hellte es sich auf und wir entschlossen uns eine Fahrt nach den
Grenzen der Sahara zu wagen, um,das Teil (d. h. das anbaufähige
Land) auch in der Provinz Algier kennen zu lernen. Vor
drei Jahren hatten wir auch in der Osterwoche in der Provinz
Oran eine analoge Tour bis nach Saida gemacht, die jetzige sollte
nur Gelegenheit zu vergleichenden Beobachtungen geben und
nebenbei wollte ich natürlich wieder einer Schnecke nachgehen
die sich nur um Bo g h a r findet. Dieses unser Reiseziel ist einer
der befestigten Punkte, welche Abd el Kader zurZeit seiner
höchsten Macht anlegte, um die Araber der Wüste unter seiner
Botmässigkeit zu halten. Diese, in der Wüste selbst für ihre
Landsleute von den Plateaux unerreichbar, können mit Erfolg nur
dann gefasst werden, wenn die glühende Sommersonne und der
Futtermangel sie und ihre Heerden nach den Hochebenen hinauftreiben.
Man muss dem Emir nachrühmen, dass er die Plätze
für seine befestigten Posten gut gewählt hat: Sebdou an der
grossen Handelsstrasse von Tlemcen nach dem Inneren, S a i da an
der Stelle, wo der Oued Saida den Abstieg von der Hochebene
nach der Ebene Eghriz gestattet und Boghar am Eingang des
Defiles, durch welches sich der Scheliff seinen Weg hinunter
in s Küstenland gebahnt hat. Als die Franzosen ihn niedergeworfen
hatten, konnten sie nichts besseres thun, als die Befestigungen
ausbauen, in deren Schutz sich wenigstens bei zweien —
Sebdou hat noch zu schlechte Verbindungsstrassen und liegt zu
nahe an der marokkanischen Grenze — blühende Städtchen entwickelt
haben. Boghar hat zwar noch keine Bahn, aber doch
Diligenceverbindung, und wer Lust hat kann sogar bis zur Oase
Laghouat per Diligence gelangen.
Zum drittenmal durchfuhren wir die Metidscha bis nach la
Chiffa und nahmen dort unsere Plätze in dem Interieur der
Diligence ein. Im langsamsten Trab ging es die Schlucht hinauf,
denn die Strasse steigt stark und- der Wagen war schwer beladen.
Wie schon oben erwähnt, wird die Schiffaschlucht erst
vom Affenhötel an eigentlich wirklich romantisch und grossartig.
Die Wände werden höher und felsiger, die Strasse ist fast allenthalben
in den Felsen gehauen und mindestens ein Dutzend kleiner
Wasserfälle stürzen von der Höhe herunter, davon einer stark
genug, um eine Mühle zu treiben. Es ist ein riesiges Stück
Arbeit gewesen, die Strasse hier durchzuführen, um so mehr als
das Gestein nicht, wie in der Palestroschlucht, ein fester gleich-
mässiger Kalk ist, sondern stellenweise recht bröckeliger Schiefer
Besonders an einer Stelle war früher trotz aller Sprengungen und
Schutzbauten die Passage gefährlich ; zum Glück ist aber der
»Rocher pourrie« im November 1859 zum grösseren Theile zusammengestürzt
und den Rest hat man durch Kanonenschüsse
zum Nachstürzen gebracht. Wir bedauerten unendlich, dass wir
aus dem Interieur der Diligence die einzelnen Schönheiten nicht
genugsam würdigen konnten und nahmen uns vor, auf dem
Rückweg womöglich von Médéah aus die Tour zu ^ Fuss zu
machen, ein Plan, dessen Ausführung uns leider unmöglich ge=
macht wurde.
Endlich erreicht man die Stelle, wo der Fluss sich gabelt,
und überschreitet ihn, um von nun an dem rechten Ufer der
Schiffa zu folgen. Unter ein paar einsamen Eichen, die fur
Algerien recht stattlich sind, liegt ein Forsthaus, Camp aux
c h ê n e s , wo man allenfalls auch bei Fusswanderungen em Unterkommen
finden kann. Dann erweitert sich das Thal etwas, aber
nun beginnt die Hauptsteigung nach dem gerade oberhalb der
Schlucht hängenden Médéah, das man zu Fuss rascher erreicht,
als im Wagen. Die Relaisstation Repos de St. He l e n e bestand
nur aus einer niederen Steinbaracke, aber trotzdem stand
zu unserer sehr angenehmen Ueberraschung ein gutes und billiges
Abendessen bereit,', wie wir es hier nicht gesucht hätten. Es
war mittlerweile Nacht geworden ; der volle Mond stand am
Himmel, hell genug, um die Gegend in ihren allgemeinen Zügen
erkennen zu lassen, aber umsonst suchten wir uns über die Fahrrichtung
zu orientiren; bald stand der Mond zur Rechten, bald
zur Linken, dann einmal gerade vor uns, dann wieder hinter
uns; die Strasse macht förmliche Schlingen und einmal ist man
hach Zurücklegung mehrerer Kilometer genau wieder über der
einsamen Schenke, die man eine Stunde früher passirt hat. Im
langsamsten Schneckenschritt geht es voran; hier war es trotz
allen guten Willens nicht möglich, die Strasse so zu traciren,
dass bergauf Trab gefahren werden kann, und zu stetigem Ziehen
im Schritt sind die algerischen Postpferde nicht eingerichtet.
Man hat eine Eisenbahn durch das Schiffathal projektirt, aber
wie sie da hinauf kommen soll ohne besondere Hülfsmittel, ist
mir unbegreiflich und ich glaube, man wird wohl besser thun,