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lassen. Die Fahrt bot auch am Tag nicht viel Interessantes, doch
sieht man noch ausgedehnte Ueberreste der antiken Wasserleitung,
» welche das Thal des Oued el Hachem überspannte : sie ist nur
eine der drei, welche der antiken Stadt das köstlichste Bergwasser
zufühlten. Die Thalsohle ist ganz leidlich bebaut, aber anscheinend
völlig unbewohnt: nur am Hügelrand hängen ein paar
Fermen; es mag hier wohl nicht allzugesund sein und die Dörfer
der Eingeborenen werden wohl verborgen in den Bergschluchten
liegen. Die Küstenberge schienen schon unter geregelter Forstverwaltung
zu stehen und trugen recht hübsche geschlossene Bestände
von Strandkiefern.*) Weiterhin aber herrschte dieselbe
unsinnige Waldverwüstung wie überall in arabischen Gegenden.
Wo sich ein höherer Kiefernstamm über'den Buschwald erhob,
stand er dürr; man hatte ihn angebrannt, um ihn zum Stürzen
zu bringen und dann seine Aeste abzuschlagen; den Stamm,
Welcher der erbärmlichen Werkzeugen der Araber spottet, lässt
man unbenutzt vermodern.
Zü r i c h erwies sich bei Tag als ein freundliches Dorf in
reicher Gartenumgebung; Ein- und Ausgang sind mit einer crene-
lirten, mit Schiessscharten versehenen Befestigung geschützt, eine
Erinnerung an die Gründungszeit, wo es stets galt vor Hadschuten
und Kabylen auf der Hut sein. Wein und Orangen nehmen die
nächste Umgebung ein, dann folgt wieder Buschwald bis nach
Marengo. Hier hatten wir eine Stunde Zeit zum Betrachten der
Merkwürdigkeiten, zogen aber vor voraüszuschlendern und etwas
zu sammeln. Interessant kann die Ebene gerade nicht genannt
werden. Vor uns lag ein schweres Wetter, hinter uns kam ein
anderes nachgerückt, und so waren wir gar nicht unzufrieden, als
der Omnibus uns noch rechtzeitig einholte. Kurz vor dem Dörf*)
Die gewöhnliche Kiefer in Nordafrika wird bald als Pinus, maritima,
bald als Pinus halepensis bezeichnet. Die Unterschiede zwischen diesen beiden
Arten sind unbedeutend und auf Cypern wächst eine Form, die von den
Botanikern bald der einen, bald der anderen zugerechnet wird; die Unterscheidung
hat also keinen sonderlichen Werth. Beide Varietäten sind für
die Viederaufforstung der Mittelmeerländer vom grössten Werth, da sie mit
dem magersten Felsboden vorlieb nehmen und schon in der ersten Jugend
eine giosse Unempfindlichkeit gegen Hitze und Dürre zeigen und nur'im
ersten Jahre ^einige Pflege verlangen. Sie vertragen übrigens nicht einen so
geschlossenen Stand, wie unsere Kiefer und erwachsen-nur ausnahmsweise
zu geraden Stämmen.
chen Ain el Anidur begann es tüchtig zu-giessen; ein Ruf des
Kutschers und im rasenden Galopp stürmten die Pferde den Berg
hinauf ins Dorf/ wo wir einigen Schutz fanden. Zum Glück
dauerte der Regen nicht lang und wir kamen ohne weiteres Abenteuer
nach el Affroun. Hier hatten wir diesmal nur dreiviertel
Stunden Aufenthalt, aber vor der Abfahrt sollten wir einen kleinen
Vorgeschmack einer Eisenbahnkatastrophe bekommen. Wir
waren schon eingestiegen, die Lokomotive ging aber noch einmal
voraus, um zu rangiren. Dabei hängten sich ein paar schwere
Güterwagen los und fuhren auf der geneigten Bahn mit soleher
Gewalt gegen die stehen gebliebenen Personenwagen, dass Alles
darin durcheinanderflog. Ein paar barmherzige Schwestern, die
in Algerien fast in jedem Bahnzug anzutreifen sind, stiessen ün-
sanft mit den Köpfen zusammen, sonst geschah zum Glück kein
Schaden und wir konnten nach kurzem Aufenthalt weiter fahren.
Die Metidschä war in der Woche seit unserer ersten Tour erheblich
grüner und üppiger geworden, sonst bot die Fahrt nur wenig Interesse,
ausser dass wir in Boufarik des Markttages wegen noch einmal
erheblichen Aufenthalt hatten und erst gegen neun Uhr m Algier
ankamen. Dort hatte, es nach der Versicherung unseres Kellners
jeden Tag tüchtig geregnet und die Temperatur war nicht über
13° R. gestiegen, was meine Ansichten über den Werth klimatischer
Kurorte entschieden bestätigte. Wir waren beide so steif
und erkältet, dass ein paar Ruhetage dringendes Bedürfniss
schienen.
Fünftes Kapitel.
Die Gorges de Palestro.
Ein paar Tage verflossen in Algier rasch unter dem Putzen
¿er mitgebrachten Ausbeute. Das Wetter blieb zweifelhaft, fast
jeder Tag brachte etwas Regen, sehr zur Freude der Bevölkerung,
ejenn im April fürchtet man nichts mehr, als einen tüchtigen
Bcirocco. Wenn der Wüstenwind über die Hochplateaus herunterstürzt,
gewinnt er am Meeresstrand eine solche intensive Hitze,
dass die Vegetation schwer darunter leidet; dauert er länger, so
kann er die .ganze Ernte gefährden, die Saaten vertrocknen, selbst
die Weintrauben am Stock z u Rosinen machen. Unter dem Namen
Favugna in Sicilien und selbst noch in Apulien, Solano in Süd