habe sie seitdem als Unio Micelii und U. Medjerdae beschrieben,
— und so vergassen wir alles Missgeschick und Hessen uns sogar
durch einen tüchtigen Regen unsre gute Laune nicht verderben.
Unter Steinen war der Skorpion mit Krebsscheeren (Buthus pal-
matus), den ich seither nur einmal bei Bougie gefunden, nicht
selten; er gilt hier für sehr giftig und man wusste mir zu erzählen,
dass erst vor Kurzem ein Wegaufseher an seinem Stich
gestorben sei. Dergleichen Geschichten hört man freilich überall,
ohne dass sie bei genauerer Prüfung Stich halten.
In Algerien ist man mit der Bahnpolizei nicht allzustreng;
wir ffinffeu also ruhig durch den Tunnel und über die ver- O © _ O
schiedenen Brücken und erreichten, immer der Bahn entlang in
einer guten Stunde unser Ziel. Am Eingang eines von Süden
her mündenden Seitenthaies erhob sich eine senkrechte, vielleicht
hundert Fuss hohe Felswand, mit Moos bewachsen, wie
gemacht für eine reiche Schneckenfauna. Aber wir wurden arg
enttäuscht; nur am Fuss lebte in einzelnen Exemplaren eine
kleine, gerippte Xerophila, die vielleicht noch unbeschrieben ist
Die Vegetation bestand fast nur aus JDent du Chien, den ich hier zum
erstenmal baumartig sah und der gerade in Blüthe stand, und
dem'Wasser entlang aus Oleandern; von der Zwergpalme habe
ich im ganzen Medjerdathal keine Spur gesehen.
Drohende Regenwolken trieben uns zurück. Kurz vor der
Station trat ein die Kabylen bei der Gerstenernte beaufsichtigender
Europäer zu uns und stellte sich uns als der Besitzer einer benachbarten
Ferme vor; seiner freundlichen Einladung, ihn zu begleiten
und Nachtquartier bei ihm zu nehmen, konnten wir leider
nicht Folge geben. Hier in dem fruchtbaren Thalbecken haben
sich vier Europäer angekauft, unter ihnen auch ein Deutscher,
Hi l d e b r a n d t ; sie wohnen faber sämmtlich oben im Gebirge,
denn die Fieber des Thaies sind berüchtigt. Obendrein fehlt es
unten gänzlich an Trinkwasser; ein paar Kilometer oberhalb der
Station von Beja soll sich eine gute Quelle finden, aber sonst gelten
alle Brunnen im Medjerdathal als fiebererzeugend, und sämmtliche
Stationen werden von Tunis aus mit Wasser der Zaghouänquelle
versorgt. Es wird noch manches Menschenleben kosten bis das
fruchtbare Thal der Kultur erschlossen ist. Die Kolonisten bauen
ausschliesslich Weizen und Gerste und lassen das Land ein Jahr
ums andere brach liegen; eine Erschöpfung des Bodens ist trotz
mangelnder Düngung nicht zu verspüren, nur Regenmangel im
Frühjahr gefährdet zuweilen die Ernte.
Die Kantine am Bahnhof, obschon sehr primitiver Natur,
überhob uns glücklicherweise der Nothwendigkeit, den Ramadan
so streng zu halten, wie die Muhamedaner. Auf der Rückfahrt,
sassen ein paar Mauren mit uns im Coupee, denen man den
quälenden Hunger deutlich genug ansah; als die Sonne untergegangen
war, fragten sie mich alle fünf Minuten nach der Zeit,
und als ich ihnen endlich sagen konnte es sei 25 Minuten über
sieben, fielen die armen Kerle mit furchtbarer Gier über ihre
mitgebrachten Yorräthe her, vergassen dabei aber doch nicht, uns
vorher zum Mitessen aufzufordern.
Zu Hause fanden wir den Amra für Zaghouan, den uns Frau
Dr. Kunitz durch Herrn Konsulatssekretär Quedenau ausgewirkt
hatte, zugleich aber auch die Schreckenskunde, dass nun auch in
Marseille die Cholera ausgebrochen sei und dass Sicilien sich nicht
nur gegen Algerien, sondern auch- gegen Tunis völlig abgesperrt
habe. Da hatten wir Zeit genug vor uns und brauchten uns mit
der Fahrt nach Zaghouan nicht zu übereilen. Es war mir das
nicht unlieb, denn ich hatte die Bekanntschaft eines in Tunis-
geborenen Italieners, Don Francesco Miceli, gemacht, welcher,
ein Wunder für Tunis, eifriger Naturforscher und Sammler war
und jede Minute, die ihm seine Stellung bei der Octroierhebung
freiliess, zum Sammeln von Käfern und Amphibien verwandte.
Natürlich wäre es mir von grossem Werth gewesen ihn mitnehmen
zu können, aber dazu musste ihm ein Urlaub von ein paar Tagen
ausgewirkt werden und das hatte Schwierigkeiten. Ich wäre
schwerlich ans Ziel gekommen, wenn nicht Frau Dr. Kunitz sich
der Sache angenommen hätte; was aber in Tunis eine hübsche
Frau ernstlich will, das geschieht, noch sicherer, wie anderwärts,
und so bekam Miceli seinen dreitägigen Urlaub und wir konnten
am 2. Juli aufbrechen. Der Amra lautete auf vollständige Verpflegung,
wir versorgten uns aber trotzdem genügend mit
Proviant und besonders mit Wein; die Lektion von Porto Farina
war uns noch zu sehr in Erinnerung und was der Ramadan bedeute,
hatten wir auch schon begriffen,
Ausser Miceli schloss sich uns noch Prof. Meurer an, um
Zaghouan auf die Möglichkeit eines Sommeraufenthaltes für den
Fall, dass die Quarantäne lange dauern sollte, zu untersuchen^ und