
Wir gingen nun mehrere Stunden durch Berge, de-
ren Masse als Porphyr angesprochen werden mufste.
Das Hauptgebirge des Harzes, das Thonschiefer - Grau-
wackengebirge, blieb uns nordlich. Die meisten Berge
reihen sich in Form yon Kuppen und kleinen gewolb-
ten Kammen aneinander. Die Neigungswinkel der
Hange steigen oft bis 30° und daruber, und docli
wird der Holzwucbs nicht gestort. Diesseits Ilfeld be-
merkten wir selten nacktes Gestein, so wie man aber
in die Gegend yon Ilfeld kommt, andern die zahlreichen
und tiefen Thal-Einschnitte den Charakter des Gebirges.
Schrolfe Bergwande treten plotzlich heryor, und Klip-
pen ragen iiber die Wande hinaus und geben der Pban-
tasie des Beschauers weiten Spielraum. Die verscbie-
denen Namen defselben, wie , ,Ganseschnabel , Na-
delobr, Felsentbor , Monch, Schwan 44 und dergl.,
deuten schon hinreichend an, welche malerischen Grup-
pen man hier erwarten darf. Sie gelioren gewifs zu
den schonsten, die wir in Deutschland haben, und las-
sen sich, genau genommen, weder mit den pittoresken,
Wollsacken ahnlichen Formen der Granitfelsen anderer
Gegenden, noch mit den Quadersandsteinbildungen ver-
gleichen.
Den Grund des so verschiedenen Aussehens dieser
Steinmassen, gleichsam versteinerter Bilder, und der urn-
gebenden abgerundeten Kuppen und Kegel kann man in
verschiedenen Umstanden suchen: zunachst andern die Ge-
mengtheile und die Structur-Verhaltnisse vielfach ab, und
demgemafs kann man auch verscliiedene chemische Zusam-
mensetzung erwarten. Alsdann hat auch wahrscheinlich
die Art der Bildung und das Hervordringen dieser Massen
aus der Tiefe einigen Einflufs auf ihre Physiognomie.
Vielleiclit sind diese klippigen Gegenden ruhiger hervor-
getreten als ihre Nachbarn, welche auf der ganzen Ober-
flache abgerieben und iiber und iiber mit Schutt bedeckt
wurden. *) Auch liegt ein Grund in der Zerkliiftung
des Gesteins (Wasserschlachten der Bergleute), welche
dem Wasser keine dauernden Beruhrungspunkte gestat-
tete. Felsmassen, welche nicht so viele grofse Risse und
Spalten haben, pflegen an unzaliligen, einzelnen Punkten
durch Zusammenziehung in netzformig verzweigte kleine,
oft mikroskopische Risse zersprungen zu seyn, und diese
verwittern am meisten.
Die Vegetation auf diesen Porphyrbergen ist noch
ausgezeichneter, als auf den Mandelsteiuen; das Holz ei-
scheint langschaftiger, frischer, und da, wo guteWirth-
schaft ersichtlich ist, wirklich ausgezeichnet. Meist
sind es Buchen und Eichen, hier und da auch schone
Birken und Erlen 5 ferner die schonsten Weifsahorne
(Acer Pseudoplatanus)i die ich im Harze sah (gewifs
Stamme von 2 Klaftern Holz und mehr), und die ich
iiberhaupt gcsehen habe. Kein Baum macht sich an den
malerischen Klippen so schon, als dieser Ahorn. Gerade
dafs er keinen ganz lothrechten Stamm, sehr weit aus-
gebreitete, Inn und her gebogene Aeste, und schone grofse
Blatter hat, das pafst so hiibsch zu dem wilden unge-
zwungenen Charakter der Felsen. Das Aussehen des
Bodens hat oft mit dem des benachbarten Rothliegenden
grofse Aehnlichkeit. Die rothe Farbe ist fast uberall
vorherrschend. Im Uutergrunde ist dieselbe dunkler, im
Obergrunde, wenn nicht zu viel Humus beigemengt ist,
heller und riither, wahrscheinlich in Folge der hoheren
Oxydation des Eisenoxyduls, welches in Menge im In-
*) Auch auf meinen spatern Reisen habe ich ahnliche Er-
sbheinuugen wiedergesehen, und es mogen die denselben zum
Grunde liegenden Ursachen sehr allgemein seyn. Ich be-
merke daher schon hier, dafs ich am Rhein, in Westphalen,
im Schlesischen Riesengebirge u. s. w. in den yerschieden-
sten Gesteinsarten wieder darauf zuriickkomme.