hundert Schritte weiter zu gehen, dann fällt die Strassenböschung
nach aussen steil ab und man hat die' Aussicht so schön, wie
man sie an dem ganzen Sahel nur finden kann. ..
Folgt man der Strasse weiter, so gelangt man in das Bois
de Boulogne, ein ziemlich ausgedehntes, von Wegen durchschnittenes
Gehölz aus allen möglichen Koniferen, Akazien u. dgl.
Auch hier zeigt ' sich leider dieselbe bedauerliche VernachlässiOg ungOaus
Mangel an Mitteln und auch an Raum; von den ursprünglich
angepflanzten 400 Arten (nach Tchihatcheff) ist kaum noch ein
Drittel übrig. Wenig weiter erreicht man bei der 1834 errichteten
Gedenksäule (Colonne Voirol) mit 210 m Meereshöhe den
höchsten Punkt der Strasse und kann von hier aus entweder nach
el Biar hinüber oder durch den Ravin des Oued-Khrenis nach
Birmandrais und Hussein Dey hinabsteigen.
Einen interessanteren Einblick in die abgelegeneren Theile
des Sahel bot mir ein Spaziergang, den ich am 20. März nach
dem kulminirenden Punkte des Sahel, dem Dorfe Bouzarea,
machte. Vor dem Thore Bab el Oued gelangt man in das Dörfchen
Cite Bugeaud, das fast ganz von Spaniern bewohnt scheint,
denen das Fuhrwesen und die Pferdewartung in Algier ausschliesslich
zufällt; die Bewohner sind ausschliesslich Hufschmiede und
Wagenbauer. Dann folgt der Weg einem engen Thal, durch
welches ein schwacher Wasserfaden vom Berge herabrinnt. Noch'
vor 25 Jahren war es ein respektabler Bach, der eine ganze Anw
zahl Mühlen trieb und das Thal bewässerte. Damals war freilich
der Bouzarea noch bis zum Gipfel hinauf mit Korkeichen und
wilden Oliven bestanden, wie der grössere Theil des Sahel westlich
von Algier; heute ist der Wald verschwunden, die meisten
Quellen sind versiegt, die Mühlen 'sind, soweit sie nicht eingegangen,
auf Dampfkraft angewiesen und das Wasser im Ravin
reicht selbst im Frühjahr gerade nur aus, um ein paar Bassins
zu füllen, an denen Spanier und Eingeborene ihre Wäsche
reinigen. Ihr Verfahren ist höchst einfach, sie bearbeiten die
Wäsche mit den Füssen; besonders den Negern scheint das ein
ungeheures Vergnügen zu machen, sie führen förmliche Tänze
auf der Wäsche aus.
Bald hinter Cite Bugeaud verengt sich das Thal zu einer
Schlucht, aber die steilen Ränder sind bis oben hinauf kultivirt;
an jedem einigermassen zugänglichen Platz hängen die weissen
Häuschen der Spanier und Mahonesen, die sich mit Vorliebe an
einsamen, dominirenden Stellen ansiedeln ; häufig sind die Häuschen
mit Kuppeldächern versehen und gleichen' dann ganz den
maurischen Kubbahs. Hier haben sie keine besonderen Bewässerungsanlagen
nöthig, denn in geringer Tiefe findet man im Sahel
überall Wasser und jedes Grundstück hat darum seinen Brunnen
oder wenn es gross genug ist, seine von einem alten Maulthier
getriebene Noriah. Für die Wasserversorgung der Stadt Algier
ist diese Vertheilung des Gru-ndwassers 'nicht sonderlich angenehm,
denn nirgends finden sich so reiche starke Quellen wie die Flusshäupter
in den Kalkgegenden. Die Stadt leidet darum trotz der
vier noch aus türkischer Zeit stammenden Wasserleitungen im
Sommer gar nicht selten Wassermangel und es ist schon vorgekommen,
dass man einen Sous für zwej Liter Wasser zahlen
musste und es den Biskris, den professionellen Wasserträgern
polizeilich zugemessen wurde. Seit zehn Jahren plant man eine
grossartige Wasserleitung, ohne zum Ziel kommen zu können.
Zuerst wollte man die Quellen dès OuëdMokta herbeileiten, doch
erwies sich das als unausführbar, dann nahm man die Quelle des
Harrasch jenseits der Metidja in Aussicht, aber das Wasser
wurde für ungesund erklärt. Jetzt hat sich eine Aktiengesellschaft
gebildet, welche die Quellen von Bab Ali zur Stadt leiten
will; sie verlangt für das Unternehmen,’ das 5 Mill. Frs. kosten
soll, eine jährliche Subvention von 250000 Fcs. und ein Privilegium
auf 40 Jahre. Das erscheint den Vätern, der Stadt denn
doch zu hoch und so bleibt es vorläufig noch beim Alten.
Der Fusspfad, dem ich folgte, wand sich in steilem Anstieg
an den Hanos en der vielverzweiosten Schlucht hin. Das Klima
von Algier zeigte sich mir dabei von seiner Schattenseite. In der
Sonne, und an von dem Wind geschützten Stellen war es glühend
heiss, so dass ich gern den Rock abgelegt hättef und sobald ich
um die Ecke bog, blies der Wind so kalt, dass ich meine Joupe
zuknöpfte. Nicht umsonst legen die Eingeborenen den wollenen
Burnus das ganze Jahr hindurch nicht ab und ziehen" nur im
Winter noch einen zweiten darüber. Die Aussicht wurde um so
schöner je höher ich stieg und konnte stellenweise bequem die
Vergleichung mit den prachtvollsten Parthieen am Golf von Neapel
aushalten. Dicht über einem ziemlich hohen, aber selbst jetzt
nach dem ungewöhnlich regenreichen Winter sehr wasserarmen