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für 300 000 Fcs. dazu erworben hat. Privatbauten sind darum
ganz unmöglich, die Miethen in den Regierungsgebäuden sehr
hoch. Ausserdem verpachtet der Bey das Monopol der verschiedenen
Gewerbe, wie Metzgerei, Bäckerei und dgl. für hohe Summen und
wenn die dort wohnenden Europäer nicht für schlechte Waare
unerschwingliche Preise zahlen wollen, müssen sie alles von Tunis
kommen lassen.
Das heutige Marsa besteht nur aus einer langen Strasse, die
sich vom Dar-el-Bey*) nach der Höhe hinaufzieht. Um zu
ihr zu gelangen, muss man den Schlosshof überschreiten, auf dem
Kanonen aufgefahren sind und zahlreiche Soldaten herumlungern.
.Die Leute sehen hier ganz ordentlich und stramm aus und die
Schild wachen bestehen darauf, dass meine Begleiter ihre kurzen
Pfeifen weglegen; sie werden aber in der Erfüllung ihrer Pflicht
durch eine zahme Gazelle gestört, welche den einen Posten attakirt,
sein Bein zwischen ihre zierlichen Hörner nimmt und ihn allen
Ernstes umzuwerfen versucht, offenbar ein oftgeübtes Spiel. Ausser
der Gazelle spielen auch noch ein paar Schaafe und Ziegen auf
dem Schlosshof herum und auch zwei Kasuare und zwei neuholländische
Strausse scheinen mit den Artilleristen auf sehr vertrautem
Fusse zu stehen. Die Häuser von Marsa sind einstöckige
Steinbauten mit nach Art der Karavanserais uin kleine Höfchen
herum gruppirten Zimmern; für ein solches Loch, ohne Fenster
und mit gestampftem Boden wurden aber Preise gefordert, die
man in den ersten Luxusbädern Europas haarsträubend genannt
hatte. Obendrein wollte män nur auf ein Jahr vermietheu und
so gaben meine Freunde ihre Villegiaturpläne schnell auf. Wir
jmmen in ein arabisches Café, das auf der Höhe über dem Meeres- Ö (o . 7
strand reizend unter Maulbeerbäumen, Bellasombras und Ulmen
liegt und den Malern ein willkommenes Studienobjekt bietet. Hier
erhielten wir seit, langer Zeit wieder zum ersten Male einen wirkseine
schöne Schwester die Augen eines der tunisischen Prinzen auf sich
zog und zu dessen Frau erhöhen wurde. Unter Ahmed Bey war R. längere
Zeit allmächtiger Premierminister und wurde mit reichem Grundbesitz, sowie
mit der sehr einträglichen Tonnara am Kap Bon beschenkt; er wurde von
Karl Albert in den Grafenstand erhoben und war der Mann in Tunis, welcher
die meisten Orden besass. Später fiel er in Ungnade, aber da er vorsichtiger
Weise sardinischer Unterthan geblieben war, behielt er sein Vermögen.
*) Haus des Bey, der gewöhnliche tuhisische Ausdruck für Residenzschloss
oder Regierungsgebäude.