minus betrachtete er kopfschüttelnd, mi makasch sabir (mich
nicht wissen), sagte er einmal über das anderemal. Der Jüngere
legte sich lieber in den Schatten, trug mir aber treulich meinen
Schirm und meine Jupe nach. Leider war die Zeit gar zu kurz
und um elf musste ich zum Abstieg drängen. Wir stiegen zum
Kabylendorf hinab und labten uns vor allen Dingen noch einmal
an der köstlichen Buttermilch, die bei dem furchtbaren Sonnenbrand
wie Nektar schmeckte. Die Frau kam wieder und lud meine Frau
ein, mit in das Gur bi hineinzugehen und sich ein wenig auszuruhen.
Ich selbst wurde nicht aufgefordert und drängte mich
auch nicht dazu, da der Mann arabisch gekleidet und offenbar
schon ziemlich arabisirt war. Meine Frau gelangte durch die
niedere Thür in der Mauer, welche die beiden den Hof einschliessen-
den Gebäude verband, in den Hof, der aber so furchtbar schmutzig
war, dass sie wieder zurück wollte. Hier wird nämlich des
Nachts das Vieh eingesperrt, um es vor dem gar nicht seltenen
Anlas (Panther) zu schützen. Aber die Frau, zu der sich hier
noch eine nicht minder hübsche Gefährtin gesellte, hielt sie fest
und zog sie zu der gegenüberliegenden niederen Hausthüre. Durch
dieselbe trat sie halb kriechend in einen ziemlich grossen Raum,
der ohne Abtheilung das ganze Häuschen einnahm und nur durch
die Thüre seine spärliche Beleuchtung empfing. Aber im Inneren
sah es gar nicht so unwohnlich aus; der Fussboden, obschon nur
aus gestampftem, Lehm, war sauber gehalten; neben der Thür
war eine Lagerstätte, ungefähr einen Fuss über den Boden erhoben
und mit einem verzierten bunten Wollenteppich bedeckt, auf die
meine Frau alsbald genöthigt wurde. An der einen schmalen
Seite standen vier gewaltige Thongefässe, welche die Vorräthe
enthielten. Diese Jkufan (Singular akufi) sind nicht transportabel,
sondern werden an Ort und Stelle von den Frauen aus Lehm
aufgebaut und bleiben natürlich ungebrannt; sie haben trotzdem
oft sehr gefällige Formen, wie denn überhaupt die Frauen es
verstehen, aus freier Hand und ohne Drehscheibe die schönsten
Gefässe zu machen. Gegenüber an der anderen Schmalwand
stand allerhand Küchengeräthe, aber ein Feuerplatz war nicht zu
erkennen, es schien als sei man hier schon bis zur Anlage einer
eigenen Küche vorgeschritten. Auch dass für das Vieh und das
Futter schon eigenej Gebäude errichtet waren, muss als ein
grösser Fortschritt angesehen werden, denn für gewöhnlich drängt
der Kabyle seinen ganzen Haushalt unter einem Dach zusammen
und scheidet den Raum für das Vieh nur „ durch eine niedere
Mauer ab. Unser Gastfreund war offenbar in seiner Art ganz
wohlhabend. Fünf Zicklein sprangen im Hofe umher, ausserdem
ein paar ganz junge Kälber, einige ältere weideten mit ihren
Müttern und' einem Maulthier auf umhegtem Raum und ein zahlreiches
Hühnervolk trieb sich ums Haus herum. Nahe dem Eingang
war der Bienenstand,' freüich den unseren nicht sehr ähnlich.
Lange Kästen mit quadratischem Querschnitt, 4—5” im Durchmesser
und M m lang, lagen auf niederen viertürigen Gestellen,
durch ein Stück Korkrinde gegen den Regen und durch
eine Strohdecke gegen die Sonne geschützt. Sie waren nach vorn
weit offen; der Todtenkopf*) (Sphinx átropos) scheint hier nicht
so häufig zu sein wie in Sicilien, wo man ihn als Homgrauber
fürchtet und seinethalben die Fluglöcher eng macht. Unser Kabyle
erwies sich übrigens auch hier als Fortschrittsmann; seine
Bienenstöcke waren aus lauter einzelnen Rähmchen zusammengesetzt,
also zerlegbar. Sonst bestehen sie meist aus einem ausgehöhlten
Stück Holz oder auch aus langen Thonröhren oder man
verfährt noch einfacher, schält eine Korkeiche von entsprechender
Dimension und lässt die Rinde sich wieder zusammenrollen, dann
noch ein Stück Kork als Boden hinein und der Stock ist fertig.
Die Bienenzucht ist in dem übervölkerten , wenig fruchtbaren
Kabylenlande von grösser Bedeutung; es gibt Eigenthümer mit
mehr als 500 Stöcken, die. in einem eigenen Hause untergebracht
sind und 1866 — neuere Daten sind mir nicht zur Hand - zahlte
man nach Le t o u r n e u x **) allein in der durch langjährigen
Krieg entsetzlich verwüsteten grossen Kabylie schon wieder
8480 Stöcke. Das Aufsuchen wilder Stöcke und durchgegangener
Schwärme wird von einzelnen Kabylen handwerksmässig betrieben;
dieselben sind sogar so schlau, dass sie leere Bienenkörbe an
« DieSer bei uns so seltene Schmetterling tritt in Sicilien so häufig
auf dass in 1882 ein Bienenzüchter an den Fluglöchern seiner Stöc e m
einer Nacht fünfzig Stück wegfing, ein anderer 27, und dass man im September
stets die Bienenstöcke desshalb beaufsichtigt. Die ,slc' ll“ 1^ n
Bienenzüchter behaupten auch von dem Pappelschwärmer (Smennthus populi)
dass er den Honig raube. - Der Todtenkopf kommt übrigens nach dem
Schmetterlingsverzeichniss bei Letourneux in der Kabylie vor.
**) Letourneux et Hanoteau, la Kabylie et les coutumes Kabyles.
I. p. 448.'