei wie ihre Väter in ihren Bergen hausen.
Aber da hat uns die Frage nach dem Ursprung der Mauren
hübsch weit weggeführt und es ist hohe Zdit, dass wir zurück-
*) Die Kämpfe, welche unter dem Namen des Krieges der grünen und
der schwarzen Fahne von 909—945 Sicilien Iverheerten, wurden zwar zunächst
durch Thronstreitigkeiten im Hause der Aghlabiten veranlasst, aber
sie beruhten wesentlich auf dem Rassenhass. 1015 brachen neue Kämpfe
zwischen den Arabern und den Berbern aus; die letzteren mussten besiegt
die Insel räumen, und von da ab datirt der Verfall der Saracenenhen schaft
in Sicilien.
**) Die anfänglich von . den Berbern erhobenen, dann aber zu den Aia-
bern übergegangenen F a t i m i d e n werden gestürzt von den berberischen
Almor avi den, diese wieder von den arabischen A l m o h a d e n , ihrer Dynastie
machen in Marokko 1195 die Me r iniden ein Ende, ächte Wüstenherber
vom Stamme der Zenata, und diese werden wieder im fünfzehnten
Jahrhundert von der heutigen Dynastie der S ch ür fa verdrängt. Die Geschichte
Nordafrikas erscheint besonders verworren dadurch, dass,Osten und
Westen meist gesonderte Reiche bildeten, in denen die Bewegungen nicht
immer parallel liefen. Man wird begreifen, dass die Kriege zwischen den
verschiedenen Staaten durchaus nicht immer von Eroberungssucht veranlasst
wurden; für eine Araberdynastie war es ebensogut eine Lebensfrage, dass
im Nachbarreiche kein Berber herrschte, wie umgekehrt.