kann nicht zweifeln, dass mindestens die Wurzelstöcke in die
Zeiten der arabischen Invasion zurückreichen, denn schon die gegenwärtigen
Stämme sehen aus, als gäben sie den tausendjährigen
Saraceni bei Palermo nicht nach. — Den Untergrund bedeckten
sorgsam gehaltene Gerstenfelder, und wo eip Bächelchen vom
Gebirge herunterkam, war es aufgedämmt und zur Berieselung
verwendet. Dörfer sah man aber im Thale keine, sie hängen alle
droben in unzugänglicher Lage in den Felsen, wo sie leichter zu
vertheidigen sind und keinen guten Boden wegnehmen. Die
Bäume klettern hoch an den Abhängen hinauf, deutlich sieht
man, wo die graugrünen (Jelbäume aufhören und die dunkleren
Eichen beginnen, die ihren wissenschaftlichen Namen (Querem
ballota) von Ballut, dem Namen der essbaren Eichel im Arabischen,
tragen.
Das Thal dehnt sich zur weiten Ebene, aber die verkümmernden
Oelbäume und die von Unkraut starrenden, mit Dornbüschen
durchsetzten Felder deuten auf eingedrungene Araber, und bald
sahen wir deren Zelte. Es ist aber nur ein kleiner Stamm, der
sich freilich der Abstammung von Mohamed rühmt und dem
die Kabylen deshalb hier freiwillig ein Stück Land 'eingeräumt
haben, eine Erscheinung, die sich überall im Kabylengebiete.wiederholt.
Von den beiden Berghängen leuchten überall die weissen
Berberdorfer herab. Schnurgerade läuft die recht gut gehaltene
Strasse auf einen Bergvorsprung zu, der ein französisches Fort
trägt. Es ist Tizimalt*), einer der Posten, welche das Sahel-
thal ¿ecken, und die grosse Kabylievon der kleinen trennen, besonders
wichtig, weil hier die gangbarste Strasse vom For t Na t iona l
herüber mündet. Sie ist freilich jetzt nur ein Maulthierpfad, aber der
Ti z i - n -Che r i ä , der Pass des Gesetzes, auf dem sie den Kamm
des Dschurdschura überschreitet, ist mit 1231 m die tiefste Einsenkung
im Gebirge, und eine Strasse über ihn soll bald gebaut
werden. Ein Dorf hat sich im Schutze des Forts bereits eingenistet;
ein vom Berge herabkommender Bach gestattet reichliche
Bewässerung. Man war hier gerade mit der Vorbereitung zur
Fête, der Kirmes, beschäftigt, ein Ereigniss in diesen abgelegenen
Gegenden, wo sonst ein Tag wie der andere dahinfliesst. — Auch
weiterhin bleibt das Thal eine Ebene, an beiden Seiten von pracht-
*) Der Name wird auch Tazmalt geschrieben und ist nur die kaby-
hsche Form des arabischen Smalah, Lager.
| vollen Bergen eingefasst, und wieder läuft die Strasse schnurge-
: rade weiter, dem hohen Bergsporn zu, auf welchem unser heu-
; tiges Reiseziel, Akbou, oder wie es officiel heisst, Metz, liegt.
Wir brauchen aber reichlich zwei Stunden, bis wir an den Fuss
des-Rückens gelangen,, und eine halbe weiter, bis die Serpentinen
zur Höhe erstiegen sind.
Das Hotel du Sahel dicht am Bureau der Diligence, in
welches uns unser Kutscher wies, war zwar nicht sonderlich sap-
ber, aber gegen das in Beni Mansour doch ganz ausgezeichnet^
und schliesslich erhielten wir auch ein leidliches Zimmer in einem
Nebenhause. Zum Betrachten der Umgegend war es mittlerweile
aber schon zu spät geworden und wir mussten uns gedulden bis
zum nächsten Tage. Dieser liess sich ziemlich günstig an und
schon zeitig stiegen wir auf. steilen Traversen die Serpentinen
abschneidend ins Thal hinunter, vorbei an dem stattlichen, schlossartigen
Gebäude, in welchem der Administrateur der Commune
mixte von Akbou wohnt. Wie in den meisten Orten Inneralgeriens
bestehen hier noch eine Commune de p l e in e e x e r c i c e , die
Ansiedelung selbst umfassend und nach dem französischen Gemeindegesetz
verwaltet, und eine Commune, mixte für die Umgegend
nebeneinander. In der ersteren liegt die Vertretung ausschliesslich
in den Händen der französischen Bürger, also der Europäer
und der eingeborenen Juden, aber durch ein Gesetz vom 7. April
1884 ist auch den Mohamedanern ein Antheil gesichert, sobald
ihre Zahl hundert überschreitet; von 100—1000 erhalten sie zwei
Vertreter und weiter für jedes Tausend einen, aber die Zahl darf
nie ein Viertel der Gesammtzahl überschreiten. Wahlberechtigt
sind von Eingeborenen die.Grundbesitzer, die Pächter, die städtischen
und staatlichen Beamten und die Dekorirten, sobald sie zwei Jahre
am Ort wohnen, 25 Jahre alt sind und sich zur Eintragung in die
Wählerliste melden, wählbar alle seit drei Jahren am Ort ansässigen
Wähler und alle französichen Bürger. Die mohamedänischen
Gemeinderäthe sind den anderen völlig gleichberechtigt, ausser
bei den Wahlen des Bürgermeisters, des Beigeordneten und der
Senatoren, und sobald die muselmännische Bevölkerung zahlreich
genug ist, können sie verlangen, dass der Präfekt einen eigenen
mohamedanischen Adjunkten ernennt, dem besonders die Steuereinschätzung
und die Führung der Standesbücher zufällt. Es ist
das gewiss ein bescheidenes Mass bürgerlicher Rechte, aber selbst