Berge sind meist noch ziemlich hübsch bewachsen. Hier beginnt
das grosse Korkeichengebiet, das ö r-~ o ' sich bis tief nach Tunis hinein
erstreckt, dem Zoologen interessant als die einzige Gegend in
Nordafrika, in welcher Hirsch und Damhirsch Vorkommen. Sie
sind schwerlich dort einheimisch und noch weniger Zeugen eines
alten Landzusammenhangs mit Italien, wie manche Zoogeographen
annehmen, sondern wahrscheinlich durch irgend einen Jagdliebhaber
unter den Mauren angesiedelt, und zwar, der Art des Edelhirsches
nach zu schliessen, von der Insel Korsika. *)
Das Meer, das wir nun durchfahren, war länge das Hauptproduktionsfeld
der Edelkoralle' und Jahrhunderte lang dasGe-
biet einer lebhaften Fischerei, die Hunderte von Booten beschäftigte.
Seit unter den ersten römischen Kaisern der Gebrauch der rothen
Koralle als Schmuck und noch mehr alsAmulet gegen den
bösen Blick aufkam, wurden hier an der Steilküste die schönsten
der rothen Polypenstöcke gefischt; die Alten, wandten schon genau
dieselbe Maschine an, die heute noch üblich ist, ein Holzkreuz
mit daran befestigtem Netz, in welches die von den .unterseeischen
Klippen losgerissenen Korallen fallen. Die Umgebung Von la
Calle galt immer für den reichsten Fundort, obschon man Korallen
längs der ganzen nordafrikanischen’ Küste* ap geeigneten Stellen
findet. **) Die Ausbeutung des Meeres blieb nicht lange in den
Händen-der Mauren; schon im fünfzehnten Jahrhundert sind’ die
Fischer ausschliesslich Katalanen und Pro ventralen, und wenn auch
die Angabe, dass schon 1390 Louis de Clermont , Duc de
phische Terminologie, wie zahlreiche andere französische für Küstenformen,
welche an der deutschen Küste fehlen und darum keine Benennung in unsrer.
Sprache haken.
*) Plinius stellt das Vorkommen des Hirsches in Nordafrika direkt
in Abrede. Ueher die Identität des Hirsches von la Calle mit Gervus ela-
phus subsp. corsicus cfr. Forsyth Mayor, die Tyrrhenis, in Kosmos Bd. 13'.
**) Die Tiefe, in welcher gefischt wird, ist eine sehr wechselnde; bei.
la Calle findet man die besten Korallen in einer Tiefe von 120—200 m und
einer Entfernung von 5—20 Seemeilen von der Küste; am Kap Rosa in
160 m und 7—60 Meilen; diese gelten für die' besten; bei Tabarka'in 150 m
und 10—12 Meilen Küstenahstand; um la Galita in 100—160 m und 7—8
Meilen Abstand; vor Bone in 120—150 m und 6—12 Meilen, am Cap de
Fer und längs des Edough bis Bougie schon in 20 — 70 m und bis nahe ans
Gestade heran. Es hängt das ganz davon ab, in welcher Tiefe die Edelkoralle
ihre geeigneten Anheftungsplätze, senkrechte oder überhängende Felswände,
antrifft.
Bourbon das Monopol von den e.gyptischen Sultanen erworben
habe, sehr der Bestätigung bedarf, so ist doch sicher, dass Henri IV.
es von Sultan Mur ad erwarb und dass von da bis 1794 das
Monopol im Namen der französischen Regierung ausgeübt wurde,
die Umgebung von Tabarka ausgenommen. Ihren Höhepunkt
erreichte die Ausbeute in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
unter der Compagnie' d’Afrique, aber schon 1784, wo
Desfontaines*) uns eine genaue Schilderung gibt, klagte man
über Erschöpfung der überfischten ßänke und wenige Jahre später
konnte man kaum noch Korallen genug auftreiben, um die dem
Dey von Algier in Natura zu liefernden zwei Kisten (ä 120 Pf.)
auszuwählen. Die Fischerei würde aufgegeben worden sein auch
ohne die Vernichtung des Monopols durch die Revolution. Die
napoleonischen Kriege und die Zerstörung der französischen Marine
schafften den Korallen für einige Zeit Ruhe; nach dem Frieden
erwiesen sich die Bänke wieder reich besetzt, aber die Korallenfischerei
wollte trotz dem nicht recht wieder in Flor kommen.
Vor Allem schienen die Proven^alen, die früher die meisten Boote
gestellt, sich der Hochseefischerei ganz entwöhnt zu haben und
in Marseille war die Korallen Verarbeitung, eine Hauptiüdustrie in
früheren Jahren, durch den. zwei Jahrzehnte dauernden Mangel
an Rohstoff völlig ausgestorben. Aber auch die Korsen und die
Neapolitaner und Siciliäner machten keine glänzenden Geschäfte;
die ewigen Händel zwischen dem Dey und trankreich unterbrachen
die Fischerei mehrmals, die Mode war ungünstig und die Kriege
im Orient störten den Absatz. In 1817, wo die regelrechte Ausbeutung
zum ersten Mal wieder begann, kamen noch 306 Boote;
aber eine unvernünftige Besteuerung ,(200 Piaster das Boot) und
die Chicanen gegen die Italiener reduzirten die Zahl bald auf
die Hälfte. Binnen Kurzem sah man sich genöthigt die Vorschrift,
dass nur Franzosen auf den Booten verwendet werden dürften,
fallen zu lassen; man versuchte es mit Steuerfreiheit, mit Vergünstigungen
bezüglich des Militärdienstes, aber umsonst; die pro-
ventjalischen Fischer fanden zu Ha/use besseren Verdienst, als bei
der immer einem Hazardspiel gleichenden Korallensucherei**)
*) PeysSonel et Desfontaines, Voyag.es dans les Regences de Tunis et
d’Alger. Paris 1838. -
**) Die Fischerei findet immer auf Betheiligung am Ertrag statt. Der
Ertrag wird nach uralter Sitte in P21/* Antheile getheilt; davon erhält 4