nach Einsicht der lokalen Verhältnisse nur seinen Ausführungen
anschliessen. Von einer Hebung ist nichts zu erkennen; die Fläche
bis an das Meer, obschon nun reichlich zehn Kilometer breit, ist kaum
über das Meer erhoben und ohne Zweifel nur durch Anschwemmung
gebildet; noch erkennt man mit voller Deutlichkeit
die verschiedenen Flussbetten, welche sich die Medjerda in den
letzten Jahrhunderten gegraben, und stellenweise hat sich sogar
noch Wasser darin erhalten. An der heutigen Mündung ist der
Process der Landbildung immer noch im Gang und die Schiffe
müssen weit draussen bleiben, um den neugebildeten Schlammbänken
aus dem Wege zu gehen.
Utica war dip einzige der phönicischen Kolonien, die sich
neben Karthago noch eine gewisse Selbständigkeit zu bewahren
wusste. Karthago und Utica werden bei Vertragsschlüssen immer
zusammen genannt und bis zu den punischen Kriegen hatte es
seine eigene Süfeten (Richter oder Könige). Von da an zeigt sich
eine verderbliche Rivalität; im Söldnerkrieg wurde Utica zur Unter-
thanenschaft herabgedrückt und im dritten punischen Krieg trennte
es sein Schicksal von der Hauptstadt und ergab sich den Römern.
Zum Lohn wurde es nach der Zerstörung Karthagos die Hauptstadt
der Provinz Af r ica proconsularis, aber seine Blüthe war auch
dahin. Immerhin blieb es eine bedeutende Stadt, obschon es
neben dem neuaufblühenden Karthago die. erste Stelle nicht
behaupten konnte; aber eine geschichtliche Rolle spielt es, seit
der jüngere Cato sich hier verzweifelnd den Tod gab, nicht
mehr. Wahrscheinlich begann, schon damals die Verschlammung
seiner Häfen, der Handel zog sich wieder ganz nach
Karthago und ein paar Namen in den Bichofslisten sind
Alles, was wir von Utica wissen. Im Vandalenkriege wird es
nicht genannt; 683 floh seim letzter Bischof vor den einbrechenden
Arabern übers Meer und damit verschwindet die Stadt aus
der Geschichte.
Gegen vier Uhr rüsteten wir zur Weiterfahrt. Der Majordomus,
der zusehends freundlicher gegen uns geworden war, wies
ein angebotenes Trinkgeld mit Entrüstung zurück und ebenso
jede Entschädigung für die uns überlassenen Lebensmittel; es sei
eine Schande, ihm so etwas anzubieten, da wir die Gäste seines
Herrn seien; wenn wir am Abend zurückkommen wollten, sollten
wir einen guten Kuskussu haben. Wir verabschiedeten uns also
mit herzlichem Dank und fuhren wieder hinab zur Medjerda und
dieser entlang, bis sie sich plötzlich in scharfer Biegung dem
Meere zuwendet. Dann ging es landein direkt auf Por t o
F a r i n a zu, das wir schon von Utica aus in seiner grünen Umrahmung
deutlich am Hügelabhang gegenüber liegen sahen. An
einem einsamen Brunnen mitten im Felde wurde gehalten, um die
Pferde zu tränken,, dann ging es noch eine Zeit lang durch immer
gleich kahles, ebenes Land, aber näher und näher kam das Grün,
einzelne Oelbäume traten auf, ' dann fassten Kaktushecken den
Weg ein, hinter ihnen erhoben sich einzelne Palmen. Bald umgaben
uns Gärten mit sorgsam gepflegten Fruchtbäumen, Mandeln,
Pflaumen, türkische Kirschen, Aepfel, Birnen, Feigen, alle
nach derselben Weise behandelt, wie wir bei Sessala gesehen,
aus Brunnen vermittelst Noriahs bewässert, wie in Spanien; dazwischen
Karruben f deren Aeste wie ungeheure Schlangen auf
dem Boden hinliefen. Je näher wir dem Dorfe kamen, um so
üppiger wurde die Vegetation, bis die hohen Einfassungsmauern
uns ihren Anblick' entzogen.
Durch einen kurzen überwölbten Bazar kamen wir auf den
Hauptplatz des Dorfes , wo das Erscheinen zweier Wagen, sogar
mit Damen, keine geringe Sensation hervorrief. Der Ortsvorstand
wurde .geholt und'Frau Kunitz reichte ihm den Brief von
Ben Ayet; aber der Biedermann erklärte, als er den Brief gelesen,
ganz ruhig, Ben Ayet habe hier kein Haus und habe ihm
überhaupt nichts zu befehlen; im D a r e l Bey (Regierungsgebäude)
sei aber ein französischer Officier einquartirt, er könne
also absolut nichts für uns thun. Da war guter Rath theuer.
Zum Glück hatte aber Frau Kunitz noch eine andere Empfehlung
an einen Italiener Namens Mos ca, den Verwalter der Quarantäne;
er wurde herbeigeholt und schaffte bald Rath. Zunächst
verständigten wir uns mit dem französischen Officier, einem freundlichen,
gründlich gebildeten Artilleristen, der nicht im Traume
daran dachte, die schöne Gelegenheit - zu benutzen, um die
Prussiens zu chicaniren, dann wurden Matratzen, Decken und
Kochgeschirr herbeigeschafft, ein Koch war da, und um acht Uhr
konnten wir mit dem Franzosen zusammen ein solennes Souper
veranstalten, bei welchem die Gesundheit meiner Frau, deren Geburtstag
gerade war, sogar in Champagner getrunken wurde.
Nur die Einrichtung des Nachtquartiers bot, obschon uns drei