den Deux Jumelles und selbst bis zu den Bergen am Meeresstrand.
Das Felsenband setzte sich auch in die Schlucht hinein
fort, aber es war schmal und vom Regen schlüpfrig, und da wir
nicht wussten, ob wir nach der anderen Seite hin einen Auson anoc
finden würden, und ein sturmartiger Wind den Spalt herunterpfiff,
zogen wir es doch vor umzudrehen und auf dem Weg, auf
dem wir gekommen, zurückzukehren. Später-erfuhren wir, dass,
wer schwindelfrei ist, unbedenklich der Wand entlang nach der
Brücke gehen kann und dort einen Ausgang findet. Unsere Ausbeute
war übrigens soJ reichlich, dass wir beide wirklich schwer
daran zu tragen hatten.
Der achte Mai eröffnete wieder mit gediegenem Regen und
+ 90 R. Die Araber wickelten sich in ihre dicksten Burnusse, die
Franzosen holten die Winterüb erzieh er wieder hervor und die
Stiefelwichser, welche vor unserem Haus ihr Hauptquartier aufgeschlagen
hatten, erwärmten sich, indem sie sich um ein grosses
Fass balgten und sich abwechselnd darin spazieren rollten. In-
dess, ganze Regentage sind in Algerien selten, gegen elf Uhr
hellte es sich wieder auf und wir konnten eine neue Exkursion
wagen. Diesmal gingen wir nach der anderen Seite. Die Rue
• nat ionale schneidet hier quer durch die alte Maurenstadt; sie
ist an der grössen Moschee vorbeigeführt worden und da diese
nicht ganz dicht an der Strasse stand, hat man eine Façade davor
gestellt, die ein paar Läden enthält und zu dem ehrwürdigen
Bau der D j emä a Ke b i r , die selbst wieder auf den Ruinen einer
christlichen Kirche und eines heidnischen Konkordiatempels steht,
schlecht passt. Freilich, die ganze Strasse stimmt zum umgebenden
Häusergewirr durchaus nicht besser. Sie mündet oben
auf die Pl a c e Nemour s , welche direkt an dem Thore liegt;
an ihr befinden sich die eleganten Haupthötels, das Theater und
die Markthalle. Durch die P o r t ^ d e l a brèc he tritt man
hinaus auf die Landenge, welche Konstantine mit den Höhen von
Koudiat Ati verbindet. Hier sind hübsche Gartenanlagen, die
sogenannte P l a c e Val lée, und in der Hälfte rechts vom Thor
befindet sich das Museum von Konstantine, in dem eine Anzahl
unbedeutender Skulpturwerke und Inschriftensteine, die kümmerlichen
Ueberreste der römischen Hauptstadt Cirta, unter freiem
Himmel aufgestellt sind. Gerade der Umstand, der Konstantine
in allen Völkerstürmen vor der Vernichtung geschützt hat, seine
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für einen Herrensitz wie geschaffene feste Lage an dem Punkte,
wo die Strassen vom Meer, von der Hochebene von Setif, von
der Wüste durch die Pforte von el Kantara und aus dem fruchtbaren
Numidenlande im Westen durch das Thal des Ouëd Zenati
zusammenlaufen, wo immer ein wichtiges Handelsemporium bestehen
musste, hat die Erhaltung von Alterthümern fast unmöglich
gemacht ; auf den Ruinen siedelte sich sofort wieder neues
Leben an und bei dem beschränkten Raum blieb nie auch nur
der kleinste Raum unbenützt. Allerdings haben auch noch nie
-systematische Nachgrabungen stattgefunden; die neuen Strassen-
anlagen haben ergeben, dass der untere Theil der Stadt auf hoch-
angehäuften Trümmern steht, und in der Tiefe liegt vielleicht
noch manches werthvolle Denkmal aus Römerzeit verborgen.
Jenseits um den Hügel von Ko u d i a t -At i herum gruppirt
sich, nur von Europäern bewohnt, die Vorstadt St. Antoine, die
jeden Tag an Ausdehnung gewinnt. Von hier laufen verschiedene
Verbindungsstrassen nach dem Inneren aus. Wir steigen
rechts Vom Thore auf einer steilen Traversé hinab durch das
Village nègre, das interessante, wenn auch nicht appetitliche Einblicke
in das Leben der verkommenen Araber und der untersten
Klassen der Europäer bietet, die mit ihnen gemeinsam von den
Abfällen der Stadt eine kümmerliche Existenz fristen, nach einer
grossartigen Kunstmühle, mo u l in L a v i e , und folgen dann einem
schmalen Pfad, welcher dem Fuss des Stadtfelsens, zum Theil in
ihn eingehauen, entlang läuft. Wir kommen an einem Tunnel
vorbei, durch welchen das schmutzige übelriechende Rummelwasser
zur Mühle geleitet ist; wenig weiter durchbricht auch der Pfad
die Nordspitze des Felsens in einem kurzen Tunnel, und beim
Heraustreten stehen wir zu unserer Ueberraschung in der Rummelschlucht,
gerade an ihrem Ausgang. Unmittelbar von unserem
Standpunkt aus steigt der Felsen viele Hundert Fuss hoch senkrecht
zur Kasbah empor; nicht minder hoch ragt gegenüber die
Felsenecke des Sidi Mecid, auf der wir gestern gestanden, und
zwischen diesen beiden Riesen-Thorpfeilern öffnet sich die schaurige
Kluft, in welcher sich in geringer Entfernung ein natürlicher
Felsenbogen von einem Ufer zum anderen spannt. Vor uns liegt
eine horizontale Felsenplatte; das wenige Wasser, das die Mühle
dem Rumfiiel übrig gelassen hat, füllt nur einige schmale Rinnen
und stürzt dann in mächtigem Sprunge über eine senkrechte