lim. Dann lässt man ihn laufen, und er sucht alsbald seine Genossen
wieder zu erreichen. Denen aber sind die Schelle und das
ungewohnte Kostüm sehr unheimlich und anstatt den verlorenen
Sohn freundlich aufzunehmen, flüchten sie von einem Schlupfwinkel
zum anderen und verlassen schliesslich die Gegend wenigsten
für so lange, bis die Jacke in Lumpen abgefallen und die Schelle
verstummt ist. Probatum est!
Wir waren beim Gang durch die Schlucht nicht so glücklich
gewesen, einen Äffen zu erblicken. Der lebhafte Verkehr zwi-:
sehen der Eisenbahn und Medeah hat sie in- die abgelegensten
Ecken verscheucht. Zwar bot mir ein alter verwetterter Förster,
der im Schenkzimmer beim Absynth sass, — er wäre eine Prachtfigur
für Meister Grützner gewesen — an, mich an eine Stelle
der Affenschlucht zu führen, wo ich sie sicher beobachten könne,
aber ich hatte gar keine Lust mich noch einmal prellen zu lassen,
und wusste von Zoologie genug, um bei Regenwetter keinen Affen
im Freien zu- erwarten, weil dann die. empfindlichen Thiere vor
Frost schnatternd in den unzugänglichsten Felsenspalten sitzen.
Die gefangenen Affen, die Schwarz beschreibt und die ihn zu
einem Exkurs gegen die Darwinianer veranlassen, *) sind auch
nicht mehr da und so mussten wir uns mit dem allerdings ganz
niedlichen zwölfjährigen Aeffchen begnügen, das uns bediente und
auf den Namen Octavie hörte.
Zum Glück dauerte der Regen, obschon heftig, nicht allzulang,
aber das Wetter blieb so drohend, dass wir nicht wagen
durften, noch weiter in die Schlucht vorzudringen. Sehr zu unserem
Schaden, denn nicht nur begann erst von hier ab eine sehr
interessante Schnecke aufzutreten (Thäimimts Letourneuxi Bourg),
von der wir nur eine geringe Anzahl erbeuten konnten, sondern
die Schlucht wird auch, wie ich mich noch später überzeugte, erst von
hier ab wirklich grossartig und den Schilderungen entsprechend,
die gewöhnlich von ihr gemacht O O werden. Das Wetter verhinderte
f§ 1. c. p. 95. Herr Schwarz findet sogar einen' Kern von Wahrheit
in der Lehre der alten christlichen Kirchenväter, wonach der Affe nur eine
Karrikatur des Menschen ist, von dem bösen Feind geschaffen,, um den
Schöpfer nachzuahmen. E r erkennt etwas Diabolisches im Auge des Affen
und stimmt darin ganz mit frommen muhamedanischen Lehrern überein,
welche dem Affen einen furchtbaren Hass gegen Allah und seine Werke und
fortwährende listige Anschläge gegen denselben 'zuschreiben.
uns leider auch, die benachbarte Stelle zu besuchen, wo früher
ein kleiner Akklimatisationsgarten bestand und man namentlich
Versuche mit dem Chinarindenbaum und der Theestaude gemacht
hat. Sie sind natürlich längst wieder eingegangen: unter den 14
Arten exotischer Pflanzen, welche Tchih a t c h e f f von hier auf-
zälilt, finden sich weder Cinchón a noch Thea, dagegen haben sich
Acacia distycha, Deutzia gracilis, Kerria japónica, Habrothamnus
elegans und verschiedene andere erhalten. In botanischer Hinsicht
' ist der Ravin des Singes noch besonders merkwürdig durch seinen
Reichthum an Farrnkräutern, die sonst in Nordafrika nicht allzu
häufig sind; Tchi hatchef f fand von 24 überhaupt aus Algerien
bekannten Arten hier 13 beisammen.
Auf' den Heimweg mussten wir uns noch einmal in ein
spanisches Häuschen flüchten, das mit einem arabischen Kaffeehaus
zusammen am Eingang einer ganz kleinen Sei-tenschlucht
liegt. Eine ziemliche Anzahl Eingeborener hockte dort herum.
Auch ein Berber aus der Wüste kam vorbei, einen kléinen Esel
heimwärts treibend, hinter ihm gingen barfuss und unverschleiert
v zwei noch junge und nicht hässliche Frauen, ächte Oasenbewohnerinnen
mit handbreiten Zöpfen, wie wir sie später hoch manchmal
gesehen; sie kamen zutraulich zu meiner Frau und zeigien ihr mit
Stolz das Kind, das die eine im Burnus schleppte. Sie stammten
allem Anschein nach aus den Oasen um Laghouat, deren Bewohner
als unternehmende Händler durch ganz Algerien ziehen, und hatten
noch manchen beschwerlichen Tagemarsch vor sich, bis sie ihr
heimathliches Gurbi wieder erreichten.
Die Strasse war übrigens sehr belebt; nicht nur passiren jetzt
täglich zwei Diligencen in jeder Richtung, sondern wir begegneten
auch mindestens einem halben Dutzend Omnibus und zahlreichen
" schwerbeladenen Frachtwagen, oft mit sechs bis sieben Maul-
thieren bespannt, und unzähligen Arabern und Lastthieren, die
Waaren hinauf- oder hinabschleppten. Eine Eisenbahn wäre sehr
nöthig und ist auch schon mehrmals im Projekt gewesen, aber
man scheut die grossen Schwierigkeiten, welche weniger das enge
Thal als unmittelbar dahinter der steile Aufsteig nach Medeah
bietet. Zu unserer Freude holte uns, als wir schliesslich im Regen
weiter zogen, ein Fiaker ein, der noch zwei Plätze frei hatte, und
brachte uns leidlich trocken nach Blidah zurück.
Am Abend kam noch eiii Gewitter und die Nacht hindurch