J am in el Mo s t a n c e r , seinem Herrn vor, sie gegen Nord-
airika zu hetzen. Siegten sie, so wäre das Land wieder dem
Khalifen unterworfen, würden sie, wie wahrscheinlicher, todtge-
schlagen, so sei man sie los. Der heilige Krieg wurde gepredigt,
Boten riefen alle Araberstämme zu dem Raubzug, aus allen
Theilen von Hedschas erschienen Freiwillige, und wie eine Schaar
ausgehungerten Wölfe stürzten sich die Araber, nach dem'Chronisten
Ih n Chaldoun gegen
eine Viertelmillion Köpfe, Weiber
und Kinder mitge/.ählt, stark,
auf den Maghreb. Die Marma-
rika, die Cyrenaica und Tunis
erlagen dem ersten Ansturm,
seihst das feste Konstantine fiel
und wurde geplündert,' aber an
den Bergen stressen sich die
Reiter die Köpfe ein und die
Zeiritensultane konnten sich noch
an einigen Punkten halten. Aber
wieder zu vertreiben waren die
Araber auch nicht mehr. Ein
grösser Theil zog dem Südrand
des Atlas entlang, drängte die
Mozabiten und Tuareg nach
Süden zurück und bemächtigte
sich der Oasen, der Hochplateaux
und des ebenen Landes am atlantischen
Ocean. Von ihnen stammen
die reinen Beduinen, welche
heute noch in der Vorwüste no-
madisiren und im Winter dort,
im Sommer auf den Hochplateaux
weiden. Sie haben die Sitten ihrer
Stammväter rein bewahrt und
treiben keinerlei Ackerbau; ihre
Fig. 3. vornehmer Araber. Edlen*) (dj oue d, Singular djiid)
können ihren eignen Stamm-
*) Fast' alle Djoued rühmen sich von den Mehhal, den Gefährten des
Propheten und den Mitstreitern Sidi Okbas, abzustammen da sie fest tiberbaum
nicht nur, sondern auch den ihrer Pferde und Windhunde
mit sicheren Dokumenten bis über die Zeiten des Propheten zurückführen,
und sie mischen sich nur ausnahmsweise mit Berbern,
selten oder nie mit Negern.
Der andere Theil der Eindringlinge keilte sich an den zugänglichen
Stellen zwischen die Berber hinein und spielte eine
ähnliche Rolle wie die Normannen in Unteritalien. In den endlosen
Bürgerkriegen vermietheten sie ihre Dienste bald dieser,
bald jener Partei und wussten sich immer die besten Theile des
Landes als Lohn zu sichern, und so kamen sie schliesslich in den
Besitz aller fruchtbaren Ebenen und aller zugänglicheren Thäler,
in denen wir sie auch heute noch finden *). Von diesen Stämmen
haben sich nur wenige ganz reinerhalten. Die Vermischung
wurde dadurch erleichtert, dass viele Berberstämnie schon von
Anfang an die ja für die Vorwüste und die Hochplateaux einzig
mögliche nomadische Lebensweise geführt hatten und sich in ihren
Sitten nicht allzusehr von den Arabern unterschieden **)! Eine
ganze Anzahl der bedeutendsten Stämme im Teil, die sich für
reinblütige Araber halten, sind' durch solche Mischungen entstanden,
so die Ahd e nN o u r , die Ri g h a , die Hamamr a . Von
den mächtigen Ha n e n c h a an der algierisch-tunesischen Grenze,
die zu den Türken stets nur in einem Vasallenverhältniss standen,
wissen wir, dass sie aus der Verbindung der aus Tripolis verzeugt
sind, dass damals schon ganz Nordafrika arabisch geworden sei. Neben
den Schürfa, den Nachkommen der Tochter des Propheten, halten sich für
die edelsten die Dou aoud a, die zum Stamm der Kore'ischiten zu gehören
behaupten. Ihre sagenhaften Stammbäume gehen natürlich alle zurück
bis auf Ismail hen Khalil, den Sohn der Hagar und Abrahams, und Nabit,
den ältesten seiner zwölf Söhne.
*) Vielleicht kam ihnen auch die zweifellos grössere Widerstandsfähigkeit
gegen die Malaria, die dem semitischen. Stamm eigentümlich ist, zu
Gute; die an die reine Bergluft gewöhnten Berber leiden in den sumpfigen
Ebenen und Flussthälern kaum weniger, als die Europäer, und haben den
Arabern vielleicht ohne grossen Widerstand die versumpften und verwilderten
Gebiete überlassen; lassen sie sich ja doch auch heute noch von der Regierung
kaum bewegen, sich dort anzusiedeln.
**) Einige französische Forscher, besonders S a b a t i e r , auch H. Ma r t
in, neigen der Annahme zu, dass diese Nomadenstämme anderen Ursprungs
seien, als die Bergkabylen. Die Lebensweise allein kann das nicht beweisen,
denn die Sahara ist im Sommer, das Hochplateau im Winter so unw
irtlich , dass das Hin- und Herziehen unbedingt selbstverständlich erscheint.