Frömmigkeit nur die schändliche Absicht, seine Moschee im ersten
unbewachten Augenblicke schnöde zu verunreinigen, und sobald
ein Mozabite in der Moschee Anstalt macht, seine Hosen auszuziehen,
wird er unbarmherzig hinausgeschmissen. Ich habe das
natürlich nie gesehen, aber alle Maghrebiner glauben daran so
fest, wie an einen Satz des Koran, und sie erzählen sogar, die
Mozabiten machten mitunter die Wallfahrt nach Mekka in der
Hoffnung, die Kaaba verunreinigen zu können, und es würden
dort eigene Wächter unterhalten, um eine solche Freveithat zu
verhüten *).
Die Mozabiten gemessen bei den europäischen Grosshändlern
unbegrenzten Kredit. Ein betrügerischer Bankerott ist bei ihnen
völlig ausgeschlossen, denn die Dschemäa (Gemeindeversammlung)
ihrer Heimath versteht darin keinen Spass, und würde den Bankerotteur
unerbittlich mit dem Banne belegen. ' Sollte - aber ein
Mozabite, was bei diesen vorsichtigen Geschäftsleuten selten vorkommt,
einmal durch unverschuldete Umstände in Schwierigkeiten
gerathen, so stehen seine Landsleute sofort für ihn ein. Während
ich in Algerien war, wurde mir erzählt, dass ein bedeutendes Mo-
zabitenhaus durch das Ausbleiben einer Sudankaravane ernstlich
in Verlegenheit kam und die Juden, die ihren Konkurrenten gegenüber
auch fest zusammenstehen, alles thaten um es zum Bankerott
zu zwingen; aber obschon es sich um sehr hohe Summen handelte,
traten andere Mozabiten sofort vor den Riss und hielten
das Haus, bis die ausgebliebene Karavane eintraf.
Nur wenige Mozabiten lassen sich übrigens dauernd im Teil
nieder, wie z. B. ihr jetziger Amin in Algier, der für den reichsten
Mann dort gilt. Er ist so weit Freigeist, dass er sich und
seinen aus fünf Frauen bestehenden Harem hat photographiren
lassen und sogar den Verkauf dieser Photographien an die Fremden
duldet. Seine Landsleute kehren fast ausnahmslos, sobald sie
sich Geld genug'verdient haben, in ihre glühende Heimath zurück
und überlassen ihr Geschäft einem jüngeren Verwandten,
*) Dasselbe sagt man in Tunis den D j e r ä b i s ; den Bewohnern der
Insel Djerba, ebenfalls reinblütigen Berbern, nach. Ebenso wirft man beiden
Stämmen vor, dass sie Hunde essen, dass sie bei ihren Festen sich im Dunklen
den grössten Ausschweifungen ergeben u. dgl. mehr. Sie sind auch in
sonstigen Beziehungen nahe verwandt und ich zweifle kaum daran, dass.
Djerabis und Mozabiten Zweige eines Stammes sind.
den sie sich angelernt haben. Früher durfte im Interesse der
Wehrhaftigkeit sogar kein Mozabite die Heimath verlassen, ehe
er nicht verheirathet war und ein Kind zurückliess oder wenigstens
nachweisen konnte, dass ein solches bald zu erwarten sei.
Die Frauen verlassen ihre Oasen nur ganz ausnahmsweise. . I n '
ihren Händen ist die Industrie und namentlich die Weberei, deren
Produkte einen Hauptexportartikel nach dem Sudan bilden *).
Wie die Bewohner von Biskra, so wandern auch die La g -
houa t i s , die Eingeborenen von Laghouat, in Menge nach dem
Teil aus. Wir sind ihnen als gewandten Händlern schon in dem
von ihnen gegründeten Bo u k h r a r i begegnet, in Algier können
sie als Händler nicht gegen den Beni Mzab aufkommen, aber seif
alten Zeiten ist der Oelhandel in ihren Händen und man erkennt
sie sofort an ihrem fettigen Gewand.
Die Hauptmenge der Berranis bilden die Ka b y l e n , mit
welchem Namen man in Algerien ausschliesslich die Bewohner
des Dschurdschura bezeichnet. Wir werden von diesem Kernvolk
Algeriens später noch mehr zu sprechen haben. In Algier dienen
sie als Taglöhner für alle möglichen Zwecke der Frankfurter
würde sagen als Fulder — als Feld- und Gartenarbeiter, als
Handlanger, aber auch als Handwerksgesellen, sie sind zu jeder
Arbeit willig, nähren sich von Gerstenmehl und Oel, noch lieber
von geschenkten Speisen, wobei sie sich nicht im Entferntesten
■ um die Vorschriften des Koran kümmern und europäische Speisen
ohne jede Gewissensbisse geniessen, und haben nur den einen Gedanken,
rasch etwas zu verdienen, um sich daheim Grundeigenthum
zu erwerben, oder, wenn sie solches schon besitzen, ihren
Familien einen Nebenverdienst zu verschaffen. Sobald sie können,
kehren sie in ihr geliebtes Gebirge zurück. Die Angegehörigen
einzelner Stämme ziehen auch, ihr ganzes Waarenmagazin auf
dem Rücken schleppend, als Hausirer von Douar zu Douar und
tauschen ein, was sich irgend transportiren und verwerthen lässt.
Sie haben sogar das moderne System der Abschlagszahlungen
*) Nack einer arabischen Sage, die Daumas (Moeurs et coutumes de
l’Algerie p. 165) mittheilt, erhielten die Mozabiten das Recht, unter einem
gewählten Amin nach ihren eigenen Gebräuchen zu leben, zum Lohn dafür,
dass sie, als Karl Y. Algier bedrängte, die gefährliche Batterie, deren Stelle
später das Bordj Mouley Hassan einnahm, durch einen verwegenen Ueberfall
den- Spaniern entrissen.