den Transsaharien von Aflreville aus nach Laghouat zu führen
und Medeah mit einer Zweigbahn von dort herüber abzufinden.
Wir brauchten zu den 32 Kilometern von der Bahn herauf
über fünf gute Stunden, und acht Uhr war längst vorüber, als
das raschere Rollen des Wagens uns anzeigte, dass wir den Kamm
erreicht. Von da nach Medeah sind es nur noch zwei Kilometer
und in wenigen Minuten fuhren wir durch das Festungsthor und
hielten auf dem geräumigen Platz. Medeah erfreut sich eines
sehr guten Hotels, aber auch es war überfüllt und wir mussten
uns mit einem so winzigen Zimmerchen begnügen, dass ich am
anderen Morgen auf den Balkon hinaustreten musste, damit meine
Prau Toilette machen konnte. So blieben wir am 11. April nicht
länger als wir mussten im Zimmer und der Thau lag noch überall
im Grase, als wir zum nächsten Thore hinausgingen, um den be-'
rühmten Aussichtspunkt Us c h e b e l Da k l a zu besteigen. Das
ist von hier aus kein sonderlich beschwerliches Unternehmen,
denn wenn dieser Berg auch von der Metidscha aus gesehen
sich mit 1068 m Meereshöhe ganz stattlich präsentirt, so erscheint
er natürlich von Medeah aus, dessen letzte Häuser 950 m hoch
liegen, nur als ein unbedeutender Hügel. Nur die Ermittelung
des eigentlichen Aussichtspunktes bot Schwierigkeiten, denn der
ganze Abhang nördlich der Stadt heisst Dakla*) und hat keinerlei
vorspringende Höhe, und im Hotel konnte man uns nichts Genaueres
sagen. ' Das machte mir übrigens keine Sorgen, da der
Blick von allen Punkten des Kammes gleich prachtvoll und umfassend
sein musste, und wir folgten auf Gerathewohl dem nächsten
Weg bergan. Als wären wir in der Heimath, so grünten und
blühten hier Kirschen, Birnen und Pflaumen; die Ulmen, Silberpappeln
und italienischen Pappeln an der Strasse trieben eben
ihre ersten Blätter aus; Weissdorn, Hainbuche und Geissblatt,
welche mit blühenden Quittenbüschen die Hecken bildeten, waren
nicht weiter vor als bei uns um dieselbe Zeit, und unter ihnen versteckten
sich, wie in Deutschland, der Scharbock (Ficaria ranuncu-
loides) und die doldenblüthige Vogelmilch (Orniihogalum umbellatum).
Verschwunden sind die Charakterpflanzen der südlichen. Zone,
Kaktus und Aloe, nur die Feige gedeiht auch noch hier oben,
aber sie steht noch laublos, kaum dass die Knospen schwellen.
*) So wurde mir wenigstens in Me'deah gesagt; hach der Generalstabskarte
heisst der Kamm aber Nador und nur eine kleine Spitze Dakla.
Blumige Naturwiesen' erfüllen die feuchteren Einsenkungen, ein
ungewohnter Anblick im Süden. Es war prachtvoll klar, die
Sonne schien warm, die Vögel jubilirten; wie bei uns im Mai.
Eine wunderbare Aussicht thut sich auf, sobald man zum Thore
hinaustritt; vom Zaccar und dem Ouar ansenis an umfängt ein
' Bergkranz in weitem Halbkreis das nach Süden hin sich langsam
abdachende Plateau von Medeah, aber im ganzen Ring
springt keine einzige charakteristische Spitze vor, an der das
. Auge haften könnte; es ist eben keine Bergkette, sondern nur der
Rand der höheren Plateaustufe, nur kaum erkennbar da gekerbt,
wo der Scheliff über ihn herabkommt. In der Nähe bedecken,
soweit das Auge reicht, Weinberge den Boden; Medeah ist die
beste Lage in Algerien, noch besser als Maskara, und sein weisser
Wein i s t s e l b s t an Ort und Stelle nicht b i l l i g .
Wir folgten einem Saumpfad, der. früher die einzige Verbindung
mit der Ebepe darstellte und von den Eingeborenen
heute noch der bequemen Chaussee vorgezogen wird. Der Boden
ist ein mergeliger Sandstein, tür unsre specielle Liebhaberei so
ungünstig als möglich, aber an Käfern und' Schmetterlingen
machten wir eine befriedigende Ernte, besonders als wir die mit
niederem Buschwald bedeckte Höhe erreichten. Wir hatten offenbar
nicht den richtigen Weg eingeschlagen, denn nach jeder
Biegung traten neue Höhen auf, aber für den sammelnden Naturforscher
hat das Nichts zu sagen, er findet überall zu thun. Als
wir den steilen Abhang nach Norden erreicht hatten,' lag uns
gerade gegenüber die Schlucht zwischen ihren zwei gleich gewaltigen
Thorpfeilern, dem Beni Sa l ah und dem Mouzai ’a,
und das Auge konnte zwischen diesen hindurch bis zum Sahel
schweifen, aber für eine umfassende Fernsicht waren wir offenbar
zu weit westlich. Die Rücksicht auf den Magen Hieb uns wieder
zur Stadt zurück; statt des Pfades folgten wir einem reizenden
einsamen Wiesengründchen zwischen den bebuschten Höhen,
das uns rasch auf eine Strasse hinunter brachte. Kein Mensch
war uns auf der ganzen Tour begegnet, von grösseren Thieren
auch nur eine Schildkröte,*) die durch irgend einen unglücklichen
\ *") Testudo mauritanioa Dum. et Bib. (pusilla Shaw), arabisch Fakroun,
kabylisch lfker bu akal, marokkanisch-berberisch Del baal, beide Namen
Landschildkröte bedeutend im Gegensatz zu lfker bu aman resp. Del maa,
den Wasserschildkröten (Testudo lutaria und Emys leprosa).