Terrain sich ganz gleich zu bleiben schien, auf einmal alle
Schnecken spurlos verschwunden. Feine Splitter von Marienglas,
die zahlreich in der Sonne glänzten, lieferten uns die Erklärung;
Gyps war hier an die Stelle des kohlensauren Kalkes getreten
und die Schwefelsäure behagt den Schnecken nicht1. Die so
stumpfsinnigen, fast fühllosen Thiere sind in dieser Beziehung so
empfindlich wie die feinsten Reagentien unsrer Chemiker. Der
Boden war übrigens auch hier, trotz des vorausgegangenen Regens
dürr und kahl; in trocknen Jahren und im Sommer gibt das
Scheliffthal oberhalb Boukhrari der Wüste an Unfruchtbarkeit
nicht nach. Trotzdem hatten in dem Ravin, durch den wir nun
auf kaum erkennbarem Pfad uns nach Boukhrari hintiberwandten,
die fleissigen Berber urbar gemacht, was urbar zu machen war,
und durch rohe Barragen, einfache Dämme aus Steinen und Erde,
sogar vorübergehende Berieselung ermöglicht. Der Weizen zeigte
eine Bestockung, wie wir sie bei uns in Deutschland nicht gewohnt
sind; 15 — 20 Halme aus einer Wurzel waren keine Seltenheit.
Bei ein paar Araberzelten mit gemauertem Unterbau
der erste Grad von beginnender, Sesshaftigkeit und fast immer
eine Andeutung von Mischung mit Berbern ■— fanden wir einen
betretenen Reitweg, von dem man sogar die Steinbrocken weggeräumt
und am Abhang aufgeschichtet hatte, ein Wunder in diesem
Gebiet; freilich bildete der schmale Pfad auch eine Hauptstrasse
vom Hochplateau herüber zum Suk von Boghar. Ihm folgend gelangten
wir über einen scharfen Kamm in ein tiefes Thal mit
einigen Feigenbäumen und einem von mächtigen Silberpappeln
umstandenen Brunnen; es schied die 'Kalkformation von dem
mergeligen Sandstein, den wir seither durchwandert und seine uns
gegenüberliegende Seite war mit einer geneigten Schicht mächtiger
quaderartig zerspaltener Kalkblöcke wie mit dem regel-
mässigsten Pflaster bedeckt. Das Sandsteingebiet hatte uns zwar
keine Ausbeute geliefert, aber dafür einen hochinteressanten Einblick
geboten in die Art und Weise, wie die Verwitterung hier
schafft. AJle Berge sind von nach Norden einfallenden Schichten
gebildet, die plötzlich abbrechen und darum nach Süden senkrechte
Abstürze bilden, an denen unter dem Einfluss der glühenden
Sonne und der raschen Verdunstung die Zersetzung leichtes
Spiel hat. Oft genügte ein Stoss mit meinem Stock, um meter-
grosse Platten abzulösen, welche beim Sturz in lauter kleine
Splitter zerbrachen. Hier und da sieht man festere Blocke, die
mehr Widerstand leisten, aber sie liegen am steilen Hang ringsum
von feinem sandigen Lehm umgeben, förmlich in ihn eingebettet,
und wenn einmal ein längerer Regen diesen erweicht und auf-
queilen lässt, schiessen sie in die Tiefe und zerschellen unten.
Die Raschheit, mit welcher die neu gebildete Oberfläche immer
wieder von. der Verwitterung zerstört wird, .ist es auch, welche
keine Vegetation hier auf kommen lässt, viel mehr als die natürliche
Unfruchtbarkeit des Bodens. An der anderen-Wand des
Thaies war die Vegetation etwas reicher und Baumstümpfe und
Häuserreste bewiesen, dass es hier einmal besser ausgesehen.
Als wir den zweiten Kamm erstiegen hatten, lag Alt-Boukhrari
dicht vor uns, eine enggeschlossene Häusermasse, nur von wenigen
gewölbten Eingängen durchbrochen, wie alle die Ksors der Sahara,
bei denen es gilt sich gegen die Raubgier der Beduinen zu
schützen. In ein paar Gärten sähen wir zu unsrem Erstaunen
Palmen und Kaktus, die unten im Thal fehlen; Aloe sahen wir
auch hier nicht und die Zwergpalme war seit Medeah vollständig
verschwunden. Von der Berberstadt nach dem französischen
Städtchen unten senkt sich ein wüster muldenförmiger Abhang,
auf welchem der berühmte Montagsmarkt abgehalten wird. Schon
am vorhergehenden Tage hatten wir kleine Trupps von Arabern
mit ihren Hammelheer den von Süden her zuwandern sehen, heute
wimmelte der ganze weite Platz von Arabern und Schafen und
den Lärm hatten wir schon von weitem gehört. Trotzdem war
der Markt nur ein schwach besuchter; Juden und Christen waren
des hohen Festtages wegen ausgeblieben und deshalb wohl war
auch aus der Wüste und vom Hochplateau der Zuzug nur schwach;
wir sahen höchstens 5—6 Kameele und nur wenige Zelte waren
aufgeschlagen. Die Marktbesucher waren meist zu Esel aus der
Nachbarschaft gekommen. Frauen nahmen an dem Markttreiben
überhaupt keinen Antheil; die wenigen breitzöpfigen Saharadamen,
die mitgekommen waren, hockten regungslos seitwärts am Berg-
abhans Zum Verkaufe aufgetrieben o o waren fast nur Schafe, eine
stattliche Race, aber nicht zu den Fettschwänzen gehörend, obschon
ihr Schwanz breiter und kürzer ist, als bei unseren; die
ächten fettschwänzigen Schafe trafen wir erst weiter östlich.
Ausserdem schienen nur ein paar junge Esel- zum Verkauf bestimmt
und hier und da standen auch ein paar Säcke mit Ge