einbogigen Eisenbrücke überschreiten wir den wasserreichen, wildschäumenden
Fluss, Gärten mit üppigem Grün umgeben uns
plötzlich, auf einer kleinen Ebene lagert ein Trupp Chasseurs
d’Afrique; gleich darauf halten wir vor dem von hohen Bäumen
überschatteten Hotel Bertrand, unsrem heutigen Reiseziele.
Die Mittagssonne glühte furchtbar in dem ringsumschlossenen
Becken und so wunderbar pittoresk der Anblick war, suchten wir
nach dem Frühstück doch erst ein Stündchen Ruhe im kühlen
Zimmer. Aber das seltsame Leben draussen, das wir durch die
Jalousien erkennen konnten, liess uns nicht lange rastern Hier
muss vorbei, wer von der Wüste auf die Hochebene hinauf will
und umgekehrt. Am Cal ceus He r c u l i s hatten darum schon
die Römer einen befestigten Posten und die Türken ein Bordsch,
an dessen Thoren sie das Vieh der durchpassirenden Nomaden
zählten und den Zehnten erhoben. Hier errichteten auch die
Franzosen nicht nur eine Steuerhebungsstelle, sondern auch einen
Zollposten, der von den aus der Wüste einpassirenden Karawanen
Eingangszölle erheben sollte. Das vernichtete natürlich den
ganzen Handel Konstantines mit dem( Süden; die Saharabewohner
gingen lieber nach Tripolis, wo man überdies ihnen der Sklaven
wegen nicht so genau auf die Finger sah und wo sie in den
Bazars viel leichter gerade die 'Waaren fanden, welche im Süden
gebraucht werden. Jetzt hat man das Zollamt aufgehoben und
die Douaniers, welche die Wüstengrenze abpatroullieren mussten,
in angenehmere Gegenden versetzt, aber den Handel hat man
nicht wieder in Flor bringen können. Nur die Oasen des
Z i b a n und T u g g u r t verproviantiren sich noch auf dem alten
Wege; schon Wa r g l a , obwohl französisch, gravitirt nach Tripolis
h in ; von allen algerischen Städten hat nur Tlemce n es
verstanden, sich den Karawanenhandel mit der Sahara zu erhalten.*)
Ob die Erbauung der Eisenbahn von Batna nach Biskra
darin eine Besserung schaffen wird ? Ich glaube es kaum, denn
keine Nation ist weniger geeignet, sich in ihrer Produktion den
*} Auch dort klagt man neuerdings sehr über die Abnahme des Besuches
aus Tafilalet und Tuat, lediglich in Folge einer unvernünftigen Anwendung
der französischen Vorschriften auf die an keine Autorität gewöhnten
Saharahewohner. Ehe diese ihre Waffen abgeben und sich bestimmte Lagerplätze
in umschlossenen Bäumen anweisen lassen, machen sie lieber den beschwerlichen
und unsicheren Weg über den Atlaskamm nach Marräkäsch.
Bedürfnissen, der Eingeborenen anzupassen, als die französische.
Selbst in ihrem eigenen-Besitz gewinnen ihr trotz aller officiellen
Begünstigung ( die englische und sogar ungeachtet der chauvinistischen
Hetzereien die deutsche Industrie von Jahr zu Jahr mehr
Terrain ab. In Tunis aber ist der französische Import so gering,
dass die angesiedelten Franzosen laut nach völliger Annexion
rufen, um dieser »illegitimen Ausbeutung« durch Fremde ein
Ende zu machen ; Hamburg macht trotz der so viel grösseren
Entfernung dem näheren Marseille siegreiche Konkurrenz.
Trotzdem ist Leben genug auf der Strasse. Der Oberkommandant
der algerischen Armee, Herzog DavouS t von Au e r -
s t ä d t kam mit seinem Gefolge und einer bunten Eskorte von
der Inspektion der Garnison in Biskra zurück; andere Truppen
marschirten vorüber, um die Garnisonen im Süden abzulösen und
zu verstärken ; von Biskra kamen Wägen mit Leuten, welche für
die Pfingstfeiertage eine kühlere Region aufsuchen wollten •
Araber wanderten in kleinen Trupps vorbei, Berber 'aus der Oase
boten alles Mögliche zum Verkauf an, und das Alles hielt in dem
kühlen Schatten vor dem Hôtel an und erquickte sich an dem
köstlichen frischen Wasser des Brunnens, dem diese Ansiedelung
ihre Existenz verdankt.
Unmittelbar südlich vom Hôtel erhebt sich mauerartig und
unersteiglich ein Felsenkamm. Der Oberrand, durch die Ver-
witterung eigenthümlich gezackt, schneidet scharf gegen den
Himmel ab ; keine Spur von Grün ist in den Spalten zu erkennen,
das Ganze ein Bild der furchtbarsten, trostlosesten Unfruchtbarkeit.
Wenige Schritte bringen uns vom Hôtel an seinen
Fuss und nun erst sehen wir, dass eine enge Kluft hindurchschneidet
und dem Flusse einen Ausweg gestattet.
Aber auch nur dem Fluss. Senkrecht stürzen von beiden
Seiten die Felsen in sein schäumendes Wasser hinein ab, und
schon die Römer, wenn nicht schon ihre Vorgänger, sahen sich
gezwungen, Felsen zu sprengen, um Raum für einen Pfad zu gewinnen.
Noch führt ihr Weg erkennbar zu einer Steinbrücke,
die, ein Römerwerk, - den Stürmen von achtzehn Jahrhunderten
getrotzt hat und nach einer gründlichen Reparatur durch die
Franzosen wieder] manches Jahrzehnt wird mitmachen können ;
sie hat, als die einzige ihrer Art auf viele Meilen in_ die Runde,