Zusammenbruch der Vandalenherrschaft und der Errichtung einer
esten nrahamedanischen Regierung Zeit genug, die verhassten
Zwingburgen der Fremden aufs Gründlichste zu zerstören ;■ dass
i nen die Lust dazu heute noch nicht abhanden gekommen, haben
sie bei dem Aufstand von 1871 bewiesen. Wo sie nicht hin gelangen
könnten, wie z. B. in Karthago, fanden selbst die arabischen
Geographen des Mittelalters die Römerbauten noch völlig
erhalten. Die letzten Trümmer der Herrlichkeit schleppten erst
die Genuesen fort, als Karl V. Tunis eroberte.
Hier in Hammain Rir’ha hat wohl auch die Natur mitge-
holfep. Die Gegend ist, wie wenig andere, leichten Erdbeben
ausgesetzt; selten vergeht ein Jahr ohne eine oder die andere
schwache Erschütterung, eine natürliche Folge der Auslaugung des
Bodens durch das heisse Wasser und des Zusammenbruchs der
ausgelaugten Schichten. Zum Glück ist es aber seit Menschenge
enken immer nur bei ganz leichten Stössen geblieben; selbst
die Katastrophe von 1867, welche die westliche Metidja so furchtbar
heimsuchte, la Chiffa und Mouzaiaville ' völlig ‘zerstörte und
Bhdah schwer beschädigte, ist hier oben nicht ungewöhnlich stark
empfunden worden. Nur die eine Unannehmlichkeit haben die
häufigen Erschütterungen für das Bad, dass man keine Cisternen
anlegen kann, da ihre Gementmauern so häufig Risse bekommen,
und da die nächste Umgebung von Hammam Rir’ha durchaus kein
Trinkwasser bietet, ist die Badeverwaltung genöthigt, ein eigenes
h uhrwerk zu unterhalten, das eine Viertelstunde weitaus dem am
anderen Abhang des Berges gelegenen kleinen Kolonistendorf das
frische Wasser herbeiholt.
Die warmen Quellen von Aquae Calidae sind nie ganz verlassen
gewesen; die Kabylen haben zwar eine .gleiche Abscheu'
vor warmem wie vor kaltem Wasser, aber1 der Araber liebt warme
Bader sehr und immer wurden ein paar Bassins unterhalten, in
deren warmen Fluthen die an Rheumatismus oder an alten
Wunden Leidenden Genesung suchten und fanden. Sie hatten
sogar weiter unterhalb ein eigenes Becken eingerichtet, in welchem
auch das liebe Vieh der Wohlthat eines warmen Bades theilhaftig
werden konnte. Nach arabischer Ansicht hat ein frommer Marabut,
■ Sidi Sl iman, die Quellen hervorsprudeln lassen: erbeschützt
sie auch heute noch und hält unter der Erde zweitausend gespenstische
Kameele, welche das zur Heizung nöthige Holz her-
' beischaffen müssen. Kein Araber besucht das Bad, ohne dem
Heiligen seine Verehrung1 zu bezeigen. Auch die Franzosen
wurden schon frühzeitig auf die Heilwirkung des Bades gegen
Rheumatismus und Fieberkachexie, die beiden schlimmsten Geissein
ihrer Armee, aufmerksam und errichteten eine Militärbadeanstalt
sofort, nachdem Milianab und die westliche Metidja definitiv
in ihren Händen waren. Das Bain militaire, einige Minuten abseits
vom Hotel im dichten Baumschatten gelegen, besteht aus
drei um einen Hof gruppirten Gebäuden und enthält Raum für
40 45 Personen; seine Piscinen werden durch eine eigene Quelle
gespeist; es wird alljährlich am 15. April eröffnet, im Winter ist
es nur von einem verheiratheten Unteroffizier bewohnt. Die ausgezeichneten
Heilerfolge veranlassen aueh manchen Kolonisten,
den die Fieber der Metidja nicht losliessen, hier oben Hülfe
zu suchen und so entstand das alte Bad, dessen Becken bei
meiner Anwesenheit auch den Hotelgästen noch dienen musste,
da die Badeanlagen im Hotel selbst noch nicht ganz fertig waren.
Es liegt etwas unterhalb der neuen Anlage und besteht aus zwei
im einfachsten maurischen Styl gehaltenen Höfen, um die herum
sich einstöckige Häuser gruppiren. Die Badeeinrichtungen sind
ausgezeichnet. Man badet in geräumigen Bassins, deren Wasser
fortwährend erneuert wird; die Wassermenge ist so gewaltig,
dass sie selbst bei grösser Erequenz ausreicht. Es ist ein Bassin
für Männer und eins für Frauen vorhanden; an sie schliessen
sich Schwitzsäle durch das warme Wasser geheizt. In den Bassins
ist die Temperatur ungewöhnlich hoch, 48-—49° C. und das mag
nicht wenig zu den günstigen Wirkungen beitragen, die man
selbst bei garfz veralteten Rheumatismen beobachtet. Während
der Gebadete in Decken gehüllt, im Schwitzsaal transpirirt, werden
seine Kleider in einem durch das warme Wasser geheizten Metall-
gefässe durchwärmt, so dass er selbst im Winter bei rauher
Witterung ohne Furcht vor Erkältung den Baderaum verlassen
kann. Für die Araber und die eingeborenen Juden, die trotz
Emanzipation und französischem Bürgerrecht in vielen Beziehungen
noch ächte Araber geblieben sind, hat man natürlich ein eigenes
Bad, das sogar von einer besonderen Quelle gespeist wird; auch
hier sind es nicht religiöse Vorurtheile, die' zur Absonderung
bewegen, sondern lediglich allein die verschiedenen Ansichten über
Pediculus vestimenti.