treide. Sonst beläuft sich die Zahl der aufgetriebenen Hämmel
oft auf viele Tausende, und die grossen französischen Viehhändler
kommen selbst hierher, um einzukaufen oder haben in Boukhrari
ihre ständigen Agenten.*)
Bei einer Nachmittagsexkursion nach der linken Thalseite
wurden wir von einem tüchtigen liegen überrascht, der aber ähch
die ganze Schneckenwelt aus ihren Verstecken herauslockte und
uns den Beweis lieferte, dass die seltenen Arten des rechten
Thalgehänges auf dem linken nicht Vorkommen. Abends war
das Wetter sehr unfreundlich und das Kaminfeuer im Speisesaal
tha t1 recht wohl. Wir mussten es aber bald verlassen, denn zu
Ehren des Feiertags war am Abend ein solenner Ball, zum Glück
nicht unmittelbar neben unserem Zimmer, so dass die Nachtruhe
nicht weiter gestört wurde. — Auch am anderen Morgen war
es noch trübe und regnerisch, aber wir zogen trotzdem aus, um
Boghar auf seiner Höhe einen Besuch zu machen. Die Fahrstrasse
braucht über sieben Kilometer,7 um die 400 m SteiOg unOg
zu überwinden, aber gar nicht allzu steile Traversen kürzen den
Weg auf 4 km ab. Die Ebene und der untere Theil des Abhanges
sind kahl und öde, von. einzelnen Felsenbänken durchzogen,
nur mit spärlichen Büschen von Dent du Chien bewachsen;
unter ihren Wurzeln haben zahlreiche kleine Nägethiere ihre
Zuflucht gesucht. In der Nähe des Dorfes beginnen aber üppige
Weizenfelder, von Mandelhecken eingefasst, von dem Abfluss des
Dorfbrunnens reichlich, bewässert. Das Dorf liegt auf einem
Plateau, von den Militärgebäuden überragt, von zahlreichen
Fruchtbäumen überschattet; eine Art Park zieht sich zum Fort
hinauf. Man braucht gar nicht bis zur höchsten Spitze hinauf
zu steigen, schon unmittelbar vor dem Dorfe hat man die Aussicht
vor sich, um derentwillen Boghar der »Balkon des Südens«
heisst. Die hohen, oben tafelartig abgestutzten Bergketten,
welche von unten aus gesehen den Horizont nach Süden hin einfassen,
liegen tief unter uns und sind nun deutlich zu erkennen
*) Der Export von Hämraeln aus Algerien nimmt von Jahr zu Jahr
zu. In den. neun Monaten vom März bis November 1883 wurden 543,78Q
Stück ausgeführt, davon 130,036 aus der Provinz Algier, 207,307 aus Con-
stantine und 215,446 aus Oran. Das Hauptgeschäft konzentrirt sich auf 'die
Monate Mai, Juni und Anfangs Juli, wo die Hämmel durch die üppigen
Frühjahrsweiden sehr fett sind.
als der Abfall eines Plateaus, dessen Fläche sich ohne bestimmte
Grenze nach Süden- hin erstreckt, wie das Meer allmälig nach
dem Horizonte ansteigend, selbst jetzt kahl und öde, im Sommer
so abschreckend, wie irgend ein Theil der Wüste, zu welcher der
Araber ja dieses Gebiet rechnet. Am Horizont zeichnet sich
blassblau und kaum erkennbar die Kette des Dschebel Oükeit
ab, welche die Ebene der Uled Mokhtar von dem Schottbecken
und den Hügeln von Dschelfa scheidet. sZu unseren Füssen liegt
eben so öde und kahl das obere Scheliffthal, eigentlich eine weite-
Ebene, die aber' der Fluss nicht bewässern kann; sein tiefeingeschnittenes
Bett kann man auf eine geraume Strecke verfolgen.
Gegenüber liegt das weisse Boukhrari, die einzige Spur von Leben
in dieser Einöde, und hinter ihm thürmt sich ein kahler Fels-
KüoO- el über den anderen,1 bis ■ die höchsten \unserem Blick das
Weiter vor dringen sperren. Es ist eine schaurige Einöde, die sich
unter uns ausbreitet, und trotz der Grossartigkeit der Aussicht
wendet sich der Blick gern zurück auf die nächste Umgebung
und den Strandkieferwald, welcher den Rücken des Festungsberges
bedeckt. Es sind wirklich schöne Bäume; man hat sie
zur Harzgewinnung stark in Anspruch genommen, aber Pinus
maritima verträgt das ja ausgezeichnet. Gepflanzt haben die
Franzosen hier schwerlich, denn man sah alte verwetterte, selbst
mehrwipflige Stämme im Walde, sie halten nur die Ziege draussen
und das genügt. Ein bequemer Waldweg zog sich am Hang
entlang und wir folgten ihm in der Absicht, das ganze Becken
von Boghar zu umgehen und weiter vornen zum Fluss herabzu-
sfeigen, aber ein Thal nach dem anderen legte sich uns in den
Weg und schliesslich zogen wir doch vor, umzukehren und auf
demselben Weg wieder zurückzugehen.
Boghar liegt ganz ausgezeichnet für einen festen Punkt,
welcher den Wüstenstämmen den Eintritt sperren soll. Zur
Römerzeit erfüllte Usinaza, ein wenig weiter südlich gelegen,
denselben Zweck; die Ruinen sind bei dem heutigen Saneg noch
sichtbar: auf der alten Stätte hatten sich Eingeborene angesiedelt,
bis die Gründung von Boukhrari ihren Dörfern den Todes-
stoss gab. Abd el Kader hatte in seiner Citadelle bedeutende
Silos ausgraben lassen, um den von den ackerbautreibenden
Stämmen in Natura eingelieferten Fruchtzehnten aufzubewahren.
Diese eigenthümliche Methode findet sich in Nordafrika überall.