grossen Skorpione*), von denen es nach der gewöhnlichen Annahme
auch in den Häusern von Biskra wimmeln soll. Das ist
nun freilich nicht so schlimm, höchstens in den Ruinen von Alt-
Biskra mag,er sich eingenistet haben, aber in der umgebenden
Wüste ist er unter Steinen und Büschen durchaus nicht selten.
Es sind starke,'flinke, wehrhafte Burschen, 5—6" lang’, den einen,
der in einer alten Konservenbüchse lebend gebracht wurde, wollte
ich, wie die kleineren, mit der Pincette in das Spiritusglas bringen,
aber er riss sich los und wir mussten schliesslich die Feuerzange
holen, um ihn in Sicherheit zu bringen; er rumorte noch stundenlang
im Spiritus herum. Auch ein paar Vipern konnte ich er- '
werben, die der Kellner in Gläsern lebendig hatte, und am Abend
führte mir mein gutes Glück noch eine sehr hübsche und ziemlich
vollständige Sammlung aller um Biskra vorkommenden Reptilien
in die Hände. Wir gingen nämlich am Abend aus, um die Hauptmerkwürdigkeit
von Biskra zu sehen, den Tanz der Nailyas. Die
Araber vom Stamme der Oul e d Nayl schicken schon seit
Jahrhunderten im schroffsten Gegensatz zu allen arabischen Sitten
ihre Töchter, sobald sie erwachsen sind, nach Biskra, damit
sie sic'h dort als Almehs, als Tänzerinnen in den Cafés, Geld
verdienen. Es is t: das eine der auffallendsten Erscheinungen in
der arabischen Welt; sollte der Brauch nicht seine Wurzel in
vorislamitischen Ueberlieferungen haben**)? In Biskra bewohnen
die Nailyas eine eigene Strasse; hat eine Geld genug verdient, so
geht sie nach Hause und wird durch eine andere ersetzt. In
ihrem bunten Aufputz und reichen Silberschmuck, der von einer
Generation auf die andere forterbt, sind sie eine malerische Staffage
für das Strassenleben des »Paris der Sahara«. Wir kamen' aber
zu spät, um ihr Tanzen, mit dem es ohnehin nicht mehr weit
her sein soll, zu sehen; die französische Sittenpolizei hat auch
*) Der Wüstenskorpion ist nicht, wie gewöhnlich behauptet wird,
schwarz,, sondern lichtbraun; man hört zwar immer auch vön schwarzen
Skorpionen sprechen, die viel gefährlicher seien, doch gesehen hat sie
Niemand, auch unser Kellner trotz eifrigen Sammelns nie. Der Stich ist
schmerzhaft und von unangenehmen Entzündungen begleitet, aber in Biskra
wenigstens nur unter besonderen Bedingungen tödtlich.
**) Gewöhnlich wird die Armuth der Ouled Nayl als Ursache angegeben;
das ist schwerlich richtig, denn dieser Stamm gehört zu den bedeutenderen
der algerischen Sahara und sein Gebiet erstreckt sich von Bou Saada und
dem Südwestrand der Hodna bis zum Dschebel Amour.
in der Wüste schärfere Saiten aufgezogen und das Tanzen nach neun
Uhr Abends, verboten. Auf dem Rückweg geriethen wir in den
Bazar des Herrn F ischer , eines Deutschen aus Sarlouis, der aber
schon als kleiner Junge herübergekommen ist und sein Deutsch so
ziemlich vergessen hat. Hier fand ich die erwähnte Reptiliensammlung
und ausserdem eine Menge anderer naturhistorischer
und ethnographischer Gegenstände, die letzteren nicht so elegant,
wie in den Bazars von Algier, dafür aber unzweifelhaft ächt, dabei
die Preise durchaus nicht übertrieben. Von besonderem Interesse
waren mir Waffen der Tuareg, Lanzen und die eigenthümlichen
Dolche mit gestickter Scheide, die sie auf dem linken Vorderarm
tragen, und der Flittertand, mit welchem sich die Oasenbewohnerinnen
behängen.
So war meine naturwissenschaftliche Ausbeute von dem einen
Tage in einer Saharaoase doch nicht allzugering. Von noch
grösserem Interesse war aber, was ich nicht gefunden. Biskra
liegt bekanntlich am Westende der grossen Einsenkung, welche
sich vom Golf von Gabes durch das. Gebiet der Schotts längs des
Südrandes der Aurès erstreckt und neuerdings in Folge des
Roudai re-Les seps’schen Projektes, aus ihr ein Mer intér ieur
zu schaffen, so viel von sich reden machte. Die Oasen des Ziban
liegen allerdings nicht mehr unter dem Spiegel des Mittelmeers,
Biskra sogar noch 112 m darüber, aber sie gehören in das
Senkungsgebiet und müssten die Küstenländer des Tritonsgolfes
gebildet haben, wenn ein solcher im offenen Zusammenhang mit
dem Mittelmeer in früheren Zeiten existirte. Darum ist die Schneckenfauna
im Stande, einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser vielbestrittenen
Frage zu liefern. Bestand hier früher einmal wirklich
ein bedeutenderer Golf, und nicht nur ein ausgedehnter Binnensee,
in dessen Brakwasser sich nur die gemeine Herzmuschel erhalten
konnte, so mussten in seinem Küstenumfang sich bèstimmt
auch die Schneckenarten, besonders die Helix aus der Gruppe
Xerophila finden, welche man allenthalben im ganzen Umfang des
Mittelmeeres beobachtet. Das war aber keineswegs der Fall ;
die drei Arten, die ich antraf, gehörten nicht zur mittelmeerischen
Strandfauna und damit sinkt der Tritonsgolf für mich wenigstens
zu einem ausgedehnten Schott herab, welchen der Ouëd Biskra,
der Ouëd Djedi und die nach Norden fliesseucien Gewässer aus
den Hoggar-Bergen speisten und welcher vermuthlich einen Aus