
Unsern Riickweg traten wir nach der entgegenge-
setzten Seite des Kegels hin an. Erst nachdem wir
diesen zuriickgelegt hatten, bildete sich eine ziemlich
vollstandige Vorstellung des Ganzen. Sie wiirde noch
mehr gewinnen, wenn man die Sudwestseite des Kegels
besser untersuchen konnte. Diese stiirzt aber so steil
in den Aupa-Grund ab, und ist so felsig zerrissen, dafs
man nicht ohne Lebensgefahr einen Standpunkt an derselben
wahlen kann. Ein Blick auf diese iiberaus rie-
sige Wand aus der Nahe wurde ungemein lohnend seyn.
Von der Kesselkoppe oder dem Brunnenberge soli ein
solcher wirklich erlangt werden konnen. Wir mufsten
uns damit begnugen, einige Male in verschiedener Hohe
um eine Fclsenecke herum zu sehen; denn der Sturm
machte das Aufsuchen eines freien Platzchens heute sehr
gefahrlich. Und den Weg, welcher in den Aupa-Grund
hinunter fiihrt, aufzusuchen, war nicht mehr Zeit.
Von alien iibrigen Seiten entbehrt die Koppe der
Klippenbildung; sie ist hier ziemlich abgerundet, und
nur die ungeheure Seite, welche m den Melzergrund
abfallt, ist mehr abgeplattet. Auf diesen nicht zerrisse-
nen Flachen ist sie mit unzahtigen Gneufsstiicken be-
Epilobium angmtifolium, Vicia Cracca, Rub us Idaeus, Li-
nutn catharticum, Carlina acaulis, Prunella vulgaris, Stella-
ria Holostea und graminea, Pyrola secunda, Ranunculus aco-
nitifolius, Veronica officinalis und chamaedryfolia, Hieracium
Pilosella, Antlioxanthum odoratum, Ranunculus repens, Fe-
stuca duriuscula, Carex atrata und ovalis, Solidago Virgau-
rea, Cucubalm Rehen, Digitalis lutea, Thymus Serpyllum,
Aira flexuosa, Lycopodium Selago und alpinum, Geum mon-
tanum, Erica vulgaris. Nach Einigen wachst hier auch Campanula
pusilla. Es wiederholt sich hier also die so oft im
Riesengebirge zu sammelnde Erfahrung, dafs sich die Pflanzen
der verschiedensten Regionen auf einen Punkt zusammen-
drangen (s. spHter an den Teichen, Schneegruben u. s. A).
deckt, welche bald nur die Grofse einer Faust oder ei-
ner Schussel haben, bald ansehnlicher sind, jedoch selten
den Umfang yon einigen Cubikfufsen iibersteigen.
Dieselbe Erscheinung wiederholt sich aber an mehreren
hervorragenden Punkten des Kammes, so.z. B. an den
Schneegruben und den Teichrandern. Mit der Einen
Seite schliefsen sie ein Kesselthal ein und sind hier
klippig und zackig, ihre andern Seiten aber sind gerun-
det und mit Gesteinsschutt bedeckt. Der Vulkanische
Ursprung dieser Berge wird dadurch nur noch wahr-
scheinlicher. Bei den Teichrandern kommen wir darauf
zuriick.
Bei dem Ansteigen auf die Koppe hatte uns das
Knieholz bis etwa 500 Fufs unter der Spitze begleitet,
beim Absteigen aber trafen wir es viel weiter unten.
Man sieht also, dafs auch diese abgehartete Pflanze nicht
so ganz gleichgiiltig gegen Wind und Wetter ist, und
auf der Westseite den Elementen mehr als auf der Ost-
seite wich. Die obersten Slraucher stehen zwischen
nackten Trummern, und man bemerkt oft nur in der
Tiefe des Gesteins etwas Boden.
Am Fufse der Koppe wendeten wir uns rechts und
stiegen iiber den steilen Abhang der ostlichen Seifen-
berglehne in den Melzergrund hinab. Der Weg, wenn
er auch sehr beschwerlich ist, lafst doch kaum eine Ge-
fahr befurchten und ist in vieler Hinsicbt lohnend. Er-
stens hat man bis unten hin eine ausgezeichnete Flora.
Alsdann iibersieht man die riesige Schneelehne mit der
Seite der Koppe, welche nach der Aupa-Seite die grofste
ist, mit Einem Blicke. Als Merkwiirdigkeit mufs ich
hier nur anfiibren, dafs sie, trotz der Hohe von minde-
stens 2000 Fufs und des rollenden Gesteines, von dem
Herrn Grafen bestiegen wurde. Die Grofsartigkeit des
Grundes, welchen man passender Schlucht nennen konnte,
so wie die mannigfaltigen Naturschonheiten desselben