(vergl. p. 155). Hier an der einzigen Quelle zwischen Batna und
Ain Mlila war immer eine bedeutende Ansiedelung; dass sie als
ein uralter Kultursitz angesehen wurde, beweist der Umstand, dass
ganz in der Nähe die Könige der Numider ihr Erbbegräbniss
hatten und den Medrassen, das Seitenstück zum Grab der Christin
bei Koleah, erbauten. Auch die französische Regierung hat hier
ein Kolonistendorf angelegt, aber den Ansiedlern muss das Klima
nicht sonderlich gefallen haben,, denn sie sind schon im ersten
Jahre alle davongelaufen und in den zerfallenen Wohnungen
hausen nun Eingeborene.
Die Umgebung blieb eine kahle baumlose Fläche, nur hier
und da erhoben sich graugrüne Büsche aus dem niederen feinen
Gras, von lebenden Wesen war . nichts zu sehen. Die hereinbrechende
Nacht verhüllte weiterhin die Gegend und es wurde
recht unangenehm kühl, so dass -wir froh waren, als wir gegen
halb neun Uhr unser Reiseziel Bu t n a erreichten.
Am anderen Morgen zeigte der Thermometer 8° C. und die
Wolken lagen so tief, dass wir die prachtvollen Berge der Umgebung
nicht erkennen konnten. Trotzdem entschlossen wir uns zu einem
Besuch des nahen Dambessa, wohin kleine Omnibusse zu billigem
Preis den Verkehr vermitteln. Eine ausgezeichnete Strasse führt
in fast schnurgerader Richtung dahin, aber sie war im Anfang
kaum passirbar, so fürchterlich hatte es am Tage vorher geregnet.
Doch die Sohne des Südens trocknet rasch und ehe wir das zehn
Kilometer entfernte Dorf erreicht hatten, waren die Spuren des
Regens fast verschwunden. Wir fuhren durch die Militärvorstadt
und an dem hier ganz isolirt liegenden, durch eine eigenthümliche
Moschee ausgezeichneten Village arabe vorbei, durch eine fruchtbare,
langsam ansteigende Thalebene, deren Gerstenfelder leider
nicht so sorgsam gepflegt waren, wie man hätte erwarten sollen;
vielfach waren sie offenbar wieder in den Händen der Eingeborenen,
die europäischen Fermen standen Verfällen, auf ihren Höfen machten
sich schwarze Araberzelte breit und die angepflanzten Oelbäume
verkamen. Zur Rechten traten bald steil abfallende bewaldete
Höhen, die letzten Ausläufer der Aures, an den Weg heran, zur
Linken dehnten sich kahle niedere Hügel, mit eigenthümlichen
senkrecht abfallenden Felsenbänken gekrönt. Die Strasse läuft
gerade auf das Thor des riesigen Zuchthauses los, das Napoleon III.
hier für die Opfer des Staatsstreiches bauen li'ess. Gegenüber
liegt ein ausgedehnter, ausgezeichnet gepflegter Garten mit
prächtigen Obstbäumen und hinter demselben erhebt sich die
mächtige Ruine des Prätoriums_ der Römerstadt,Lambaesis.
Es ist eine merkwürdige Erscheinung, dass die Berber, die
sonst überall die Römerbauten bis auf den Grund zerstörten, gerade
hier eine ganze Anzahl Gebäude unbeschädigt haben stehen
lassen. Dieselbe Thatsache tritt uns in Tebessa entgegen, aber dort
erhielt sich immer ein neutraler Marktplatz für den Handel zwischen
den Bergbewohnern uud den Stämmen der Hochebene und die
Stadt wurde niemals zerstört, während Lambaesis nach dem Abzug
der dritten römischen Legion völlig verlassen worden zu sein scheint
und schon bei Procopius nicht mehr j genannt wird. Vielleicht
hielten sich gerade hier die romanisirten Eingeborenen, deren
Spuren in den Aures sich heute noch nachweisen lassen. *) Auch
auf dem ganzen Hochplateau- am Nordfuss der Aures, das durch
die befestigte Linie Lambaesis -Theveste gegen die Bergstämme geschützt
wurde, sind die römischen Ruinen besser erhalten und liegen
sie zahlreicher beisammen, als irgendwo sonst in Algerien. Heute
ist das ganze Gebiet Steppe, der Weidegrund für die Heerden
einiger Araberstämme. Im Alterthum war es reich bevölkertes
Kulturland, und diese Veränderung wird gewöhnlich als Beweis
dafür angeführt, dass das Klima in Nordafrika sich in historischer -
Zeit verschlechtert habe. Mir scheint das kaum beweisend. Wir
wissen durch Procop, dass alle die Auresthäler zur künstlichen
Bewässerung eingerichtet waren. Als der Patricius S a lomon
mit seiner Armee die Maurnsier in den Aures bekämpfte, lagerte
er in dem Thale des Abigas **), das ganz trocken erschien, weil
die Maurusier das Wasser in die verschiedenen Bewässerungsgräben
vertheitt hatten. In der Nacht schlossen diese aber die
Schleussen und leiteten das ganze Wasser in das Lager der Römer,
*) Nach Masqueray (in Bullet. - Soc. Geogr. (6) T. NIL) nennen sich
von den Aurtsstämmen die Menäa, Nära und Abdi heute noch Roumänia,
Römer und bezeichnen die Tagoust, die el Arbäa und die Bon Zina als
Berber-, sie rühmen sich der Abstammung von einem Rumi Burchi, der sich
den Arabern nicht unterworfen, und .haben noch mancherlei christliche Gebräuche
erhalten, während sie sich um den Koran wenig bekümmern.
**) Masqueray sucht diesen in dem Oued Taga; die Beschreibung des
Prokop ist mit der Localität -nur schwer in Einklang zu bringen, und es
ist ganz unsicher, welchen Theil 'der Aures er mit seinem Mons Aurasius
meint; M. vermuthet sogar, dass er zwei verschiedene Lokalitäten so bezeichne.