
In der Flor der Schlagc und zwischen dem Gestrauch
an den Oderufern fiel mir besonders der mehr als manns-
hohe Senecio sarraccnicus mit seinen dicken Stengeln
und den zahlreichen Doldentrauben goldgelber Blumen
auf. Sonst habe ich keine herrschendc Pflanze bemerkt,
die nicht auch in den schonen Eibforsten bei Lodderitz
und Barby ware. Die Aehnlichkeit zwischen diesen beiden,
doch so w-eit von einander entfernten Stromgebie-
ten ist hoclist auffallend. Dieselben Mittelwalder, die-
selben Wiesen, ' dcrselbe iippige Wuchs! Sollte ich einen
Unterscliied herausfinden, so wiirde er nur darin
bestehen, dafs an der Oder der Boden fester und leh-
miger, an der Elbe aber etwas lockerer, schwarzer
ist, und daher dem eigentliclien Marschboden mehr ah-
nelt. Daher denn auch der Wuchs der Holzer in Lodderitz
langer, an der Oder mehr in die Breite ge-
hend, gedrangter. Das Unterholz bildet hier wahre
Dickungen, die oft ganz undurchdringlich sind. So
lange Stangen und so starke Schiisse aber, wie sie
im Rosenauer Reviere an der Elbe vorkommen — in
Einem Sommer offers an Weiden iiber 12 Fufs — habe
ich hier nicht gesehen. Die Wiesen sind entschie-
den uppiger und gewahren, wie ich oben erwahnte, einen
noch lieblichern Anblick wegen der Mannigfaltig-
keit der Blumenfarben.
Das Zedlitzer Revier enthalt 15,231 Morgen, von denen
nur 1533$ Morgen Nadelholz sind. Es besteht also
fast rein aus Laubholz, und unterscheidet sich dadurch
eben, so wie durch den vorziiglich iippigen Wuchs der
Mittelwalder von alien Nieder- und Oberschlesischen
Forstrevieren.
Die drei ersten Blocke (I. mit den Distrikten Zed-
litz, YV alke, Kottwitz und Strachate, II. mit Daupe und
Rudau, und III. mit Hochwald) liegen nahe der Oder,
uud haben alle etwas Nadelholz, Bl. I. und II. nur Kiefern,
Bl. III. aber auch Weifstanne und Fichte. Block
III. mit dem Distrikt Strehlen ist, zur nicht geringen
Unbequemlichkeit des Yerwalters, iiber 5 Meilen von
Zedlitz entfernt, und hat einen ganz andern Charakter;
denn der Wald, fast ganz aus Laubholz bestehend, nimmt
schon betrachtliche Hohenzuge ein. Den Kiefern sind
hier einige Lerchen beigemischt.
Da ich mich noch langere Zeit in den Oderwaldern
aufhalte, und auf manches bis jetzt noch nicht Erwahnte
zuriickkomme, so verlasse ich meinen freundlichen Wirth,
um mich zu einem eben so gefalligen, dem Herrn Ober-
forstcr Kruger in Peisterwitz, zu begeben. Ich fand
hier den ersten alten Bekannten unter den Forstmannern,
die ich lange nicht gesehen hatte. Im Verfolge dieser
Reise habe ich unerwartet oft dieselbe Freude gehabt.
Herr Kruger war bis zum Jahre 1837 Oberforster des
Lieper Reviers, und wohnte in Oderberg bei Neustadt.
Zwei Bruder, welche in Schlesien lebten, leider aber
bald nach seiner Ankunft slarben, waren Ursache ge-
wesen, dafs er diese Versetzung wiinschte. Ich wiirde
es ihm nicht verdenken, wenn er es jetzt bereute; denn
er befindet sich hier in einem Winkel von Schlesien,
der mit Recht hinsichtlich der Bewohner verrufen ist.
In dem ganzen Kreise und den meisten benachbarten
sind die Falle von Yerbrechen, welche hier durch die dem
Trunke ergebenen Menschen veriibt werden, ohne Bei-
spiel. Es ist schwer zu ermitteln, welches der Grund
dieser, fast mochte man sagen localen, Yerderbtheit sey.
An geistlichem Zuspruche fehlt es den Leuten nicht;
wenn auch in Peisterwitz kein Prediger wohnt, so kommt
ein solcher doch alle 14 Tage einmal von dem nicht
weit entfernten Minken hierher. Auffallend ist es dabei,
dafs unter diesen Trunkenbolden eine Sekte von Se-
paratisten allmalig entstanden ist. Sie haben ihre be-
sonderen religiosen Zusammenkunfte, trinken keinen