Spanien, fürchtet man diesen Gluthwind selbst noch jenseits des
Mittelmeeres, aber charakteristischerWeise für das Wesen des
Windes nicht an den Südküsten, wo er unmittelbar auftritt, sondern
am meisten in den Gegenden, welche er erst nach Ueberschrei-
tung einer Bergkette oder eines Hochplateaus erreicht. Geradeso
fühlt man den Föhn, die Fortsetzung des Samum-Sciroccb, in
den Thälern nördlich der Alpen viel mehr als am Südabhang;
In Algerien hängt die ganze Ernte vom Scirocco ab. Scirocco
Aprile, makctseh bono (Scirocco im April ist nicht gut) sagt der
Küstenbewohner in der Lingua franca. Zum Glück sind aber
heftige Sciroccos im Frühling und Vorsommer nicht so häufig, wie
im Nachsommer, meistens dauern sie nur einen, selten über drei
Tage, und endigen-mit einem tüchtigen Regen, der den angerichteten
Schaden wieder gut macht. Mit jeder ohne Scirocco ver-
fliessenden Aprilwoche steigen die Chancen auf eine gute Ernte
und man konnte es den durch, mehrere Missjahre schwer geprüften
Kolonisten nicht übelnehmen, wenn sie jede Regenwolke mit Jubel
begriissten. Man lernt in Nordafrika begreifen, warum die Griechen
den Wüstenwind, den sie ja auch aus erster Hand, wenn auch nicht
aus Süden, söndern . aus Südost erhielten, als einen gelbgemähnten
Löwen mit offenen^ Rachen bildeten und ihm Tempel errichteten
und Opfer brachten, um seinen Zorn zu besänftigÖe -n.
Am 4. April versprach das Wetter eine dauernde Besserung
und so machten wir uns auf zu - einem Besuch der berühmten
Schluchten, durch welchen der Isser sich den Weg zum Meere
gebahnt hat. Die Tour ist jetzt ziemlich bequem geworden, da
man bis nach Me n e r v i l l e die Bahn und vqn da ab die
Diligence benutzen kann. Die Bahn, die- erste Strecke der grossen
Bahn Algier-Constantine, zweigt zwar erst bei Maison-Carree von
der nach Oran ab, aber die Züge laufen bis-Algier durch; es
sind freilich noch nicht sonderlich viele, nur zwei in jeder Richtung.
Wir fuhren gegen 7 Uhr ab. Von Maison-Carree aus
durchschnitten wir den östlichen Theil der Metidscha, nicht ihren
schlechtesten, denn die Saaten Hessen nichts zu wünschen übrig- . , __ o '
nur-hier und da hatte die Uebermenge des Wassers einigen Schaden
gethan, aber das ist im Süden nicht schlimm, ein paar Sonnen-
tage gleichen das wieder aus. Längs der Bahn scheinen einige
grössere Güter zu liegen, welche mit allen Erfordernissen der
modernen Technik betrieben werden, dampfgetriebene Centrifugalpumpen
haben die Noriah der Mauren ersetzt und selbst Dampfpflüge
sahen wir an der Arbeit. Hier lagen schon zur Türkenzeit
grössere Besitzungen (Haouch) welche die französische
Regierung im Ganzen an Konzessionäre abgegeben hat. Weiterhin
hebt sich das Terrain etwas und nun treten Reben an die Stelle
d.er Weizenfelder; man überschreitet den Oued Khemis oder wie
ihn die Kolonisten nennen den Hami s e , welcher von den Flanken
des Bou Zegsa herabkommend bei el Foundouk die Ebene betritt;
er ist hier ziemlich wasserarm, denn eine mächtige Barrage staut
ihn beim Austritt aus den Bergen auf und schafft ein kolossales
| Reservoir, das die ganze östliche Metidscha bewässern soll. Wieder
geht es hinauf auf eine flache Hochebene, die noch in arabischen
Händen, und mit einem lichten Wald hochstämmiger Eichen be- '
standen ist; sie wird beherrscht von dem kühn geformten Dschebe l
bou Zegs a, der, obschon nur 1033 m. hoch, von Algier aus viel
imposanter erscheint, als der doppelt so hohe, aber entferntere
Dschurdschura; er ist der Kulminationspunkt einer Bergkette,
welche vom Dschebel beni Hassen bei Medeah zum Meere zieht
und das Isserthal von der Metidschäebene scheidet. Dem Meere
- nahe spaltet sich dieser Zug 'in mehrere Aeste und bildet ausser
dem Thal des Hamise noch zwei kleinere Thäler, das des Oued
Boudouauou, an welchem Alma , das Kolonisationscentrum der
Gegend,-liegt und das des Oued Korso. Hier hat man zahlreiche
Familien aus Elsass-Lothringen angesiedelt und diese Kolonien
gehören zu den wenigen aus 1871, die sich erhalten haben und
gedeihen. Die Bahn schneidet die Thälchen nahe dem Meere und
bietet mehrfach reizende Durchblicke auf dasselbe; dann wendet
sie sich landein und beginnt zu steigen und sich zu winden,, so
dass der Bou Zegsa bald zur Rechten bald zur Linken erscheint.
Hier ist noch viel Land in arabischen Händen, aber längs der
Bahn liegen schon mehrere Dörfchen und zahlreiche neu gerodete
Weinberge. Nach dreistündiger Fahrt erreichen wir die Endstation
Menerville oder wie sie früher hiess und heute noch vielfach genannt
wird, Ool des B e n i Aischa.
.Dieser Punkt war immer wichtig, denn hier trennen sich die
Strassen. Die eine zieht links quer über das Isserthal hinüber und
durch die tiefe Einsenkung zwischen dem Dschurdschura und seiner
Fortsetzung, dem Mäatka, die sogenannte Ebene von Bo u r ’ni,
nach dem Fort von Tizi Ouzou und von da links nach Dellis am