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forscher ist das freilich kein Unglück, zwischen den Hecken, in
denen Hollunder und Weissdorn neben so manchem südländischen
Gewächs blühten, gibt es immer etwas zu sehen und zu sammeln
aber für den Spaziergänger ist es nicht sonderlich erfreulich, wenn
er èinen stundenlangen aussichtslosen Weg wieder zurückgehen muss.
von der Kasbah aus kann man durch steile enge Gässchen,
zum Theil mit Treppen, direkt zur Europäerstadthinuntersteigen; man
kommt dann schliesslich auf eine monumentale Treppenanlage,
die von der dicht hinter dem Gouvernementsplatz gelegenen
Markthalle direkt zur Kasbah emporleiten soll, aber aus Mangel
an dem nöthigen Kleingeld gegenwärtig nicht weitergeführt wird ;
einmal vollendet, wird sie eine Zierde der Stadt-werden.
Verlässt man Algier nach der südöstlichen Seite hin, durch
Bab Az o u n , so braucht man ziemlich lange, um ins Freie zu
gelangen. Zunächst hat man Mustapha zu passiren, früher eine
unbedeutende Vorstadt von Algier, heute eine selbstständige Gemeinde,
deren rasch zunehmende Bevölkerung schon über 10,000
Seelen zählt. Sie zerfällt in zwei Abtheilungen, Must apha
i n f é r i eu r , die Stadt der europäischen Arbeiter und kleinen
Gewerbtreibenden, und Mu s t a p h a s u p é r i e u r , nur aus Landhäusern
bêstehend, in denen die wohlhabenden Europäer hausen.
Dann gelangt man an, den grossen Exercierplatz, auf dem auch
von Zeit zu Zeit Pferderennen un d Fantasias abgehalten werd en ; auch
ihm eütlang ziehen sich die Häuser, welche weiterhin das Dorf
Belcour bilden. Gewissenhafte Touristen besuchen hier die
Kubbah (Grabkuppel) des Sidi boù Kobrin, des grossen Heiligen,
der és, wie verschiedene seiner christlichen Kollegen, möglich gemacht
hat, sich nach seinem Tode zu verdoppeln und an zwei
Stellen zugleich begraben zu sein. Der Heilige, sein eigentlicher
Name ist Sidi Mohamed Abd - e r -Rahman j war ein frömmer
Algeriner, der zu Anfang unseres Jahrhunderts — im Tslam
dauert ja die Zeit der Heiligen und der Wunder noch immer
hier wohnte und nicht nur zahlreiche Wunder that, sondern
auch eine religiöse Brüderschaft, einen Khouan, stiftete, die
in Algerien grosse Ausdehnung und politische Wichtigkeit erlangte
und heute noch fortbesteht. Trotz der grossen Verehrung,
die der Heilige genoss, und der Geschenke, mit denen selbst die
Deys ihn überhäuften, wurde es ihm aber schliesslich in der Nähe
der gottlosen Stadt unbehaglich, und eines schönen Tages packte
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er auf und ging; zu den Kabylen vom Stamme der Be n i I s mai
l ; die am Südabhang des Djurdjura hausen. Diese nahmen
den Gottesmann mit Jubel auf und er blieb bei ihnen in
einem armseligen Gurbi bis an sein sanftseliges Ende. Natürlich
wurde er auch dort begraben, aber das war nicht nach dem
Geschmack seiner Verehrer in Algier. Einige der frömmsten
machten sich auf und entwendeten den Leichnam, der dann mit
grossem Gepränge an seiner alten Wohnstätte begraben wurde.
Die Kabylen waren wüthend und wollten zu den Waffen greifen,
.iim ihren Heiligen wieder, zu holen, aber als sie das Grab noch
einmal betrachteten, lag der Leichnam wieder an seiner Stelle ;
er hatte sich auf wunderbare Weise verdoppelt und heisst darum
Bou Kobrin, der Mann mit den zwei Gräbern. Die Verehrung
der Araber und besonders der Kabylen für Heiligengräber kann
übrigens für die Heiligen selbst sehr verhängnissvoll werden und
macht das Spielen mit dem Aberglauben gefährlich. In Tunis
wurde mir erzählt, dass' ein geschickter Taschenspieler, ein europäischer
Jude seiner Abstammung nach, der seine Kunst benutzte,
um als Wunderthäter dieCyrenaica zu durchwandern, schliesslich,
als er sich auf keine Weise zum Bleiben bewegen lassen wollte,
von seinen feurigen Verehrern todtgeschlagen'wurde, damit ihnen
das Heiligengrab nicht entgehe.
Um die Kubbah des Bou Kobrin dehnt sich heute einer der
vornehmsten Friedhöfe Algiers, der an Freitagen sehr stark von
den Maurinnen besucht wird. Gegenüber erstreckt sich das weite'
(gebiet, auf welchem der Garten von Ham ma angelegt ist; es ist
jetzt in den Händen der Société franco-algerienne, welche den
grösseren Theil parcellirt hat und zu Bauplätzen, bis jetzt freilich
vergeblich, zu verkaufen sucht. Die Gegend mag, wie der
Name Hamma, Sumpf, an deutet, im Sommer nicht ganz fieberfrei
sein. Man hat ziemlich lange der Mauer entlang zu- gehen,
ohne einen Blick in den Garten gewinnen zu können, bis man
ein einfaches Thor erreicht, das den Eingang gestattet. Es mündet
m eine Allee prächtiger Platanen, die am 19. März eben auszutreiben
begännen. Links davon debnt sich der zu praktischen
Zwecken bestimmte Theil des Gartens aus. Hier werden alle
möglichen fremden Gewächse in grossen Mengen im freien Lande
gezogen, Palmen, Bambus, Bananen, Kasuarinen, Eukalypten,
xerner Nadelhölzer, Cypresseü, kurz vorwiegend Zierpflanzen, die