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cannatina, auch Erigeron canadense (jedoch nur 1—2
Fufs hoch), Rumex obtusifolius, besonders haufig und
schon Dianthus deltoides, auf den benachbarten Feldern
Trifolium arvense mit 1^" langen Kopfchen, Trifolium
procumbens, Anthemis Cotula und Carduus arvensis und
dergl. Auch einige Horste Kiefern sind hier schon zu
sehen, die bis l£ ' lange Tricbe und ein sehr gesundes
Ansehen haben.
Im Ganzen wiirde sich also das hiesige Urgebirge
hinsichtlich seines Verhaltens als Grund und Boden fiir
den Pflanzenwuchs eher mit dem Schlesischen, als mit
dem Harzer vergleichen lassen.
Wahrend ich so yon dem Urgebirge weniger fand,
als ich erwartet hatte, uberraschte mich wieder das
Sandsteingebirge in seinen Leistungen. Es schwebte mir
der iiberall ausgesprochene oder auch wohl meist nur
nachgesprochene Satz vor, der selbst in den Monogra-
phieen des Spessarts verfochten ist: der bunte Sandstein
begiinstige vorziiglich die Eiche, und dulde allenfalls
noch die, cigentlich dem Kalk- und Basaltboden ange-
horige Buche. Ich mochte fast sagen, es sey umgekehrt,
jetzt wenigstens, denn iiberall pradominirt die Buche,
und die Eiche ist nur da kraftig, wo sie mit jener ver-
mischt yorkommt. Ob es friiher, als noch die liebe Na-
tur allein wirthschaftete, anders gewesen sey, wissen
wir nicht, diirfen es auch nicht _ a+n nchmen,7 wenigOstens
haben die Eichen da, wo sie rein eiwachsen zu seyn
sclieinen, kein sonderliches Ansehen im Vergleich zu de-
nen, die man jetzt mit Buchen gemischt erzieht. Es
lafst sich auch aus einem anderen Grunde nicht anneh-
men, die Eiche habe ehedem pradominirt. Es halt namlich
aufserovdentlich schwer, iiberall die Eiche gleich-
mafsig zu erhalten, da sie so leicht von der Buche tiber-
wachsen und unterdriickt wird, Daher kommt es denn
wohl, dafs man den Spessarter Forstmannern den Vor-
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wurf gemacht hat, sie verdrangten die Eiche ganz. Man
hore und sehe hier aber, und man wird anders urthei-
len; denn den Yorwurf kann man den hiesigen, unter
Buchen und Eichen grofs gewordcnen Forstmannern nicht
machen, sie verstanden die Behandlung derselben nicht.
Ich erinnere mich noch mit Vergniigen der interessan-
ten Mittheilungen, welche mir der Revierforster R o 11 -
ger mit grofser Lebendigkeit an mehreren Stellen in
den Schlagen machte. Zuerst fiihrte er mich auf einen
jungen Schlag (lOjahrig) in der Abtheilung Zweigrund
und zeigte mir einen vortreffiich gemischten Ort. So-
bald die Buchen hier die Eichen iiberwachsen hatten,
waren sie (mit scharfen gekriimmten Messern) iiber der
Erde abgeschnitlen worden. Hier und da, wo sie die
Eichen von Neuem iiberholt hatten, wurden sie von
Neuem weggeschnitten, und jetzt haben die Eichen iiber-
all einen solchen Vorsprung, dafs ihre Unterdriickung
nicht mehr zu befiirchten ist. Hier mufs ich noch eines
Umstandes erwahnen, der das erschwerte Aufkom-
men der Eiche noch erklarlicher macht. Die Pflanzen
werden namlich, wie ich es nirgends anders in dem
Mafse gesehen habe, von dem Wildpret verbissen, das
hier zwar in grofsen Forstabtheilungen eingezaunt wird,
aber doch sehr leicht iiberfallt.
Auf diese Art wird denn durch die bewundernswiir-
dige Ausdauer und Beharrlichkeit des Forstmannes der
schone Baum in den jiingeren Schlagen erhalten, der als
Nutzholz so unentbehrlich ist. In den alteren, friiher
in dieser Hinsicht vernachlassigten Schlagen wird es
aber viel schwerer, die hier und da unter dem krafti-
gen Buchen-Aufschlage oder in den Gerten, wie man
sie hier schon nennt *), versteckten Eichen in die Hohe
*) Bis zum 6ten Jahre sagt man hier im Spessart Pf lanzen,
bis zum 15ten und 20sten Gerten, bis zum 25sten
Re id e l, bis zum SOsten Stangen, noch altere, selbst bis 1