Zimmer zur Verfügung standen, einige Schwierigkeit, aber schliesslich
kamen wir alle unter; ich musste mich allerdings mit zwei
zusammengelegten Haifamatten (Stuoje) begnügen, aber es schlief
sich ganz gut darauf.
Der Officier brach schon ganz früh am ändern Morgen auf,
um nach Biserta zu reiten; er war nach Porto Farina gekommen,
um eine Quantität Pulver zu übernehmen, das — ächt tunisisch —
seit Bey Hamudas Zeiten im Arsenal lag und längst verdorben
war ; er hatte es zum Theil ins Wasser werfen, zum Theil nach
Biserta schaffen lassen, wo es bei dem bevorstehenden Ramadan
verpufft werden sollte. Auch wir brachen ziemlich früh auf und
stiegen, während die Maler Studienobjekte suchten und der Rest
der Gesellschaft sich dem Naturgenüsse ergab, die steilen Höhen
hinauf, welche sich dicht hinter dem Dorfe erheben. Nur ein
schmaler Raum bleibt für die Gärten der Einwohner, aber die-1-
selben sind ganz aussergewöhnlich sorgsam gepflegt. Besonders
sind die Bäume überall in derselben Art behandelt. Man sucht
auf jede Weise ein buschartiges Wachsthum z.u erzeugen, damit
der Boden beschattet und der Stamm der direkten Einwirkung
der Sonnenstrahlen entzogen wird. Gezogen wurden Süssäpfel,
dann Moscatel l i , eine köstliche kleine Birne, deren Früchte,
am Ende der Zweige in Büscheln sitzen; P r uni , eine mittelgrosse
blaue Pflaume mit am Kern haftendem Fleisch, und Susini, eine
delikate Kirschpflaume, etwas kleiner als die bei uns unter dem
Namen türkische Kirsche gezogene Varietät. Die Hauptfrucht
bilden aber die .Mandeln — die Bäume lässt man nicht allzu alt
werden, sondern verjüngt sie von Zeit zu Zeit durch Abschneiden
völlig und die Feigen; die kolossale Büsche bilden, aber leider
noch keine reifen Früchte hätten. Am eigenthümlichsten sahen
die Karruben (Johannisbrodbäume) aus. Während man sie sonst
überall, wo ich sie noch gesehen, zu hochstämmigen eichenartigen
Bäumen erwachsen lässt und nur innen ausschneidet, damit die
Luft freien Zutritt in die Krone hat, zieht man hier die untersten
Aeste zu wunderbarer Länge, biegt sie auf den Boden hinab und
lässt sie von dort aus langsam in die Höhe steigen, so dass jeder
einzelne Baum einen kolossalen Raum bedeckt. Die Bäume sahen
sämmtlich ausgezeichnet aus, nirgends ein Aststummel, nirgends
Harzfluss, die gewöhnliche Krankheit des Steinobstes im Süden;
jeder verrieth die stetige Sorgfalt eines tüchtigen -Gärtners und
eine sichere, zielbewusste Schnittmethode, welche sich für diese
Gegenden offenbar viel besser eignet, als die französische, deren
schädliche Wirkung ich so oft in Algerien gesehen. Ich fragte
Mosca, der selbst einen schönen gutgehaltenen Obstgarten besass,
wer diesen Schnitt eingeführt habe, aber er erwiderte mir, dass
derselbe seit alter Zeit hier üblich sei. Offenbar handelt es sich
entweder um eine Ueberlieferung aus alter Kulturzeit, aber dann
wäre es unbegreiflich, warum dieselbe sich nur in Nordtunis erhalten;
oder die spanischen Mauren haben sie drüben ausgebildet
und bei ihrer Vertreibung mit herüber gebracht.' Zieht man ja
wenigstens in der Huerta von Valencia, wo das maurische Element
sich am reinsten erhalten hat, die Orangen heute noch genau
in derselben Weise*),.
Unter den Fruchtbäumen hatte man überall Mohn gepflanzt,
aus dem man ein Opium gewinnt, das im Bazar Zu Tunis hoch
geschätzt wird. Die Methode ist dieselbe, wie in Syrien. Man
macht ein paar Tage nach dem Abfallen der Blüthenblätter Einschnitte
in die junge Kapsel, schabt den austretenden und rasch
eintrocknehden Milchsaft mit einem stumpfen Messer ab und
knetet ihn auf einem Mohnblatt zu Kügelchen zusammen. Das
Opiumrauchen ist in Tunisien wie im ganzen Westen wenig verbreitet;
der Araber zieht den rascher berauschenden Hanf vor.
Die Gartenzone von Porto Farina ist nur ganz schmal; schon
kurz hinter dem Dorfe beginnt der steile Abhang, doch hat man
auch an diesem noch Bäume gepflanzt, wo es möglich war. Die
Vegetation am Hang war fast verdorrt; nur in einer Schlucht hing
an den Felsen eine wunderschön blühende, mir leider unbekannte
Schlingpflanze, fast wie eine Passiflora aussehend, ich hatte sie
auch schon in Südspanien beobachtet. Die Insektenfauna war
sehr arm; von Schmetterlingen trieb sich nur der Distelfalter in
unendlicher Anzahl herum, von Käfern fand ich ausser der unvermeidlichen
Cetonia nur zwei bunte Meloe, von Schneckefl Leu-
cochroa candidissima, zwei oder drei kleine Xerophila, -einige
Ferussacien und die sonst in Nordafrika fehlende Glamilia virgata.
*) Ich hahe früher manchmal darüber gelacht, wenn meine Mitbürger
in Schwanheim mir versicherten, dass auf unsrem. Sandboden die Aepfel-
bäume nur dann gediehen, wenn die Krone den Stamm gegfen die Mittagssonne
schütze; in Porto Farina hahe ich die Richtigkeit dieser alten Regel
verstehen lernen.