Fische servirt; es waren Maifische, welche den Ouëd Agrioun bis
zu den ersten Stromschnellen heraufgehen.*)
Am vierten Mai nach dem Frühstück ging es weiter nach
Setif. Die Strasse folgt noch eine Strecke weit dem Thale des
Ouëd Agrioun, dann steigt sie in endlosen Serpentinen zum Col
de Takitunt empor. Man kommt an ein paar gut aussehenden
Fermen vorbei, auch an einer, wo Strausse gezüchtet wurden,
dann kommen wieder Berber-Dörfer, aber die Olive ist verschwunden
und wird durch immergrüne Eichen, Eschen, Zitterpappeln
und, sehr häufig durch Weiden ersetzt. Die Strasse braucht
17 Kilometer, während man auf dem arabischen Reitweg in einer
knappen Stunde den 1300 m hohen Kamm erreicht. Hier und noch
mehr an dem etwas höher liegenden Fort T a k i t u n t hat man
eine wunderbare Aussicht auf den Babor und seine Nachbarketten.
Im Schutze des Forts hat man ein Dörfchen angelegt, aber in
trostlos steriler Umgebung. Der Boden ist ein griffeliger Thonschiefer
mit dazwischenliegenden stärkeren Bänken von Kalk- oder
Sandstein, die oft in den abenteuerlichsten Formen gebogen sind;
wo sie Mulden bilden, hat sich ein zäher quellender Thon eingelagert
und findet sich etwas Wasser. Auf ebenem oder schwachgeneigtem
Terrain ist der Boden wenigstens in feuchten Jahren
nicht ganz unfruchtbar, aber an I steilen Hängen oder wo die
Schichten senkrecht aufgerichtet sind und somit das Wasser sofort
versinken lassen, ist er so öde, wie die Wüste selbst.
. Vom Col geht es wieder ca. 300 m hinunter in ein fruchtbares,
auch noch dem Ouëd Agrioun tributäres Thal. Hier liegen
die berühmten Sauerquellen von Ta k i t u n t , das algerische Selters,
dessen Wasser durch das ganze Land versandt wird.; ich hätte
aber nach dem Lärm, der davon gemacht wird, hier ein grösseres
Etablissement erwartet. Weiter unten liegt Merdj bou Ai.c h,
ein anscheinend sehr gut gedeihendes Kolonistendorf mit ausgedehnten
Feldern und Weinbergen. Dann geht es wieder in endlosen
Serpentinen hinauf zur Höhe desMaghr iz. Mit den Gurbis
mischen sich Araberzelte, aber die Berber haben offenbar die
Oberhand, und auch um die Zeltdörfer sehen wir Bäume und
Gerstenfelder. Endlich ist die Höhe erreicht, und nun dehnt sich
*) Der Maifisch des Mittelmeers, Älosa Finta Noël, ist nach Bourjot
verschieden von unsrer Alse, Alosa vulgaris Cuv., jedenfalls weit weniger'
wohlschmeckend.
in geringer Tiefe unter uns eine schwachwellige Fläche, das Plateau
von Setif, dessen mittlere Höhe 1000 m beträgt. Die Strasse
folgt einem mit Weiden eingefassten Bach, der sich noch kaum
ein Thal gebildet hat ; es ist einer der Quellflüsse des 0 u e d bou
Sel lam, der bei Tizinialt in den Sahel mündet und in seinem
Unterlauf Gorges bilden soll, welche der Schlucht des Ouëd Agrioun
nicht nachstehen. Die flache Einsenkung, in welcher er fliesst,
bildet trotz ihrer geringen Tiefe'eine merkwürdige Grenzlinie;
zur Rechten erstrecken sich hübsche grüne Felder, auf denen
das Getreide nicht weiter vor ist, wie bei uns auch im Mai, und
liegen ein paar Kolonistendörfer, zur Linken sind kahle Schieferhänge
mit einzelnen Kalkbänken dazwischen, die man auf geraume
Strecken hin in allen Biegungen verfolgen kann, fast ohne jede
Spur von Vegetation selbst in diesem regenreichen Frühjahr. Die
Regierung hat zwar hier auch ein paar Dörfer gegründet und,
wenn ich nicht irre, Elsässer augesiedelt, aber von Gedeihen konnte
keine Rede sein; heute sind nur noch Ruinen übrig, zwischen
denen Araberhorden ihre Zelte aufgeschlagen haben.
Gegen halb fünf Uhr näherten wir uns endlich unserem Ziel,
das sich von dieser Seite, wo Kehrichtmassen und ein paar über
alle Maassen ärmliche Araberhütten vorliegen, gar nicht sehr
stattlich präsentirt. Wir fuhren über den Exercierplatz und durch
die ausgedehnte Militärstadt und gelangten durch ein anderes
Thor in die eigentliche Stadt, welche mit ihren breiten, geraden,
platanenbepflanzten Strassen genau aussieht, wie andere französische
Städte in Algerien auch. Im Hôtel de. Françe fanden wir ein
recht gutes Unterkommen, aber eine leicht erklärliche Unruhe
trieb uns, zunächst zum Bahuhof, um nach unserem Koffer zu
fragen. Er war richtig da, und leichteren Herzens kehrten wir
zur Stadt zurück.
Im Setif merkt man auf den ersten Blick, dass man wieder
im Arabergebiet ist. In Bougie sab man nur solche Eingeborene,
die wirklich in der Stadt zu thun hatten, von einem Village nègre
war keine Rede, die Kabylen wohnen draussen auf ihrem Eigenthum.
Hier standen vor jedem Thore Gruppen von schwarzen
Zelten mit festem Steinunterbau, am Thore selbst sassen arabische
Kleinhändler mit Datteln, Feigen, Brod und gebratenem Fleisch
und in allen Strassen lungerten schmutzige Araber herum, oft in
zerlumpten, europäischen Kleidern, aber noch mit dem Kopftuch