Dschurdschura, dessen Hauptgipfel, der Tamgout (Pik) der Lella
Kadidscha, sich gerade gegenüber zu 2308 m erhebt, erstreckt.
Wir stiegen zu dem Dorfe empor, doch schienen die Bewohner
alle, draussen im Felde und es gelang uns nicht, in eins der
Hauser hineinzukommen. Von der Höhe, wo uns buntfarbige
Geier umflogen, hatte mim eine ausgedehnte, Fernsicht über das
kahle, wenig fruchtbare Hochland und das Berglabyrinth dahinter,
durch welches nur der schmale Spalt des Eisenthores dem Oued
Mek h l a o u , der bei Beni Mansour mündet, und der Heerstrasse
den Durchgang gestattet. Nur mit Bewilligung der anwohnenden
Kabylenstämme konnten jdie türkischen Truppen diesen Engpass
passiren; die Franzosen haben ihn 1839 unter dem Herzog von
Or leans zum ersten Male durchzogen und eine Inschrift erinnert
an diese »Heldenthat«, die in einem eigenen' Werke beschrieben
ist und die ganz unblutig verlief, weil die Kabylen damals mit
den Franzosen in Frieden lebten und nicht daran dachten, ihnen
den Weg zu verlegen. Von der Höhe stiegen wir wieder ins
Thal hinab, das auch hier nur noch eine flache Rinne mit steilen
Rändern ist. Hier waren prachtvolle Feigenbäume angepflanzt,
der Hauptreichthum der Kabylen, denen eine Handyoll getrock-
neter Feigen gar oft zum Mahl ^genügen muss. Die Feige wird
darum sorgsamst gepflegt, man pflanzt sie selbst noch an Stellen,
die am steilen Hang kaum zugänglich sind, und in der grossen
Kabylie sollen Feigenpflanzungen Vorkommen, zu denen die Eigentüm
e r sich an Stricken herablassen. Wie in,allen Ländern deren
-Bewohner die Feigenzucht von den Phöniziern überkommen haben
hält auch der Kabyle die Kaprifikation (thadoukkarth) für unbedingt
nöthig zur Erzielung guter Feigen und hängt vom Beginn
des Sommers an alle 14 Tage eine Anzahl- Früchte des wilden
eigenbaumes an die Aeste des zahmen, immer vier zu einem Kranz
vereinigt, damit die ausschlüpfenden Insekten {Gynips psenesL.) die
leigen anstechen, süsser werden lassen und ihr Abfallen verhindern.
Sie glauben, an die Notwendigkeit dieses Verfahrens trotz
der guten Resultate, welche die französischen Kolonisten ohne
dasselbe erzielen, so fest, dass sie gern die nicht unbeträchtlichen
Kosten daran wenden und D u k k a r (wilde Feigen) von den
Stammen kaufen, welche darin einmal das Renomme haben. Bei
manchen Stämmen besteht für jeden Bürger die Verpflichtung,
jährlich eine bestimmte. Anzahl von Feigenbäumen anzupflanzen.’
Auf den dürreren Stellen des Abhangs waren Oelbäume gepflanzt,
und unter ihnen machten wir eine ziemlich reiche Ausbeute
an kleinen Schnecken, unbekümmert um die Löwen, die
nach übereinstimmenden Berichten unserer sämmtlichen alsreri-
sehen Bekannten hier so gemein sein sollten, wie die Hasen,
und um die Panther, die hier wirklich noch nicht selten sind.
Wurden doch in derselben Woche, in welcher wir Beni Mansour
passirteu, zwei besonders grosse Panther hier erlegt. Den einen
tödtete ein kabylischer Schäfer mit seiner Flissa, dem langen
Messer, das jeder Kabyle trägt. Er weidete seine Heerde nahe
einem dicken Gebüsch, als ein Panther herausstürzte und über
seinen Hund herfiel. Die Kabylen halten auf ihre zottigen Spitzhunde
sehr viel und gehen oft weit, um sich Junge von der
ächten Rasse zu verschaffen. Der Hirt sprang darum ohne Besinnen
seinem getreuen Gefährten zur Hülfe; der Panther richtete
sich auf und fasste den Mann mit den Vordertatzen am Kopf,
aber ehe er ihm das dicke Kopftuch abreissen konnte, hatte ihm
der Kabyle unter der linken Pranke durch die Flissa ins Herz
gestossen. Das Thier war sofort" todt und der Hirt blieb voll--
kommen unbeschädigt, ein Glück das beim Kampfe mit einem
Panther sehr ungewöhnlich ist. Der zweite Panther war ein besonders
starkes Exemplar, das mehrere Monate lang die Gegend
in Schrecken versetzte und nicht nur die Heerden draussen deci-
mirte; sondern ganz gegen die sonstige Gewohnheit der Panther
auch in die Dörfer kam, so dass sich Niemand Abends vor die
Thüre wagte. Endlich gelang es sein Versteck aufzuspüren und
als die Versuche ihn auszuräuchern erfolglos blieben, entschloss
sich ein Franzose, dem Thier direkt zu Leibe zu gehen. Dick
mit Tüchern umwickelt, so dass er sich kaum noch rühren konnte,
kroch er, die Büchse voran, in die Höhle^ bis er die glühenden
Augen des Unthieres, das wiithend fauchte, aber den unheimlichen
Eindringling doch nicht anzugreifen wagte, dicht vor sich
sah, und tödtete den Panther aus nächster Nähe mit einer
Kugel.*)
*) Nach dem officiellen Bericht wurden in 1881 noch 71, in 1882 48
Panther erlegt, an Löwen im ersteren Jahre 1 männlicher und 5 weibliche,
im zweiten 3 Löwen und 1 Löwin. Alle Löwen wurden in der Provinz
Konstantine erlegt, von den Panthern 12 in der Provinz Oran, 44 in Algier,
63 in Konstantine. Für eine Hyäne werden 5 Fcs. Schussgeld gezahlt und