schon Sorge machte, wie wir wohl über den Fluss kommen würden^
denn die Quelle ist ein achtes Bas el - ain, ein Flusshaupt, wo
gleich' ein starker Bach aus der Erde herauskommt, und bei Ouled
Rhamoun hatten Wir Wasser genug gesehen. Ein Bahnarbeiter
wies uns .auf einen schmalen Pfad in dem brusthohen Unkraut,
zwischen dem nur einzelne Weizenähren andeuteten,' dass hier eiogentlieh
ein bestellter Acker sei. Wir kamen an das schmale Flqssbett
und — fanden es vollkommen trocken; allem Anschein nach war hier
auch seit geraumer Zeit kein Wasser geflossen, trotz der Regengüsse
der letzten Wochen. Das ging über mein Begriffsvermögen,
ich wusste damals noch nicht, dass der Bon Merzoug insofern
ein äusserst komischer Fluss ist, als er nicht, wie andere ordentliche
Flüsse, seine Quelle am Anfang h a t , sondern in der Mitte
seines Laufes. So entspringt er also ganz richtig, wie der Kellner
gesagt hatte, zwölf Kilometer oberhalb el Guerrah in einer sumpfigen
Wiese, aber das Wasser verschwindet bald wieder und
der Fluss wird zum trocknen Ravin, bis eine gute Stunde unterhalb
der Station die mächtige Quelle aus einem Seitenthal hinzukommt
, die man allgemein die Quelle des Bou Merzoug nennt
und die stark -genug is t, um alsbald Mühlen zu treiben; (die
Alten erwähnen sie unter dem Namen Ainpsaga). Das hatte
mir aber bis dahin Niemand sagen können; erst auf der Rückfahrt
bemerkten wir die grüne Senkung, aus welcher die Quelle kommt,
und überzeugten uns, dass sie in Folge der starken Biegungen,
welche das Thal macht, in höchstens einer Stunde von el Guerrah
aus zu erreichen sein würde. Von den unfreundlichen Wirths-
leuten im Restaurant war das aber nicht zu erfahren og ewesen,’
und so verbrachten wir noch ein paar ziemlich unerquickliche
Stunden auf dem sonndurchglühten Kalkplateau der rechten
Thalseite, das sich, einer provencalischen Garrigue an Dürre nicht
nachstehend, stundenweit bis zum Fusse der nächsten Berge hinzog.
So weit das Auge reichte, sah mau nur weissgraue rundliche
Kalkblöcke , mit nur ganz spärlicher Grasvegetation dazwischen,
nur in den Senkungen hier und da ein kümmerlicher Dornbusch.
Im Winter finden die Schafheerden hier spärliche Nahrung, im
Sommer ist das ganze, sich viele Stunden weit erstreckende'Kalkgebiet
verlassen. Dass dasselbe trotzdem ein hohes Interesse bietet,
weil es schon in uralter Zeit den Bewohnern der ganzen Umgegend
als Friedhof diente, dass Dolmens zu Tausenden in kaum
einer halben Stunde Entfernung von el Guerrah stehen , wusste
ich damals noch,nicht, sonst hätten wir die paar Stunden, die
uns bis zum Abgang des Abendzuges noch übrig blieben, fruchtbringender
angewandt.
Auf der Heimfahrt konnten wir uns recht überzeugen, wie
furchtbar schädlich dem Ackerbau hier die Disteln werden. Die
anderen Unkräuter der Brachfelder mäht man ab und macht sie
zu Heu, aber die Distel rührt das Yieh nicht an, und auf Araberfeldern
, die ungejätet bleiben, nimmt eine Art mit artischo-
kenartigem Blatt oft den halben Raum ein. Sie hatte jetzt gerade
abgeblüht und ihr Saamen erfüllte die Luft, er fliegt stundenweit,
keimt auf den steinigsten Hängen, und so ist die Plage seihst,
auf den. sorgsamst bewirthschafteten Fermen nicht auszurotten.
Dafür sieht man hier um Konstantine von den drei Hauptplagen
Westalgeriens den Dent du Chien nur einzeln, die Zwergpalme
und die Meerzwiebel aber gar nicht, und so ist das Anroden viel
leichter als in den anderen Provinzen.
Die Stadt Konstantine liegt gewissermassen auf der Grenze
zwischen dem fruchtbaren und unfruchtbaren Theil ihrer Provinz.
Was nördlich nach dem Meere hin liegt, sind fruchtbare Thäler,
zu allen Arten Kultur vorzüglich geeignet, was nach Süden, trägt
den Charakter der Hochplateaus im schlimmen Sinne und wird,
wenige fruchtbare Einsenkungen und die Thäler der Aures ausgenommen,
wohl noch lange Zeit der Viehzucht und den Nomaden
überlassen bleiben müssen.
Vierzehntes Kapitel.
In des Teufels Küche.
Unsrem Reiseplane gemäss wollten wir von Konstantine zunächst
nach Batna und Biskra gehen, und in gewöhnlichen
Jahren wäre es jetzt schon ein wenig spät dafür gewesen. Aber
wir hatten Freund Petersen versprochen, die Tour mit ihm zusammen
zu machen, und als am 12. Mai ein Brief von ihm kam,
der sein Kommen erst für den 24. Mai anmeldete, mussten wir
unseren Plan ändern und beschlossen, erst die Tour über Ham-
mam Me*skhoutin nach Guelma und Bone zu machen und
über Phillippeville zurückzukehren; die Bahnverbindung macht
18