strömt, und nun wendet sich die Strasse in scharfem Winkel
landein und folgt dem steilen linken Gehänge des Thaies. Prachtvolle
Korkeichen bedecken den ganzen Hang,. * an dem überall
Bäche und Quellen rieseln, und auch' die gegenüberliegende
Thalseite ist dicht bewaldet. Die Thalsohle ist eine wüste Anhäufung
von Kieseln, zwischen denen der wilde Bergstrom sich
seinen Weg sucht, wie er eben mag, aber in den kleinen Seiten -
thälern liegen hier und da schon Kolonistenhäuser, von Orangen-
pflanzungen und Weinbergen umgeben. Gegenüber, höher oben
am Hang, sahen wir überall weisse Kabylendörfer, in Olivenwäldern
versteckt, und über sie hinweg ragten himmelhohe schroffe
Kalkfelsen, zwischen denen die Schneehäupter des Ba b o r ernst
hindurchschauten. Hier beginnt eins der wichtigsten Waldgebiete
Algeriens, durch seine Abgelegenheit geschützt und bis jetzt noch
kaum von Naturforschern betreten. Es scheint manches Eigen-
thümliche zu bieten. So wächst z. B.^am Babor ganz ausschliesslich
eine Varietät der sonst nur auf Südspanien beschränkten
Äbies pinsapo, und auch die Thierwelt scheint manches Besondere
zu haben. Was ich später über die landwirthschaftliche Schönheit
dieser sogenanntenkleinenK abyl i e , namentlich der Umgebung
von Djidjeli, hörte, liess mich schmerzlich bedauern, dass meine Zeit
mir nicht vergönnt hat, den Abstecher von Bougie dahin zu machen.
Freilich müsste man entweder den Dampfer benützen , oder auf
Saumpfaden die Küste entlang reiten; nur von Konstantine
aus führt über Mila eine fahrbare Strasse durch die Kabylie,
aber eine Diligence ist auch auf ihr noch nicht eingerichtet.
Die Berge treten näher zusammen und die Strasse läuft bald
hoch 'oben am Hang hin, bald senkt sie sich zum Fluss hinab; in den
Ecken, wo Quellen herabrieseln, wuchert ein reizendes, diesem
Gebiet eigenthümliches Farnkraut (Pteris longifolia). Um ein einsames
Forsthaus ist eine reiche Auswahl exotischer Hölzer än-
gepflanzt und eine Allee von Kasuarinen, Mimosen und Eukalypten
beschattet für eine längere Zeit die Strasse, Dann verwandelt sich
das Thal in einen Kessel, ringsum von hohen^ Steilhängen umgeben,
und vergeblich schaut man sich nach einem Ausweg für
die Strasse um. Der Fluss theilfc sich; wir überschreiten den
linken Arm und halten in einem kleinen Dörfchen, das ganz neu
sein muss, denn ich finde es noch auf keiner Karte verzeichnet;
die Araber nennen die Stelle Bordj e lK a i ’d Ha s s e n . Wir
sind hier nur 400 m hoch, aber die Ziegeldächer der Häuser, sind
J S Steinen beschwert, wie im Schweizer Hochgebirge
zelne umgeknickte Eukalypten an der Strasse zeigen uns warum
es müssfn mitunter furchtbare Stürme von d e n umhegenden
Bergnesen h e ^ ^ g gjng es weiter, dem Strom entlang und
nun sehen wir vor uns einen engen . Spalt
welchem Fluss und Strasse verschwinden. Wir sin d jm Em g j
von Chäbet el- Akra und steigen aus, B H m É Ü zu Fuss
Kilometer nach Kerata, das am Ausgange dèr Schlucht liegt zu Fa»
zurückzulegen, während der Kondukteur übernimmt unser Gepäck
% f f f f ahzugeben und uns dort QuarUer zubestellem I An dem mächtigen Felsenpfeiler rechts vom Eingang ist die
lakonische Inschrift eingemeisselt: Pon t s e t ^ h a u s s é e s . Set f-
Chäbet el Akhi ra. Tr a v a u x executes de 1864 a,187 •
Bis 1864 hat kein Menschenfuss, vielleicht einige uc g
bylen ausgenommen, die Schlucht des Ouëd Ag r io u n betreten,
für die Araber war die »Schlucht des Todes« em abergläubisch
gefürchteter Aufenthalt böser Dschin (Geister). Die einzige
bindung zwischen Setif und Bougie fand d a m a l s a u f einem weiten
Umweg durch das obere Thal des Ouëd bou S el lamstat t , d ,e
sogenannte Strasse par les Caravanserais; sie mundete bei la
Reunion ins Sahelthal und wird in Folge der Gründung einiger
Kolonistendörfer in den Vorbergen der kleinen Kabylie vielleicht
wieder in Aufnahme kommen, wenn man .nicht vorzieht, e
Eisenbahn zu bauen, welche freüich beim Uebergang aus dem
Thal des Bou S e l l am in das des Oued Amassine einen g
waltigen Tunnel erfordern würde. Die Strasse bietet aber solche
Schwierigkeiten und eine solche Abwechslung von Berg und Thal,
dass unbedingt eine bessere Verbindung geschafft werden musste,
und so warf man die Augen auf Chäbet el- Akra Einige Offiziere
geleitet von 'einem Trupp aus der Gegend stammender
Turkos, versuchten im April 1864 die Passage und gelangten nach
dreitägigem angestrengtem Klettern glücklich zum
grosse Inschrift auf einem weiss angestrichenen Stein der Strasse
gegenüber mitten in der Schlucht verewigt dieses kühne UnterÖ
Ö
nehmen, ^ nieure ' J tg , j J sechsjähriger Arbeit rollten
die ersten Wagen von Setif nach Bougie über die neue Strasse.