wir haben' oft -stundenlang zugesehen, wie sie die schönsten
Muster völlig aus freier Hand ausführten. Auch in Tunis werden
die Mauren von den Juden Schritt für Schritt zurückffedrängt, o o 1
aber doch langsamer, als in Algier. Es ist vielleicht ein Glück
für sie, dass-sie einige Jahrzehnte hindurch Zeit gehabt haben,
sich auf die Konkurrenz vorzubereiten; einzelne haben sich zu
ganz tüchtigen Geschäftsleuten ausgebildet. Gerade während wir
in Tunis waren, brachten die dortigen Zeitungen die Nachricht,
dass ein maurischer Weber den ersten Jacquardstuhl aufgestellt'
habe.
Der Tuniser Maure trägt als Ueberkleid den hemdartigen
Kaftan, den wir schon oben beschrieben (Dschobba), darunter
ein enganschliessendes Jäckchen, eine feine Weste und bauschige
Beinkleider; den Kopf bedeckt der Fes, mit dem Turban umschlungen.
Die Kleider sind meist aus feinem Stolf und reich
gestickt, die Dschobba ist bei den wohlhabenderen aus lebhaft
gefärbter Seide und reich verziert. Ein solcher Anzug kostet
einige hundert Franken und er dient meistens nur ein Jahr; wer
es einigermassen kann, kauft zum Beiram einen neuen und
schenkt den alten einem armen Verwandten oder Bekannten.
Auch darin erfüllt der Maure das Bibelwort »Wer da zween
Röcke hat etc.« getreuer und wörtlicher, als der Christ. Die
beiden Klassen, in welche sich die Tuniser Mauren früher schieden,
die ächten Ouled Tunis und die aus Spanien eingewanderten
L a n d a l u s , sind nun lange mit einander verschmolzen
und nicht mehr zu unterscheiden, wenn auch verschiedene reiche
Maurenfamilien sich heute noch der Abstammung von den Edlen
Granadas rühmen.
Die maurischen Frauen tragen sich fast genau wie die
Jüdinnen, nur weniger grellfarbig, und wenn sie ausgehen, verhüllen
sie das Gesicht mit einem schwarzen Schleier, der nur die
Augen frei lässt, und den Körper mit einem wollenen Haik. Auf
der Strasse sieht man aber für gewöhnlich nur die Frauen der
ärmeren Klassen; schon der Mittelstand hält sich ängstlich zu
Hause und die Frauen aus den besseren Ständen sieht man nur
bei ganz besonderen Gelegenheiten. Dann werfen sie noch einen
feinen gestickten Shawl über den Kopf, der bis über das Gesicht
herunterhängt und mit beiden Händen gespannt gehalten wird,
damit seine Trägerin wenigstens einen schmalen Streifen Strasse
Fig. 11. Tuniser Maurin in Haustoilette.
vor ihren Füssen sehen kann. Im Hause sollen sie, wie Frau
Dr. Kunitz versicherte, die als Gehülfin ihres Mannes mehrfach
Gelegenheit zu genaueren Beobachtungen gehabt hatte, sehr tüch