Nador gelegen. Eine Barrage, welche die Wasser des Oued
Meurad staut, die älteste in der Provinz Algier, gestattet reichliche
Bewässerung, der Umgebung und speist auch zwei Springbrunnen
auf dem grossen öffentlichen Platz. Wir fanden hier die
erwünschte Gelegenheit uns zu verproviantiren, denn in el Affroun
war nicht viel zu haben gewesen und Cherchel noch weit und
wir sollten erst nach neun Uhr ankommen. Die Orangen waren
so ausgezeichnet, wie in Blidah, aber erheblich billiger; hier brauchte
man den berühmten Namen nicht mit zu bezahlen und erhielt
drei für zwei Sous,
Nach dem Pferdewechsel ging es weiter, hinein in das Hügelland,
das den Chenoua mit dein Zaccar verbindet. Es ist noch
fast ganz in den Händen der Eingeborenen und hier, lernt man
begreifen, wie die Handvoll Hadschuten sich so lange gegen die
Franzosen halten konnte! Sumpf in den Thälern, an den Abhängen
tief eingerissene Ravins mit senkrechten Lehmwänden, erst
sichtbar, wenn man am Rande steht, zu breit zum' Ueb er springen,
zu tief, um sie ohne weiteres zu durchschreiten, dazwischen Buschwald,
jeder Eichenbusch wie gemacht, um als Hinterhalt zu
dienen, *) dabei im Sommer die tödtlichen Ausdünstungen des
nahen Halloula, das waren ihre natürlichen Bollwerke7, Og eogen
welche die Franzosen nichts ausrichten konnten. Auch heute noch
liegen nur wenig Gurbis an der Strasse, und das Land ist wie
gemacht zum Revier für wilde Thiere. Ein vorsichtiger Reisender
hätte angesichts der Schauergeschichten, die überall über Algerien
erzählt werden, wohl einmal ängstlich auslugen können, ob nicht
hinter einem Busch ein paar glühende Augen hervorleuchteten,
aber unser schweigsamer Kutscher lächelte spöttisch, als ich ihn
wegen wilder Thiere fragte und meinte, Lapins gäbe es wohl,
aber sonst nichts. Der Löwe ist aus diesen Gebieten längst verschwunden;
für denjSidi el Ouach, den Herrn der Thiere, ist
im Gebiet der Zivilisation kein Raum mehr, denn der Kolonist
*) Man braucht nur die Ruthen eines solchen über mannshohen, 12 bis
15' im Durchmesser habenden Eichenbusches auseinanderzubiegen, so hat
man das beste Versteck, das man sich denken kann; unter dem grünen Dach
erkennt auch das schärfste Auge Niemand und Hunderte von Bewaffneten
können im Hinterhalt, liegen, ohne dass eine durchmarschirende Kolonne sie
bemerkt. Den Franzosen sind solche Gegenden, öfter verhängnissvoll geworden.
lässt seine Heerden nicht mit demselben stoischen Gleichmuth von
ihm dezimiren wie der Araber, der es einmal nicht anders wusste,
als dass der Said oder S i d *) seinen Tribut von der Heerde
erhob; und der Löwe hat schnell gemerkt, dass die gezogene
Büchse des Franzosen eine andere Waffe ist als die Flinte des
Arabers, die nur trifft wenn Allah will und, wenn sie überhaupt
losgeht, für den Schützen gefährlicher ist als für sein Ziel. Ein paar
Exemplare finden sich noch in den Wäldern um Jemappes zwischen
Philippeville und Bone, auch in. der sogenannten kleinen
Kabylie soll er noch Vorkommen, dann noch um Souk Ahras an
der tünisischen Grenze, sonst gehört er für Algerien bereits der
Tradition an. Anders ist es mit dem geschmeidigen Panther, der
sich noch allenthalben,' wenn auch nicht sehr häufig, findet. Ein'es-
theils wird! er, weil er sich hauptsächlich von wilden Schweinen
und .anderem Wild nährt und nur dann und wann einmal ein
Stück Kleinvieh oder eiten Hund wegholt, weniger bemerklich
und weniger schädlich, darum auch weniger eifrig verfolgt, als
sein Vetter, dessen Unterhaltungskosten nach einer Angabe bei
Gaffarel jährlich 13—14 000 Frcs. betragen. Dann aber ist seine
Jagd viel gefährlicher, denn selbst ein tödtlich getroffener Panther
ist noch im Stande, den Schützen furchtbar zuzurichten. So ist
es selbst dem berühmten Pantherjäger Bombonnel ergangen, den
ein durch den Kopf geschossener Panther von einem Baum herabholte
und furchtbar zerfleischte. Die Franzosen schiessen ihn
darum gewöhnlich mit Explosionskugeln, was aber wieder das Fell
ruinirt; die Araber und Berber suchen ihn in seinem Versteck auf,
umwickeln sich aber so mit Tüchern, dass die Krallen nicht durchdringen
können und schiessen erst, wenn sie den Panther fast
mit dem Gewehr berühren. Ein glücklicher Schuss macht den
eingeborenen Jäger für einige Zeit zum wohlhabenden Marin, denn
neben der Prämie, welche für die Erlegung eines der grösseren
Raubthiere gezahlt wird, repräsentiren die Haut und das überall
im Algerien als Leckerbissen geschätzte Fleisch ein hübsches
Kapital. Wie selten die grossen Katzen geworden, beweist am
Besten der Werth ihrer Felle;, 3—400 Frcs. sind das Minimum,
für grosse Löwenhäute wird sogar das- Doppelte gezahlt. Jeden-
*) Von dem Löwen erhielt der spanische Cid seinen Beinamen, nicht
weil ihn die besiegten Könige als ihren Herrn begrüsst hatten, sonst würde
der Name Sidi oder abgekürzt Si lauten.