Anhänger, und als 711 Graf Julian die Araber nach' Spanien
rief, waren es vorwiegend Berber, geführt von Tar ik ibn Ma-
l ik ben Zen a t i , einem Berber, wie sein Beiname ben Ze-
nati *) besagt, die über die Meerenge hinuberströmten, das Gothenreich
zertrümmerten nnd im unaufhaltsamen Siegeslaufe voranstürmten,
bis ihnen Karl Martell mit seinen Pranken auf den
Feldern von Poitiers und Tours Halt gebot.
ln der ganzen Zeit dieser ersten Invasion finden wir nirgends
eine Angabe, dass ganze Stämme in den Maghreb eindrangen,
stets sind es nur glaubenseifrige, beutegierige Krieger, die das
Land nicht kolonisiren, sondern sich begnügen, die Städte zu behaupten
und die Eingeborenen sich zinsbar zu machen. Die Berber,
so gern sie sich an den beuteversprechenden Eroberungszügen
betheiligten, trugen das fremde Joch nur sehr widerwillig, und
kaum kam die Kunde von der Niederlage im Frankenland herüber,
so erhob Mus s e r a el Medghra r i (732) die Fahne der
Empörung. Bei Tanger erlag 741 der Emir Kol tum ben Ajad
el Koscheiri den Berbern, ein Hülfsheer aus Egypten unter
Beledsch ben Baschi r wurde im selben Jahre in der Schottregion
vernichtet und 762 sehen wir das heilige Kairouan wieder
von dem Berber Abd el Malik erobert und zerstört. Noch, einmal
sandte el Mansur ein Hem-, das die »Pforte des Paradieses«
zurückgewann (767), aber wenige Jahre später finden wir die
Araber definitiv aus Nordafrika vertrieben und 788 rufen die
Berber einen Nachkommen Ali’s, Edris .ben Edr i s ben Ab dallah,
zum Chalifen Nordafrikas aus. Die Stämme in Tunis
und der Provinz Konstantine geben sich in Ibrahim ben Agh-
lab ebenfalls einen eigenen Chalifen und auch die Fat imiden,
das glänzendste Khalifengeschlecht, das seinen Sitz zuerst in
Sedjelmassa in der Sahara, dann in Tiaret auf den Hochplateaus
hatte, stützte sich trotz seiner arabischen Nationalität und seiner
Abstammung vom Propheten wesentlich auf die Berber. Mit
deren Hülfe stürzte es 909 die Aghlabiten in Constantine,
eroberte unter Führung Dschauhar s sogar Egypten, Arabien
und Syrien und zwang die widerstrebenden Araber zur Anerkennung.
Als die siegreiche Dynastie aber ihren Sitz nach Kairo
verlegte, und die Araber begünstigte, sehen wir die Berber
*) Die Bewohner von Tuat nennen sich nach Daumas heute noch
Zenata.
sich sofort wieder von ihr lossagen; sie erheben in Kairouan die
Zei riten, in Bougie und Konstantine die Hammadi ten auf den
Thron, während im Westen die Almoraviden, echte Hall-il-
Litam, Verschleierte vom Stamme der Sanhadscha *), ein mächtiges
Reich begründen.
So ist also am Ende dieser ersten Invasionsperiode der arabische
Einfluss auf Nordafrika völlig gebrochen und das arabische
Element von dem berberischen Grundstock der Bevölkerung
theils ausgestossen, theils aufgesogen. Der Islam hat über das
Christenthum triumphirt, aber er hat dgn alten Sitten mancherlei
Konzessionen machen müssen. Nur die Sprache des Korans hat
über die schrift- und literaturlose Sprache der Berber **) unbestritten
den Sieg davon getragen und ist, wie im Occident das
Latein, die Sprache der Gebildeten geworden vom: Euphrat bis
zum atlantischen Ocean. Vielleicht hat dabei die Verwandtschaft
mit dem libysch-phönizischen Dialekt, der ja für den östlichen
Maghreb die "Muttersprache geworden" war, mitgewirkt, noch mehr
aber der Umstand, dass das Kabylische dem Araber sehr schwer
fällt, während der Berber das Arabische rasch und leicht erlernt.
Die zweite Invasion, welcher die jetzige arabische Bevölkerung
Nordafrikas ihren Ursprung verdankt, beginnt mit 1050 n. Chr.
Die Khalifen in Kairo hatten nach langem Kampfe die unter dem
Namen der Karmat bekannte Konföderation der sunnitischen
Araberstämme, welche sich gegen die schiitischen Fatimiden empört,
niedergeworfen und zwei der wildesten und unbotmässigsten
Stämme, die Hi lal und die Sole im, aus Hedschas in die Wüste
zwischen dem Nil und dein rothen Meer verpflanzt. Aber dort
wurden sie den Ackerbauern des Nilthals bald sehr unbequem
und zu einer wahren Kalamität für den Beherrscher der Gläubigen,
dem schliesslich nichts übrig zu bleiben- schien als ihre Ausrottung.
Da schlug el Yazuri, der Wesir des Khalifen Abu
*) Hall-il-Litam, Leute mit dem Gesiehtsschleier, ist die gewöhnliche
Bezeichnung der Araber für die Wüstenherber, besonders die Tuareg, welche
ihr Gesicht bis zü den Augen hinauf verschleiern.
**) Bekanntlich haben von allen Berberstämmen nur die Tuareg in
der westlichen Sahara eine Schrift, von einer Literatur kann aber auch bei
diesen keine Bede sein. Daumas in seinem oft citirten Werke erwähnt
allerdings 'einer Ueberlieferung, dass es früher kabylische Bücher gegeben
habe, aber die letzten seien bei der Eroberung von Bougie durch die Spanier
zu Grunde gegangen.