Im Ravin standen in Menge wilde Oelbäume mit deren Veredlung
man eben- gerade beschäftigt war. Es hat lange gedauert,
bis man sich dazu entschlossen hat, wie denn überhaupt die Kolonisten
in Nordafrika zur Olivenzucht wenig Neigung zeigen. Es
ist das sehr zu beklagen, nicht nur weil die Oelproduktion für
Nordafrika eine Quelle von Reichthum werden würde, sondern
auch weil Oelbäume, auf die Getreidefelder gepflanzt, die Saaten
vor der Sonnengluth und dem austrocknenden Scirocco schützen
würden. In einem sehr beachtenswerthen Artikel in der Revue
geog r aph ique i n t e r n a t i o n a l e *) macht Herr A. de Brevans
darauf aufmerksam, welchen Nutzen eine Verbindung der Olivenkultur
mit dem Getreidebau bringen würde, und nicht mit Unrecht
weist er darauf hin, dass die Aufzucht junger Palmen im
Garten zu Hamma befriedigende Resultate erst seit der Zeit gibt,
wo man Vorrichtungen getroffen hat, um die Beete gegen die
Sommersonne zu schützen. Im steinigen Apulien geben die Kalkabhänge,
an denen die Sonne sonst Alles verbrennen würde, unter
dem Dach der angepflanzten Oliven ausgezeichnete Weizenernten,
und auch in den Saharaoasen trägt der Boden im Palmenschatten
unendlich reichlicher, als in dem eben so gut bewässerten und
eigentlich fruchbareren Lande am Sig. — Auch ein anderer Vorschlag
des Herrn de Brevans dürfte Beherzigung verdienen, nämlich
der, in den Ebenen Algeriens die schädliche Wirkung des
Scirocco durch in gewissen Abständen gepflanzte, seine Richtung
quer durchschneidende Reihen Cypressen (oder Eukalypten) zu
schwächen, gerade wie man es in der Provence und der Cr au
gegenüber dem Mistral macht.
Die Veredlung der Oelbäume — der wilde Oelbaum trägt
bittere, nur als Viehfutter verwendbare Früchte ff® hat sich bei
den Kabylen von den Römerzeiten her erhalten. Das Verfahren
ist freilich unendlich roh; mit einem dickklingigen Messer wird
der 2—3 " im Durchmesser haltende Aststumpf gespalten, ■ dann
werden hüben und drüben Reiser eingesetzt und die Wunde etwas
mit Lehm verschmiert. Trotzdem ist in dem herrlichen Klima
der Erfolg absolut sicher. Früher, und im Inneren der Kabylie
ist das heute noch'so, gab es einzelne Familien, welche das
Pfropfen als frommes Werk, um Allahs willen, betrieben; sie
zogen von Dorf zu Dorf, übten ihre Kunst, und nahmen dafür
nichts an, als die kärgliche Kost. Diese Sitte -war gewiss nicht
mobamedanisch, auch nicht christlich, sondern ein Erbstück aus
uralter Heidenzeit, wo der Oelbaum wohl seinen besonderen Schutzgott
gehabt haben mag, dessen Priestern die Veredlung, das grosse
Geheimniss, das die klugen Kaufleute aus dem Osten nach Nordafrika
gebracht, oblag. Dem französischen Ansiedler ist, die
wenigen Provencalen ausgenommen, der Oelbaum fremd und so
entsehliesst er sich.nur schwer, ihn zu kultiviren. Die Regierung
hat auf die Veredlung der wilden Stämme eine Prämie gesetzt,
vielleicht geht sie noch einen Schritt weiter und folgt dem Beispiel
der Piemontesen in Sardinien: wer dort 20 000 - Oelbäume
pflanzte, erhielt den Grafenrang. Die Republik kann freilich den
Titel nicht verleihen, aber ein rothes Bändchen ins Knopfloch
thäte dieselben Dienste. Nordafrika ist wie gemacht für den genügsamen
Oelbaum; er bedarf keiner Bewässerung, behilft sich ohne
Pflege, obgleich er die auf ihn verwendete grössere Sorgfalt reichlich
lohnt, und nimmt mit dem erbärmlichsten Boden vorlieb; er bringt
alljährlich seinen Ertrag, im einen Jahr mehr, im nächsten weniger,
und da'er, wie vorhin erwähnt, ohne Schaden, ja selbst mit
Nutzen für die Unterfrucht in die Felder gepflanzt werden kann,
oder auf sonst ganz unrentablem Boden noch gedeiht, ist sein
ganzer Ertrag reiner Gewinn. Ha rdy , der ehemalige Direktor
des Garten von Hamma, nimmt an, dass in der Olivenregion
Algeriens, die bis zu 900 Meter Meereshöhe reicht, mindestens
800 Millionen Oelbäume Platz finden würden, aber ungeachtet
aller Ermuthigungen seitens der Regierung- deckt die Kolonie
noch immer nicht einmal ihren eigenen Bedarf und muss Oel
von draussen einführen. *) Ausser in der Umgebung von Tlemcen
*) Die offiziellen Listen- ergeben für 1881 eine Ausfuhr von 765 159 Frcs.,
eine Einfuhr von 1 584 000 Frcs., in 1882 dagegen, wo die Ernte geringer
war, nur eine ,Ausfuhr von 323 936 Frcs.,'eine Einfuhr von 2 109 053 Frcs.
Das ausgeführte Oel wird nur zur SeifenfabrikatioiK verwendet. Sicilien,
dessen Verhältnisse sicher nicht günstiger sind, als die Algeriens, exportirt
von den 55 000 ha., die mit Oelbäumen bepflanzt sind, obschon seine Oel-
fabrikation noch grösser Verbesserungen fähig wäre, jährlich für 20 Mill.
Franken und schätzt eine Mittelernte auf 60 Mill. Die Olive gedeiht noch
in der Sahara (in Farafra nach Ascherson, doch nicht mehr in Fessan) und
bei Tarüdant im Oued Sous (Lenz) und wurde der Tradition nach früher auch
überall am Nordrand der Sahara im heutigen Beled ul Dscherid gebaut.