des Rumme l , und es treten wieder Gerstenfelder auf. Sie gehören
den Abd en Nour, die bis zum letzten Apfstand noma-
disirend umherzogen. Nun hat man ihnen "aber die besten Weide-
gründe konfiscirt und so haben sie sich entschlossen, das Nomadenleben
aufzugeben und Ackerbau zu treiben. Ihrem Vieh haben
sie Gurbis nach Berberweise erbaut, sie selbst wohnen aber nach
ihrer Vätersitte in den daneben' aufgeschlagenen Zelten. Unverkennbar
hat der Stamm, obschon er sich für rein arabisch hält,
viel Berberblut in seinen Adern, das nun die Oberhand bekommt!
Nur das erklärt den freiwilligen Uebergang zur sesshaften Lebensweise,
der sonst in Algerien ohne Beispiel ist.
Auf der Hochebene treten nun einzelne isolirte Kalkberge
auf; an einem derselben, dem Sidi Br ah im, soll der arabischen
Tradition nach eine Enscheidungsschlacht zwischen Arabern, und
Christen geschlagen worden sein. Gleich darauf bemerkt man die
kühngeformte Masse' des N i f - e n - S s e r ,' des Adlerschnabels. Das
Thal wird deutlicher und tiefer, und mit el Guer rah , wo die
Bahn nach Batna abzweigt, beginnt wieder die europäische Kultur.
Durch das sumpfige Wiesenthal des BouMe r zoug geht es nun
abwärts,- zwischen kahlen Felshängen hin, welche denen von Setif
völlig gleichen. Einen merkwürdigen Eindruck machen die Getreidefelder,
die mit gelbem Ackersenf oder einem ähnlichen
Kreuzblüthler so dicht überzogen sind, dass man von den Aehren
keine Spur sieht. Man ist eben daran, ihn auszuraufen und als
Viehfutter zu trocknen, aber wo das schon geschehen ist, erscheinen
die Felder durch den in Unmasse blühenden Ackermohn
wie prachtvolle Blumenbeete. Ein schlimmeres und leider sehr
häufiges Unkraut ist eine Distel, deren grosse Blätter die Fruchthalme
nicht aufkommen lassen, so dass jeder Stock eine Lücke im
Felde/bildet. »
Je mehr man sich Konstantine nähert, um so besser wird
das Feld, um so europäischer die Gegend, auf den Wiesen wird
Heu gemacht, wie in Deutschland, auch die Brachäcker hat man
stellenweise abgemäht und die getrockneten Unkräuter in hohen
Haufen aufgeschichtet; man sieht, dass man in einem Gebiete ist,
in dem die Kolonisation schon länger arbeitet; Landhäuser mit
Obst- und Zierbäumen treten auf, ein paar blühende stadtartige
Dörfer, dann biegen wir in da^ Thal des Rumme l ein und vor
uns wird auf einem niedren Plateau zwischen zwei Höhen unser
Reiseziel sichtbar, von hier aus durchaus nicht so hochliegend,
wie wir erwarteten. Das Thal wird enger und senkt sich unter
das Niveau der Bahn; wir überschreiten auf hoher Brücke ein
Nebenflüsschen,, aber nun verhüllt die rasch hereinbrechende
Dämmerung Alles und als wir wenige Minuten später in den Bahnhof
von Konstantine einlaufen, sehen wir schon die, dicht neben
uns zur Linken liegende Rummelschlucht kaum mehr, .und kennen
nur noch die Gasbeleuchtung der gegenüberliegenden Stadt bewundern.
Dreizehntes Kapitel.
K o n stan tin e .
Man hatte uns in Algier das Hotel de 1’ Ancre d ’ Espe-
rance als gut und billig empfohlen. Als wir nach demselben fragten, "
zuckten die Herren Kutscher der vornehmen Hötelomnibus die
Achseln und wollten nichts davon wissen, aber der Kondukteur
des Stadtomnibus lud uns ein nur ruhig einzusteigen, er fahre vorbei,
und setzte uns auch nach kurzer Fahrt am richtigen Ort ab. Wir
sahen zwar auf den ersten Blick, dass das Hotel dritten oder
vierten Ranges sei, aber das uns angebotene Zimmer war hübsch,
Betten und Essen gut und die Bedienung sehr freundlich , und
die Preise erinnerten an die glücklichen Zeiten, da wir in Italien
»al pittore« gereist waren. Das fiel ins Gewicht, denn in Konstantine
mussten wir für einige Wochen unser Quartier behalten,
und Bougie wie Kerata hatten die Reisekasse ungebührlich
strapazirt. Als wir am anderen Morgen ans Fenster traten, waren
wir sogar mit unserem Quartier sehr zufrieden , denn es bot uns
ganz freie Aussicht, nur die Strasse trennte uns von der Rummelschlucht,
gerade gegenüber lag der Bahnhof und dahinter erhoben
sich, mit Militärgebäuden gekrönt, die bewaldeten Höhen von
Mansour ah und des Ds c hebe l Sidi Mecid. Dutzende von
bunten Aasgeiern schwebten in der Schlucht auf und ab und
kamen unseren Fenstern ganz nahe; sie haben hier'ganz sichere
Nistplätze und finden durch die Abfälle der Gerbereien reichliche
Nahrung.
Für den Morgen war an keine Exkursion zu denken , denn
‘es regnete gründlich , war auch recht unfreundlich kalt. Nachmittags
besserte sich das Wetter aber etwas und wir konnten