Eukalypten und Strandkiefern, welche die Bahnverwaltung auf
dem ihr gehörigen breiten Landstreifen längs der Bahn hat
anpflanzen lassen, sind neben den Oelbäumen das einzige sichtbare
Grün. Längere Zeit sieht -man die Bogen der prachtvollen
Wasserleitung, dann passirt man die Trümmer einer moderneren,
die, nur aus Pise erbaut, schon wieder ganz zerfallen ist. Auf
einer Eisenbrücke geht es über dieMedjerda hinüber nach Djedeida,
dem Schlüsselpunkte des Medjerdathales; von hier gehen gegenwärtig
die Strassen nach Bizerta und nach Kef ab, welche binnen
Kurzem durch Eisenbahnen ersetzt werden sollen. Dem Fluss
entlang geht es weiter nach Tebourba, einer bedeutenden Stadt,
die mit ihren Kuppeln und Minarehs sehr romantisch aussieht;
die Häuser haben im Gegensatz zu denen in Tunis sämmtlich
Ziegeldächer. In der Nähe sieht man die Trümmer einer, grossartigen
Tuchfabrik, die, von der Regierung angelegt, die ganze
tunisische Armee versorgen sollte, aber natürlich rasch zu Grunde
ging. Im Felde stehen auffallend gewachsene Kaktus-, deren
Stengelglieder eine förmliche Krone auf einem senkrechten Stamm
bilden, wie man es nur da sieht, wo die Pflanze ganz besonders
gedeiht; ganze Felder sind mit Ricinus bedeckt, welche man hier
des ölhaltigen Samen wegen zu bauen scheint. Das Thal wird
etwas enger; nach Norden tritt eine mauerartig steil abfallende
Hügelkette bis nahe an die Bahn heran, sie erreicht in ihren
nöchsten Gipfeln, dem Dschebel Eddous und dem Dschebel
Me g u e l l a , gegen 700 m, in diesem flachen Lande immerhin
schon eine beträchtliche Höhe. Die Wasserscheide liegt allem
Anschein nach dicht am Steilhang, denn auch nicht der'kleinste
Wasserfaden rinnt der Medjerda von Norden her zu und keine
einzige Brücke ist auf der ganzen Bahnstrecke nöthig geworden.
Hinter Tebourba entfernt sich die Bahn etwas vom Flusse
und zieht über ein theils wüstes, theils mit Oelbäumen bepflanztes
Plateau, dann tritt sie wieder ans Ufer und folgt ihm bis nach
Bordsch Toum, in dessen Nähe bei Tukaber bedeutende
Römerreste sind. Bis hierhin war das Thal sowohl wie dag südwärts
sich erstreckende offene Hügelland von ansässigen Bauern,
Mischlingen und Nachkommen der alten Numiden, bewohnt gewesen,
nun beginnen die arabischen Zeltdörfer wieder und an den
spärlichen Gerstenfeldern merkt man sofort den Wechsel in der
Bevölkerung. Bei Medjez el Bab Wendet der Fluss sich fast
nach Süden, während die Bahn in langen Curven ein mit Buschwald
bedecktes Hügelland durchzieht, um das gewaltige Knie der
Medjerda abzuschneiden. Ueberall stehen weissgetünchte Kubbahs,
fast so zahlreich wie um Oran. Beim 77. Kilometer erreichen
wir ohne Tunnel die Wasserscheide und nun geht es wieder
hinunter nach Oued Zerga, wo wir den uns entgegenkommenden
Zug von Guardimaou erwarten müssep. Ein ausgedehnter Weinberg
zieht sich der Bahn entlang und in Gestalt einer bedeutenden
Ferme treten die erstenSpuren europäischer Kultur auf. Wenige
Minuten bringen uns wieder an die Medjerda und nun beginnt
ein ganz interessantes Defilé, in welchem die Bahn
den Fluss fünfmal überschreitet. Wir passiren ein paar
versprechend aussehende Felswände, dann einen Tunnel von
ca. 300 m Länge, noch eine hohe Brücke und wir sind im Bahnhof
von B e j a.
Die Station liegt einsam in dem sich hier erweiternden Med-
jerdathale, gegenüber steht eine Kantine, sonst sind keine
Menschenwohnungen zu sehen; die gleichnamige Stadt liegt zwei
gute Stunden nordwärts im Gebirge, mit der Bahn durch eine
zur Noth fahrbare Strasse verbunden, welche den Oued Beja
nahe dem Bahnhof auf einer prächtigen Quaderbrücke, einem
Römerwerk, wie eine noch erhaltene Inschrift beweist, überschreitet.
— Freund Krieger in Tunis hatte mir ein paar Zeilen
an einen Bahnbeamten mitgegeben, aber derselbe war mit dem
Zug, der .uns gebracht, weitergefahren und sein Kollege schien
keine Lust zu haben, ihn in dieser Hinsicht zu vertreten. Die
nächste Umgebung, flaches, durch die schweren Regen des letzten
Tages aufgeweichtes Feld, versprach wenig, die flachen Hügel
gegenüber noch weniger, nur in dem durchfahrenen Defilé war
einige Ausbeute zu hoffen und ihm wandten wir uns auch ohne
langes Bedenken zu. An Schnecken fehlte es übrigens nicht. Eine
zum Formenkreise der Helix cespitum gehörige Xerophile bedeckte
das Brachfeld so dicht, dass wir kaum einen Schritt thun konnten,
ohne ein paar zu zertreten, und unter den Büschen und den
Ranken der Springgurke wimmelte es von einer reizenden Form
der Hel. Gonstantinae, welche Bou rg u i g n a t als eigene Art (fleto
Fleurati) beschrieben hat und welche ich nur hier fand. Im Kies des
Bahndammes lagen zahlreiche Schalen von Flussmuscheln aus der
Medjerda, darunter zwei der Wissenschaft neue Formen — ich
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